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Royal Nightmare - Ein königlicher Albtraum

Jana Grau wußte, wie man die Welt retten konnte. Was sie vor allem vermißte, war eine Monarchie. Ihre Welt zwischen Hausaufgaben, Ballettunterricht und Zimmer-Aufräumen fand sie trist, eintönig und glanzlos. Ein Königshaus hätte alles geändert. Sie hätte einen Prinzen anschwärmen können und sich dem Traum von einem märchenhaften Leben in einem prunkvollen Palast hingeben können. Sie hätte zu einer Königsfamilie aufblicken können und stolz sein können auf deren Glanz, der zugleich der Glanz ihres eigenen Landes war. Ohne Monarchie blieb ihr der Weg in diese Märchenwelt versperrt. Bis eines Tages ...






... die Sonne in einem anderen Jahrhundert aufging. Jana erwachte in einem brokatverzierten Himmelbett. Die Kleider wurden ihr gereicht. Man ging nicht, man schritt. Im Studierzimmer hielt Jana sich besonders gerne auf. Schon bald hatte sie die Biografien früherer Herrscher gelesen und kannte deren Methoden, ihre Macht zu sichern und zu vergrößern. Kompromiß- und gnadenlose Herrscher bewunderte Jana vor allem, weil sie auf Gefühle keine Rücksicht nahmen, weder auf die eigenen noch auf die anderer Menschen. Diese Herrscher waren es, deren Macht am größten und am gefestigsten war. Ihnen wollte Jana nacheifern.
Unerwartet starb der alte König, als Jana dreizehn Jahre alt war. Dank ihrer adeligen Herkunft brauchte Jana nicht viel zu tun, um Königin zu werden - zumal es einigen Persönlichkeiten recht genehm schien, die sehr junge Jana auf dem Thron zu sehen. Die Krone wurde ihr aufgesetzt, der Krönungsmantel umgehängt, die Glocken läuteten.
Jana sah sich am Ziel ihrer Wünsche - fast. Denn Jana wollte nicht nur an der Macht bleiben, sondern ihre Macht erweitern. Sie tat, was sie konnte, um ihren Vorbildern zu gleichen. Sie betrachtete es als Gnade, ihre Gegner hinrichten zu lassen, denn nach ihrem Tod erhielten sie durch das Fegefeuer die Möglichkeit der Läuterung. Als das Volk sich erhob und Jana selbst hingerichtet werden sollte, beschloß sie, es auch in dieser Angelegenheit ihren Vorbildern gleichzutun und sich keine Gefühlsregung anmerken zu lassen. Im Kerker hörte sie Trommelwirbel und einen furchtbaren Lärm, der von überallher zu kommen schien. Wie sich herausstellte, kam der Lärm von Janas Wecker.






Jana blickte auf ihr Smartphone und erinnerte sich daran, daß sie eine Runde in dem Spiel "Kampf um die Krone" verloren hatte. Sie blieb zuversichtlich:
"Nicht so schlimm - ich habe ja noch zwei Leben."
Emsig spielte sie weiter. Und niemand durfte sie dabei stören, sonst wurde sie ungemütlich. Immerhin ging es um hohe Politik.



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