Netvel: "Im Netz" - 29. Kapitel































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Rafa will sich bereits zu Weihnachten wieder in seinem Chatroom einfinden. Er vermerkte auf seiner Homepage:

Nächster Direktkontakt mit dem Funkhaus: So. 24.12.2002 ab 22:33 Uhr

Die Uhrzeit könnte er gewählt haben, weil sie zweimal die von ihm mystifizierte Zahl "23" enthält.
Die Datumsangabe ist widersprüchlich, denn der 24.12.2002 ist ein Dienstag und kein Sonntag. Ich wies in Rafas Forum darauf hin. Einige Tage später korrigierte er den Zeitpunkt seines nächsten Chats auf "Di. 24.12.2002".
Rafa berichtete auf seiner Homepage über eine Sonderausgabe zu dem Stück "Die Moorsoldaten", die aus einem Booklet und einer CD besteht und herausgegeben wird vom Informationszentrum Emslandlager. Auf der CD befindet sich auch Rafas eigene Version der "Moorsoldaten". Die E-Mail-Adresse, über die man die Sonderausgabe bestellen kann, gab Rafa verkehrt an. Ich fand heraus, wie die Adresse richtig heißt, und nannte sie in Rafas Gästebuch. Er korrigierte sie daraufhin.
Daß Rafa Kritik anerkennt und Fehler berichtigt, ist für mich ungewohnt. Im Gespräch mit ihm erreiche ich bei ihm zwar Offenheit für Kritik, doch Gespräche mit mir vermeidet er, und in den Äußerungen, die er sonst macht, wirkt er wenig zugänglich für Kritik.
Im "Zone" erinnerten Terry und ich uns an vergangene Zeiten. Als Terry noch im Studentenwohnheim lebte, hatte sie eine Mitbewohnerin auf der Etage, die Giselle hieß. Giselle litt an Schizophrenie, schien sich ihrer Erkrankung aber nicht bewußt zu sein. Einmal kochte Giselle Hühnerknochen aus, reinigte sie und hängte sie als Mobile vor ihre Tür, angeblich um böse Geister abzuwehren. Einmal fehlte in der Gemeinschaftsküche der große Kochtopf. Alsbald stellte man fest, daß Giselle sich den Topf geholt hatte und ihre Füße darin badete. Giselle soll mehrfach in der Psychiatrie behandelt worden sein, aber ihre Medikamente immer wieder abgesetzt haben.
Rafa hat in seinem Forum vermerkt:

KONZERT 14.12.2002 FÄLLT AUS!!!
Sehr verehrte Damen und Herren,
der W.E-Auftritt in SHG. im Rahmen der "Stones meet Beatles"-Party (was immer das sein mag?) fällt definitiv aus!
Unser aller Dank gilt dem kompetenten Veranstalter-Team und den dort spielenden Bands, u.a. den "SILVER BEATLES".
Manchmal ist es vielleicht nicht so gut, NICHT mit uns zu kooperieren ...
w.e / Funkhaus

Ob die Drohgebärde am Schluß lediglich Ausdruck des Gekränktseins ist oder ob Rafa sich vorgenommen hat, gegen seine kleinstädtischen "Nachbarn" etwas im Schilde zu führen, bleibt offen.
Auf der Titelseite seiner Homepage werden die Fans von Rafa ebenfalls gewarnt. Der blaue Schriftzug ist ersetzt durch einen anderen:

Konzert am 14.12.2002 in SHG. findet nicht statt!!! Wir danken dem kompetenten Veranstalter!

Ähnlich verletzt zeigt sich Rafa in seiner Terminliste:

14.12.2002 in SHG. - FÄLLT AUS!!!
Haben wir schon gesagt, daß "Silver Beatles" unsere Lieblingsband ist?!

Wahrscheinlich trifft ihn die Absage besonders, weil es um einen Auftritt in seiner Heimatstadt ging.
Rafa hat dieses Jahr im Advent eine C64-Grafik der Titelseite seiner Homepage vorangestellt.
"W.E wünscht Ihnen gesegnete Feiertage und ein erfolgreiches neues Jahr!" ist dort zu lesen.
Auf schwarzem Grund sieht man eine rote Kerze brennen, umringt von Mistelzweigen. "Kerze von Commodore" ist dazu angemerkt.
So nett ich diese Grafik finde, mich bringt sie nicht in Weihnachtsstimmung. Für mich gibt es keine Weihnachtsstimmung mehr, seit ich Rafa kenne und nie Weihnachten mit ihm gemeinsam feiern kann. Für mich ist nicht Weihnachten, sondern "Keinachten". Die weihnachtlichen Rituale werden von mir entsprechend gestaltet. Mitte Dezember gab es bei mir ein Adventskränzchen. Jede der Damen brachte Kekse mit. Ich hatte wieder Mürbekekse gebacken, die Katastrophen gewidmet sind, dieses Mal mit noch mehr Varianten. Es gab außer den ICE-Keksen ("Escheder Plätzchen"), den Hochhauskeksen ("World Trade Cookies"), den Grabkreuzen und den Tunnelbränden auch Waldbrandkekse ("Ruß von Portugal"), Flutkatastrophen-Kekse ("Elbwellen"), Ölpestkekse ("Schwarze Küste") und Selbstmordattentäterkekse ("Palästina-Leckerli"). Für den Waldbrand werden Kekse in der Form kahler Bäume mit Zuckerguß bestrichen und mit Kakao bestäubt. Die Flutkatastrophen-Kekse und die Ölpestkekse haben Wellenform und erhalten ebenfalls Zuckerguß. Bei den Ölpestkeksen kommt auf den Zuckerguß auch Kakaostaub. Die Selbstmordattentäterkekse haben die Form eines Männchens und bekommen einen Sprengstoffgürtel aus gestiftelten Mandeln in den Zuckerguß gesetzt.
Shara mailte:

Ich hatte und habe kein Weihnachten ;-)

Donar erzählte in einer E-Mail vom Verfassungsschutz und von den Geschäften, die Ivo Fechtner macht und bei denen es nicht mit rechten Dingen zugehen soll, jedoch mit viel rechtem Gedankengut. Er habe Ivo Fechtner nicht selbst die Accounts bei Ebay geschlossen, sondern er habe Ebay gemeldet, daß dieser mit Raubkopien handle. Daraufhin habe Ebay dem Ivo Fechtner die Accounts geschlossen.
In einer E-Mail fragte ich Donar:

Wie feiern Nazis eigentlich Weihnachten? An irgendeinem Kultplatz?

Donar antwortete:

Keine Ahnung. Mit gröhlender Punkmusik und Dosenbier?

Es gibt ein neues Thema in Rafas Forum, betreffend eine Pressemeldung mit dem Inhalt, daß die USA eine Propagandaoffensive in Deutschland planen, zu der gehört, daß Journalisten bestochen werden sollen, um falsche Informationen zu verbreiten. Ziel der Offensive ist es, in Deutschland ein kriegsfreundliches Klima zu erzeugen. Ein Forummitglied namens "Braveheart" schrieb dazu:

Das ist ja wohl der Ober-Hammer!!!
"Und bist Du nicht willig ..."

Er nannte die Internetdadresse, wo der Pressebericht zu lesen ist.
Rafa schrieb als "w.e / funkhaus":

Was ist zu tun?

Braveheart schrieb:

Alles erstes wohl: GEHIRN EINSCHALTEN!
Das ist eigentlich schon die halbe Miete und dann kann wohl kaum was "passieren".
Täglich mit geschärften Sinnen durch das Leben schreiten und sich nicht blenden lassen!!!
Zur Sicherheit vielleicht noch so vielen wie möglich von diesem Vorhaben berichten (obwohl es wohl kaum mehr "geheim" sein dürfte ... - DENNOCH! Obacht!! ); wenn auch nur beiläufig!
Und zu guter Letzt nochmal:
GEHIRN EINSCHALTEN!!!

Ich habe als "behind your eyes" dazu geschrieben:

Was ich auffällig finde, ist, daß schon alle Welt von dem Vorhaben der USA weiß. Entweder haben die haufenweise undichte Stellen - oder es ist bereits Teil der Strategie, diese Geschichten überall zu verbreiten. Ich denke, der überhebliche Leichtsinn solcher Egomanen bringt sie häufig eines Tages wie von selbst zu Fall.

Braveheart schrieb:

>oder es ist bereits Teil der Strategie,
DAS könnte ich mir eher vorstellen.
Meine These: Alles, was die Öffentlichkeit, das Volk, die Wähler, die Gesellschaft erfährt, ist Teil "des" / eines Plans und zielt darauf, mit der vorkalkulierten Reaktion der Öffentlichkeit zu rechnen / zu planen.

Auf meinen Eintrag antwortete "23":

Überheblich würde ich das kaum nennen und "undichte Stellen" interessieren dort wohl niemanden mehr ...
"Das Monster sitzt da nicht seit gestern, es kann sich gar nicht überheben, da hier nichts mehr wiegt oder einflußreicher ist ..."
"Es ist wohl das Größte und Mächtigste der Welt und weit vor Gott ..."
... es lacht über uns, denn es weiß genau, daß wir schon so träge und lethargisch sind und daraus nichts mehr machen können.

Dafür, daß es sich bei "23" um Rafa handelt, spricht die Erwähnung von Rafas Feindbild "das Monster", die depressiv-hoffungslose Weltsicht und die angegebene E-Mail-Adresse, die mit der von seinem vorherigen Eintrag als "w.e / funkhaus" übereinstimmt.
Unter "behind your eyes" schrieb ich:

Der Privatkrieg des Herrn Bush, der sich über zwielichtige Methoden die finanzielle und politische Unterfütterung zur Eroberung seiner Lieblings-Ölfelder sichern möchte, erinnert mich irgendwie an "Und heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt". Wie war das noch ... wenn ein Mensch mächtiger sein will als Gott, was passiert dann mit ihm? Und wer ist mächtiger, Gott oder das Monster?

Andere Forummitglieder schrieben dazu etwas, Rafa jedoch nicht.
Am Dienstag besuchte ich Deon nach der Arbeit. Es gab Glatteis, und ich war mit dem Zug unterwegs. Während ich auf die Straßenbahn wartete, sah ich im Fahrgastfernsehen die schrecklichen Unfälle des heutigen Tages.
"Der Eisregen ist oft genug angesagt worden", schüttelte ein Fahrgast den Kopf. "Da fährt man doch mit der Bahn ...!"
Im Fahrgastfernsehen sagte ein verunfallter, aber noch glimpflich davongekommener Autofahrer:
"Die wissen alle, daß es glatt ist, und fahren trotzdem noch 120, 130 Sachen!"
Deon holte mich von der Haltestelle ab. Frierend und eng umschlungen liefen wir über die Straße zu seiner Haustür. Das Mietshaus stammt aus der Nachkriegszeit und hat ein Treppenhaus mit Bohnerwachs und Etagenduschen. Inzwischen sind freilich die Wohnungen mit Badezimmern ausgestattet worden.
Deon hatte die Stube gut geheizt. Bei ihm fühle ich mich immer wohl; das war schon vor sechzehn Jahren so.
Deons "singende Weihnachtskerze" schweigt. Die Knopfzelle ist wohl leer. Bei besserem Wetter wollen wir eine neue besorgen.
Deon erzählte, welchen Eindruck er von Rafa hatte, als dieser im Oktober im "Restricted Area" auftrat:
"Er wirkte so maskiert."
Am Samstag vor Weihnachten war ich in Ht. bei Teds Geburtstagsfeier. Auch Teds Bruder war da, dem Ted Knochenmark gespendet hat. Marvin und Cyan fehlten jedoch, und das schien Ted zu schaffen zu machen.
Ein Teenager namens Sylvain stellte sich als Sohn von Teds Cousine vor. Seine Eltern hatten ihn zu Teds Party mitgenommen. Er ist begeistert von der Szenewelt. Als Ted einige Stücke von Derek spielte, wollte Sylvain unbedingt eine CD von Derek haben.
Ein Bekannter von Ted erzählte einen Kannibalenwitz, der kursiert, seit eine kannibalische Horrortat durch die Medien geistert und die Gemüter erschauern läßt:
"Sagt ein Schwuler zum anderen:
'Ich will deinen Schwanz.'
Fragt der andere:
'Geschnitten oder am Stück?'"
Der Bekannte meinte:
"Wenn sowas passiert, gehen immer gleich die passenden Witze um. Kaum waren letztes Jahr die Türme weg, gab's auch schon die ersten Bin-Laden-Witze ..."
Am Sonntagnachmittag feierten wir Elaines achten Geburtstag. Constri und ich gingen mit Elaine und Merle in das Weihnachtsmärchen "Der Froschkönig". Merle hat für Elaine Manga-Puppen gekauft, die erzählen mit einem durch ein Lämpchen rot leuchtenden Mund, wie cool ihre Strähnchen sind und dergleichen. Jede hat drei Sätze, und jeweils andere. Eine sagt:
"Wer ist die Schönste im ganzen Land? Ich natürlich!"
Die Plateausohlen lassen sich durch Steckelemente noch erhöhen.
Außerdem hat Elaine Puppen bekommen, deren Gesichter sie aufmalen kann. An sich bin ich nicht völlig gegen solch ein Spielzeug, doch paßten Elaine ihre Wintersachen vom letzten Jahr nicht mehr, und sie hatte noch keine neuen. Ich will ihr eine warme Jacke besorgen.
Am Montag und zu Heiligabend war das Wetter sehr schlecht; es gab Blitzeis. Am Montag fuhr ich mit dem Zug zur Arbeit und ließ mich von meinem Kollegen Den mit zurück nach H. nehmen. Den erzählte mir, auch anderen Kollegen sei schon aufgefallen, daß die Kollegin Wilrun von Landau vor allem gegen mich immer wieder aggressive, gehässige Äußerungen macht. Meistens gehe ich über diese Äußerungen hinweg, inzwischen bringt sie jedoch Drohungen und Nötigung mit hinein. Für diese Angriffe nutzt sie besonders gerne die tägliche Frühbesprechung im Konferenzsaal.
"Eigentlich hätte ich da mal was sagen müssen", meinte Den, "das ist mir nachher eingefallen."
Es beruhigt mich ein wenig, daß ich mit meiner Einschätzung der Aggressivität von Wilrun nicht allein dazustehen scheine. Wilrun verwendet nie Schimpfwörter, wird jedoch in den Inhalten und im Ton grenzüberschreitend. Aus diesem Grunde habe ich meine Oberärztin eingeschaltet.
Heiligabend klopfte ich mit einem Spachtel aus der Werkzeugschublade das Eis von den Autofenstern. Das Fahren ging zuerst recht gut mit Tempo sechzig auf der A7, die weniger vereist sein sollte als die A2. Dann aber, auf der Landstraße vor Kingston, begann eine sogenannte Wetterschneise, und die Autos konnten nur noch mit Standgas fahren. Mehrere Autos rutschten weg, einige in den Graben. Mir gelang es, das Auto nach insgesamt drei Stunden Fahrtzeit auf dem Parkplatz des Krankenhauses zum Stehen zu bringen, der so glatt war wie eine Eisbahn. Auf dem Fußweg war kaum vorwärtszukommen. Den erzählte, daß Amfortas sich über jeden Kollegen freute, der heile ankam, egal wie spät. Nach anderthalb Stunden auf der Arbeit nahm Den mich mit nach H. Mein Auto ließ ich auf dem Parkplatz stehen.
Die A2 war fast völlig mit einer Eisschicht bedeckt. Den ließ sich davon nicht entmutigen. Mich beruhigte, daß sein Auto Frontantrieb hatte und daß bei einem Unfall wahrscheinlich nur das Auto etwas abbekommen würde, nicht aber wir, weil Den sehr langsam fuhr und es Airbags gab. Ich erzählte von einem Weihnachtscartoon, der in meinem Kalender gewesen war. Auf diesem Cartoon zeigt eine Mutter ihrem Sohn den Schokoladenigel, den sie auf dem Backblech geformt hat.
"Das ist kein Igel!" behauptet der Sohn.
Als die Mutter ihn fragt, ob er denn schon einen Igel gesehen habe, antwortet er, er habe schon Hunderte, nein, Tausende gesehen. Er rollt mit der Kuchenrolle den Igel platt und erklärt:
"So! So sieht ein Igel aus!"
"So eine Igelpizza", sagte Den.
"Das macht mich immer so fertig, wenn ich die sehe", seufzte ich und mußte lachen über das Wort "Igelpizza". "Einmal habe ich einen Abend lang geweint wegen so einem Viech."
"Na, jetzt sind die eh alle eingefroren", meinte Den. "Igel on the rocks."
Ich mußte wieder lachen und fühlte, daß durch die makabren Witze eine erleichternde Distanz entstand zu dem alltäglichen Grausen überfahrener Tiere.
Den setzte mich bei meiner Mutter ab, wo schon der Tannenbaum geschmückt war. Constri bekam von mir eine Shelley-Puppe in Gestalt einer kleinen Prinzessin mit Engelsflügeln geschenkt, die sie zu dem Hochzeitpaar Barbie und Ken ins Regal stellen kann, das ich ihr und Derek zur Hochzeit geschenkt habe.
Zur Kirche konnten wir wegen der Glätte nicht gehen. Nach der Heiligabendfeier fuhr ich mit dem Taxi nach Hause.
Rafa erschien entgegen seiner Ankündigung nicht in seinem Chatroom. Seine Internet-Gesprächspartner Tron, Bitstream, Cydat und Cave waren zwar anwesend, unterhielten sich aber nicht miteinander. Erst als Chatterin Mandy hinzukam, gab es einen kleinen Austausch, der sich über einen Zeitraum von etwa zwei Stunden hinzog. Ich konnte währenddessen am Rechner parallel andere Dinge erledigen, um die Zeit nicht ungenutzt zu lassen. Der Chat verlief wie folgt:

⟨Mandy⟩ guten abend!
⟨Bitstream⟩ namd
⟨Mandy⟩ fleissigen weihnachtsmann gehabt?
⟨Bitstream⟩ no :P
⟨Bitstream⟩ geld vonner bank abholen kann jeder
⟨Bitstream⟩ aber das wollt ich ja :P
⟨Mandy⟩ verstehe ich nicht
* Bitstream hat sich geld gewuenscht und auch bekommen
⟨Mandy⟩ achso
⟨Mandy⟩ langweilig heute abend hier
⟨Mandy⟩ ?
⟨Bitstream⟩ jau
⟨Mandy⟩ *ueberleg*
⟨Mandy⟩ *nachdenk*
⟨Bitstream⟩ weisst watt? ich geh pennen :P
⟨Bitstream⟩ im irc is jetzt eh nix mehr los
⟨Mandy⟩ Gute Nacht!

Kurz nach Heiligabend schrieb ein Mädchen namens Sulamith in Rafas Gästebuch:

honey, du sahst heute einfach nur zauberhaft aus *schmelzwech*

Ich frage mich, wo Rafa jene Sulamith getroffen hat.
Inzwischen hat Rafa das Datum seines nächsten Chats bekanntgegeben - am 12. Januar um 22:33 Uhr.

In einem Traum erzählte Rafa in einem Interview, er sei seit Anfang Dezember dieses Jahres "fest gebunden". Nach meinem Verständnis konnte das nur heißen, daß Rafa Berenice geheiratet hatte.

Nachts war ich im "Verlies", wo Cyra auflegte. Cielle war da mit ihrem neuen Freund Ginet. Sie klagte, daß Ginets ehemalige Freundin anwesend sei und gewiß über sie lästere; das mache ihr sehr zu schaffen.
Tricky ist seine Krücken los, das Sprunggelenk ist fast heil.
"Endlich kann ich wieder tanzen!" freute er sich. "Das war so furchtbar, immer daneben stehen zu müssen, wenn voll die guten Stücke kamen."
Seraf erzählte, daß er sich wieder mit Chantal trifft. Man verstehe sich ausgesprochen gut. Ich sagte, es sei schon immer meine Ansicht gewesen, daß die beiden zusammen passen.
Mit Cielle sprach ich über das Thema: "Wieviele Freunde sind normal?"
Wir waren uns einig, daß es dafür keinen Normwert gibt.
"Außer Cyra habe ich fast niemanden, den ich als 'gute Freundin' bezeichnen kann", erzählte Cielle. "Eine gibt es da noch, mit der gehe ich ab und zu in die Sauna."
Ich erinnerte mich nach und nach an die Leute, die in meinem Leben besonders wichtig sind. Da kamen mehr zusammen, als ich erwartet hatte. Unter den besonders vertrauten, engen Freunden sind gleich vier schwule Männer - Carl, Henk, Ted und Deon.
"Am wichtigsten ist und bleibt aber meine Schwester", sagte ich abschließend.
Rafa kann ich in die Liste meiner Freunde nicht einfügen, weil er sich nicht zu mir bekannt hat.
Cielle und ich überlegten, auf welche von unseren Vertrauten wir uns wirklich verlassen können. Damit sind wir bisher noch nicht fertig.
Zwischen Weihnachten und Silvester findet im "Barcode" alljährlich ein Avantgarde-Festival statt. Das ehemalige Kino wirkt baufällig und dennoch gepflegt, die Getränke sind günstig, es gibt auch frisch gebrühten Kaffee und Afri-Cola. Dieses Jahr sah ich dort Auftritte von Mal und Ytong. Mal hatte sein neues Notebook auf die Bühne gestellt und aufgeklappt, so daß man in dem Grauschwarz des Deckels einen weißen Apfel leuchten sah. Mal verwendet inzwischen nur noch Macintosh-Rechner. Er zeigte ein Live-Experiment mit einer Art elektronischer Klarinette, der er schwingende, "gläserne" Sounds entlockte. Die Darbietung war meditativ, ruhig, fast statisch. Sie gefiel mir, wie sie war, wenngleich Dedis befürchtete, ich könnte einschlafen. Ihr passiert das nämlich öfter.
Ich fand es amüsant, wie das wahrhaft ausgefallene, nonkonforme Publikum so artig und andächtig-still auf den Kinosesseln saß wie Klassikliebhaber im Sendesaal. Sie applaudierten auch ebenso artig. Man merkte unter der schrillen Avantgarde-Schale die bürgerliche Erziehung, nur waren die Hör- und Sehgewohnheiten auf den Kopf gestellt.
Ytong hatte wieder selbstgeschweißte Instrumente aufgebaut und bot die gewohnte Performance mit Klängen und Klangschleifen zum Nachlauschen. Dedis war irritiert von Ytongs zahmem Fleece-Pullover. Das sei ja einer wie aus dem Versandhaus-Katalog.
"Den hat ihm bestimmt seine Freundin geschenkt", vermutete sie. "Sonst ist er doch immer so underdogmäßig 'rumgelaufen."
Ytong lebt inzwischen mit seiner Freundin und deren Bruder draußen auf dem Lande, in der Nähe der Ostsee. Er ist damit beschäftigt, sein Examen als Altenpfleger zu absolvieren. Viele Jahre lang hat er nur als Hilfspfleger im Altenheim gearbeitet.
Mal hat in der letzten Zeit etliche Tonträger herausgebracht und verkaufte mir sein aktuelles Album "Automatenmusik". Dedis erkundigte sich nach Darien. Mitte Dezember soll Dera wegen eines Hörsturzes ins Krankenhaus gekommen sein, und Darien mußte deren Tochter Cicely hüten. Er soll sich damit überfordert gefühlt haben und schließlich zu Heyro geflüchtet sein. Als dort Gäste erschienen, soll ihm das auch zuviel geworden sein, und er soll Hals über Kopf davongeeilt sein.
An den Verkaufsständen im "Barcode" gab es viele außergewöhnliche Tonträger zu kaufen, mit ebenso außergewöhnlichen Verpackungen. Die konnten aus verschiedenen Arten von Pappe oder Blechen gemacht sein, die mit Schrauben, Siegellack, Pappknöpfen und anderen Seltsamkeiten zusammengehalten wurden. Ich schlug vor, man könnte eine CD-Sonderedition in einer Tasche aus zwei selbstgehäkelten Topflappen verkaufen, das habe es wohl bislang noch nicht gegeben.
Mit einem der Jungen, die die Stände betreuten, unterhielt ich mich ein Weilchen. Währenddessen entdeckte ich in dessen Sortiment die längst vergriffene Converter-"Box" und kaufte das rare Stück.
Nachts war ich bei "Stahlwerk". Rega legte mit Delan und Nova auf. Regas Freundin Casyle kommt fast immer mit zu "Stahlwerk" und war auch dieses Mal da. Darien war mit Dera bei "Stahlwerk", die sich die Haare rötlich getönt hatte und ein schwarzrotes Spitzenoberteil trug. Sie erzählte, daß Darien deshalb so abgenommen hat, weil er über der Arbeit das Essen oft einfach vergißt.
"Früher hat er nur Worcaholismus betrieben", erinnerte ich mich. "Meine Schwester hat auch beobachtet, daß er über nichts anderes reden konnte als über die Arbeit."
"Er hat gesagt, er hat sich mit Arbeit die Gesundheit genug ruiniert, jetzt denkt er schon anders."
"Das ist wahr. Meine Schwester war ganz erstaunt, daß er auf einmal über Familie und Beziehungen redet und nicht mehr nur über die Arbeit."
Dera erzählte, sie bekomme meist einen recht guten Zugang zu Darien, manchmal schotte er sich jedoch sehr ab.
"Darien läuft immer Gefahr, zu vereinsamen", meinte ich. "Ich bin froh, daß er in der letzten Zeit so aufgetaut ist. Als er sich damals so zurückgezogen hatte, habe ich mal Rega auf ihn losgelassen, und er hat das wohl sehr dankbar angenommen. Seither ist er wesentlich offener."
Ich erinnerte an Dariens "Kokonphase":
"Damals ist er mir bei 'Klangwerk' aufgefallen, ein Stiefelmann mit martialischer Bomberjacke, so daß man eigentlich dachte: 'Skinhead'. Aber ich habe gefühlt, das ist kein Skinhead. Und als ich ihn näher kennengelernt habe, habe ich gemerkt, daß meine Vermutung gestimmt hat - er ist das genaue Gegenteil von einem Skinhead. Er macht Design, ist Künstler ... wie man so sagt nach dem Klischee: 'Harte Schale, weicher Kern'."
"Jaa", bestätigte Dera.
Darien und ich unterhielten uns über die Frage nach dem "Sinn von allem". Dazu fiel mir sehr viel ein:
"Mit diesem Thema befasse ich mich ausführlich in den erfundenen Roman 'Wirklichkeit'. Wenn ich nach 'dem Sinn' suche, finde ich ihn theoretisch durchaus, aber ich kann ihn nicht vollständig wahrnehmen und innerlich nachvollziehen - als wenn ein Puzzleteilchen fehlt. Ich komme bis zu einem bestimmten Punkt, und da geht es nicht weiter. Meine Hauptfigur sagt dann:
'Ich weiß gar nicht, was ich eigentlich will.'
Im Grunde bin ich eine geteilte Persönlichkeit, bestehend aus Lichtseite und Schattenseite. Während ich die Lichtseite verkörpere, verkörpert Rafa meine Schattenseite. Deshalb habe ich ihn in der 'Wirklichkeit' als Hauptfigur eingesetzt."
Darien meinte, daß es sehr schwierig ist, einen "Sinn" nicht nur theoretisch zu finden, sondern auch im Innern zu fühlen.
Constri hat von Giulietta gehört, daß der an Schizophrenie und Alkoholabhängigkeit leidende Ciril sich kurz vor Heiligabend auf die Bahnschienen gelegt hat und sich jetzt auf einer Intensivstation befindet. Ein Grund für seinen Selbstmordversuch soll gewesen sein, daß seine Eltern ihn baten, Heiligabend bei ihnen zu verbringen, was er jedoch nicht wollte. Ciril scheint außerordentlich labil zu sein.
Zu Silvester rechnete ich mit fast gar keinen Gästen, weil viele Leute andere Veranstaltungen besuchten oder zu Hause blieben. Dann kamen aber doch siebzehn. Wir hatten Lachsschnittchen, Raclette und Tequila Gold, den wir mit Orangenscheiben und Zimtzucker genossen. Als besonderer Gast war Hendrik endlich wieder einmal dabei. Und Roman erschien, begleitet von einer Dame, auf die er sich Hoffnungen machte. Es war Romans 44. Geburtstag, und wir gratulierten ihm. Wir sind uns alle einig, daß Roman wesentlich jünger aussieht, als er ist.
Als Merle darauf zu sprechen kam, daß sie keine eigene Homepage besitzt, wies Elaine darauf hin, daß sie und ihre Mutter längst im Internet zu finden sind und in "Im Netz" auftreten.
Es ging auch wieder einmal um Griseldis und ihre schlimmen Streiche. Elaine faßte zusammen:
"Ich bin der Engel und Griseldis ist der Teufel."
"Na na", berichtigte Merle, "du machst auch so manchen Unsinn. Das ist dann immer leicht, zu sagen, Griseldis war's."
Merle hatte selbst noch Lachs kaufen wollen, weil sie schon zu Hause vor der Party Appetit darauf hatte. Es gab aber nichts mehr im Supermarkt, und Merle regte sich nachträglich immer noch darüber auf.
"Andere Kinder haben gar nichts zu essen", mahnte Elaine. "Und du willst immer Lachs ..."
Rikka brachte ihren neuen Freund Odu mit, den sie aus dem Internet kennt. Wir konnten erst gar nicht fassen, daß es den Namen "Odu" wirklich gibt, und riefen immer "Odu Fröhliche" und "Odu Tannenbaum". Derek spielte Pfarrer und traute Rikka und Odu. Dabei mußte er so lachen, daß ihm die Tränen übers Gesicht liefen, weil er bei der Zeremonie so häufig "Odu" sagen mußte. Als Nächstes wurde eine Runde "Salesch" gespielt, eine Parodie auf Fernseh-Gerichtsshows. Drees spielte "Richter Salesch" und zählte allerlei Paragraphen auf, weil Odu angeblich 75 Raclettepfännchen niedergemacht hatte. Das wurde im Party-Gästebuch alles dokumentiert, mit einem Kugelschreiber, den Drees mir aus HB. mitgebracht hatte.
Am Neujahrstag bekam ich eine SMS:
"Hallo Hetty, wünsche dir ein frohes neues Jahr und alles Liebe."
"Happy new year", antwortete ich. "Wer bist du denn? Ich habe deine Nummer nicht in meinem Handy."
"Ich bin nur der Kraftfahrer aus Kingston."
"Ach, du bist Ian?"
"Richtig, genau der Ian. Hast du Silvester gut verlebt?"
"Wilde Party, räum grade auf."
"Ich habe auswärts gefeiert, brauche nicht aufräumen. Habe allerdings auch noch nicht geschlafen."
"Geschlafen habe ich, bin aber immer noch müde."
Ian hatte sich seit fast einem Jahr nicht mehr gemeldet und nur kurz gegrüßt, wenn wir uns auf dem Klinikgelände über den Weg liefen. Jetzt hatte er vielleicht den Neujahrs-Vorsatz gefaßt, mir wieder eine SMS zu schicken. Nach diesen kurzen Austausch ließ er den Kontakt abermals abbrechen.
Hendrik hatte im Gästebett übernachtet und half mir beim Aufräumen. Ich machte Frühstück für uns beide, Pfefferminztee und Toasties mit Honig und Marmelade. Hendrik wollte das gerne zum Frühstück, und es tat mir gut, weil ich den Alkohol nicht vertragen hatte. Ich hatte nicht viel getrunken, aber die Mischung war wohl ungünstig gewesen - Sahnelikör, Sekt, Sambuca und Tequila Gold.
Zum Jahresbeginn hat Rafa die Adventsgrüße auf seiner Homepage durch Neujahrsgrüße ersetzt. Man sieht sein Bandlogo, das sich kopfüber dreht. Dazu schreibt Rafa:

W.E wünscht ein gesundes, erfolgreiches 2003!
We wish you a happy and successful new year!

Mit Beatrice war ich beim Griechen. Sie erzählte von einem Flirt mit einem Kurskameraden. Es passiert ihr öfter, daß sie sich auf Flirts einläßt. Ihr ist das nicht recht, und sie will Andras nicht verlassen. Andererseits fühlt sie sich so geschmeichelt von den Männern, die ihr zu Füßen liegen, daß sie manches Mal nicht widerstehen kann. Sie macht sich Vorwürfe und möchte lernen, mit solchen Situationen so umzugehen, daß sie sich keine Vorwürfe machen muß.
"Saara hat geseufzt, daß es immer so schwierig ist mit der Liebe und den Beziehungen", erzählte ich. "Da habe ich gemeint, wenn wir Amöben wären, wäre es ganz einfach. Aber wir sind Menschen und viel komplizierter; deshalb sind unsere Beziehungen eben auch kompliziert."
Saara hat mit Svenson Schluß gemacht; sie hatte das Gefühl, daß er die Beziehung nicht wichtig genug nimmt.
Marie-Julia hat Trennungspläne, weil Nic fremdgegangen ist. Nic hat allerdings schon wieder einen Schritt auf Marie-Julia zugemacht. Er meinte, eigentlich liebe er doch die andere gar nicht, sondern Marie-Julia. Dennoch will Marie-Julia eine Wohnung für sich alleine suchen, um zur Ruhe zu kommen.
Mit Sándor, der wieder in Ungarn ist, halte ich E-Mail-Kontakt. Er schrieb zum neuen Jahr:

Jetzt zerbreche ich mir den Kopf, hier in der Stadt einen Electro-Industrial Club zu machen, erstmal so monatlich einmal wie Cyra im "Radiostern", dann mal vielleicht (wenn das gut besucht ist) wöchentlich. Das ist natürlich nur ein wahnsinniger Traum von mir. Es fehlt mir das Tanzen, weisst du?
Daneben wäre es nicht schlecht, auch mal eigene Musikexperimente zu machen ...
Na, mal schauen.

Celina, die Tochter von Rixa und Philipp, ist inzwischen fast ein Jahr alt. Auf mich wirkt sie lebendig und charmant. Sie spricht erste Worte und kann schon laufen. Damit sie nicht an die Stereoanlage geht, hat Philipp die teure Technik hinter einem Holzgestell verborgen, das er kunstvoll bemalt hat, mit abstrakten Motiven und in wilden Farben.
Philipp wußte einen makabren Witz:
"Wie heißt die Fernsehsendung '7 Tage - 7 Köpfe' in China? '7 Tage - 7 köpfen'!"
Auch angesichts der Menschenrechtsverletzungen in China verhelfen mir makabre Witze zu einer erleichternden Distanz.
Saara war an einem Abend zum Kaffee bei mir und erzählte, daß Svenson und sie nach wie vor Kontakt zueinander haben, daß sie jedoch beide dabei sehr befangen sind und daß jeder darauf bedacht ist, sich vom anderen nicht verletzen zu lassen. Ein Treffen, das man wirklich als solches bezeichnen könnte, hat sich noch nicht wieder ergeben.
Danielles Freund Mike soll als Familienvater sehr bemüht und fürsorglich sein.
"Er ist auch nur aggressiv, wenn er harte Sachen getrunken hat", meinte Saara, "und das kommt selten vor."
"Schlimm genug, daß es überhaupt vorkommt", meinte ich.
An Rafas Geburtstag, dem 11.01., schrieb ich als "behind your eyes" unter "Unendlichkeit ..." in Rafas Forum:

... Unendlichkeit ...

Darunter nannte ich eine URL, die zu einer Serie von Bildern zu dem Thema führt. Die Idee bezieht sich auf Rafas Stück "11.01. Unendlichkeit", zu dem er bisher nicht erklärt hat, wie es mit seinem Geburtstag zusammenhängt.
Daß Rafa diesen Beitrag entdeckt und die URL aufruft, bezweifle ich. Für mich war es wichtig, an seinem Geburtstag in irgendeiner Form Kontakt zu ihm aufzunehmen, auch wenn ich dies nur mittelbar tun kann und ungewiß ist, was ihn davon tatsächlich erreicht.
Abends war ich mit Constri und Clarice bei Sarolyn. Es gab die feinen thailändischen Gerichte Tom Yam Gai und grünes Klebereis-Dessert. Sarolyn zeigte ihr altes Fotoalbum und erzählte, daß sie 1992 mit Rafa bei ihm zu Hause ein "One Night Stand" hatte, und am nächsten Tag tat er so, als sei gar nichts gewesen. Als er kurz darauf bei ihr übernachtete und erneut Annäherungsversuche unternahm, ließ Sarolyn ihn nicht mehr an sich heran. Damals ist auch jenes Foto in Sarolyns Bett entstanden, das Bett, das ich neulich Merle gegeben habe. Deshalb denkt Merle an Rafa, wenn sie in diesem Bett liegt.
Sarolyn hat gehört, daß Talis und Janice Schluß gemacht haben. Janice soll mit einem Kurschatten zusammen sein. Talis und Janice sollen bereits getrennt wohnen.
Nachts war ich im "Radiostern". Cyra trug ihren rechten Arm in einer Schiene; sie wurde wegen eines Tennisarms operiert. Ihr ging es deshalb nicht sehr gut. Sie blieb nicht so lange wie sonst im "Radiostern". Ihr neuer Freund Maurice fuhr sie nach Hause. Es war einer von den netten, gut aussehenden Jungs, die sich Cyra als Freund erwählt. Letztlich, denke ich, fühlen sich alle von ihr vernachlässigt, und die Beziehungen gehen regelhaft nach ein bis zwei Jahren in die Brüche. Bisher habe ich es noch nicht erlebt, daß Cyra einen wirklich passenden Partner gefunden hat.
Am Sonntagnachmittag war ich bei Henk, der für mich Hühnersuppe gemacht hatte, klassisch, mit Eierstich - eines meiner unersetzbaren Lieblingsgerichte. Ich spielte Henk Rafas Coverversion von "Davon geht die Welt nicht unter" von Zarah Leander vor, und Henk findet, daß Rafa gut singen kann. Auch Rafas Stück "Ich bin nicht von dieser Welt" gefiel Henk gut.
"Die darstellerische und komödiantische Begabung habt ihr gemeinsam, du und Rafa", meinte ich. "Ihr habt beide genau gleich viel Ausstrahlung und seid beide gleichermaßen abgedreht."
Henk erinnerte sich an die chaotische WG-Zeit in BS. im November 1986, als ich einen Monat lang bei Henk gewohnt habe. Ich erinnerte mich an die seltsamen Leute, die dort aus- und eingingen.
"Nur den Fixer habe ich 'rausgeschmissen", erzählte ich. "Der wurde eines abends mitgebracht, weil es hieß, der hat kein Dach über dem Kopf. Und ich sehe den und sage:
'Das bleibt hier nicht!'"
"Und dann?" kicherte Henk
"Dann haben wir den zu Pillen-Oskar geschickt", kicherte ich.
"Na, das war aber gemein!" rügte Henk.
Pillen-Oskar war ein netter, wohlerzogener Junge und schwer medikamentenabhängig. Er sammelte bunte Pillen ohne Verpackung in seinem Wohnzimmerschrank. Wenn er Lust hatte, griff er in den Haufen hinein und suchte sich welche aus, deren Farbe ihm gefiel.
Ein halbes Jahr nach meiner WG-Zeit erfuhr ich von Deon, daß Pillen-Oskar "auf einem Trip hängengeblieben" war. Er hatte anscheinend LSD genommen und später, als die Wirkung hätte nachlassen müssen, noch immer Halluzinationen und Wahnerleben gehabt. Deshalb soll er damals in Kingston behandelt worden sein.
Pillen-Oskar arbeitete bei VW, und wenn es ihm inzwischen gelungen ist, den Drogen fernzubleiben, arbeitet er dort wohl noch heute.
Nach dem Essen servierte Henk Kaffee aus dem Porzellanfilter. Ich freute mich darüber, wie vertraut und selbstverständlich unsere Freundschaft besteht und wie offen sich Henk mir gegenüber verhält, jetzt, nach all den Jahren. Er hat es nicht mehr nötig, verschlossen zu sein. Er hat er nicht mehr nötig, fremde Leute zu "vernaschen" oder sich an halbherzige Beziehungen zu klammern. Er kann dazu stehen, allein zu leben.
Rafa hingegen ist immer noch mit Berenice zusammen und weit davon entfernt, den Dingen und den Menschen offen ins Gesicht zu sehen. Völlig isoliert scheint er dabei nicht zu leben. Seinen Geburtstag scheint er auf einer Bowlingbahn gefeiert zu haben, und statt in Discotheken trifft man ihn gemeinsam mit Berenice auf C64-Parties, wo er sich stundenlang in Computerspiele vertieft. Dies konnte ich dem Chat entnehmen, für den sich Rafa angemeldet hatte, am Sonntagabend ab 22:33 Uhr, einen Tag nach seinem Geburtstag. Jedoch kam Rafa schon wieder nicht in seinen Chatroom - ebenso wenig wie Heiligabend -, und dieses Mal äußerten sich die Chatter wesentlich direkter dazu:

⟨Xoxo⟩ 23 minuten zu spät ;)
⟨Serial⟩ also das datum stimmt
⟨Serial⟩ vielleicht is die antenne vom funkhaus eingeschneit?
⟨Serial⟩ wäre ja kein wunder bei dem wetter
⟨Mandy⟩ bestimmt
⟨Xoxo⟩ falls euch langweilig ist, könnt ihr ja mal meine retrocomputing page anschauen?
⟨Mandy⟩ hmm
⟨Xoxo⟩ ok, kein interesse, i see
⟨Mandy⟩ wäre eine idee


Xoxo nannte mehrere URL's, auch solche, die zu Bildern von C64-Parties und anderen Computer-Parties führten. Xoxo fragte Mitchatter Serial, der auf einem der Fotos zu sehen war:

⟨Xoxo⟩ kennst du w.e persönlich?
⟨Serial⟩ ja, die waren ja auch auf der party, wo die fotos gemacht wurden
⟨Scream⟩ was hat denn rafa fuerne jacke an?! :)
⟨Serial⟩ das hab ich mich auch gefragt ;)


Sie unterhielten sich über Computerspiele, bis Xoxo schließlich fragte, wo die Leute von w.e denn seien. Ungeduldig sagte Mandy:

⟨Mandy⟩ so langsam...
⟨Serial⟩ also ich denke immer noch, dass die im funkhaus eingeschneit sind und jeder kontakt zur aussenwelt abgebrochen ist
⟨Serial⟩ oder sowas in der art ;)
⟨Mandy⟩ och nö
⟨Xoxo⟩ ui, würd auch mal gerne ins funkhaus oder zu einem hörerclubtreffen, aber wohne in der nähe des matterhorns :(
⟨Serial⟩ genau das problem hab ich auch, das wäre ne endlose fahrerei
⟨Serial⟩ aber zum glück kommen rafa und berenice ja immer zu unseren salix-c64-partys ;)
⟨Xoxo⟩ wo sind die eigentlich, ist es eher südlich in germany?
⟨Serial⟩ so genau weiss ich das auch nicht, das hörerclubtreffen is immer in ostdeutschland


Mit "Hörerclubtreffen" - abgekürzt "HCT" - ist das alljährliche W.E-Fanclubtreffen in Thüringen gemeint. Rafa bezeichnet seine Fans als "Hörer", analog seinem Selbstverständnis als Radiosender. Daher wird der Fanclub "Hörerclub" genannt. Dieses Jahr ist das Treffen dem zehnjährigen Bestehen der Band gewidmet.
Um Klarheit über die Herkunft der Band zu schaffen, schrieb ich als "sara-h":

⟨sara-h⟩ rafa wohnt in shg.
⟨Serial⟩ stimmt
⟨Serial⟩ das is bei h.
⟨Xoxo⟩ wie weit ist das so von der schweizer grenze entfernt ?
⟨Serial⟩ wenn die net bald kommen, erzähle ich noch die story, wie ich bei nem w.e konzert vom türsteher rausgeworfen wurde
⟨sara-h⟩ erzähl mal
⟨Serial⟩ naja, das konzert war vorbei, und danach war noch disco. wir sind kurz raus, um frische luft zu schnappen und wollten wieder rein
⟨Serial⟩ da sagte der türsteher, is nich, weil wir vergessen hatten, uns vorher nen stempel zu holen
⟨Serial⟩ wir hatten zwar eintrittskarten, interessierte den aber net
⟨Xoxo⟩ lol
⟨sara-h⟩ und dann?
⟨Serial⟩ naja, wir sind zum bahnhof gegangen und haben, bis der zug kam, noch bei mcdonalds abgehangen
⟨Serial⟩ das war in bi. letztes jahr, im volvox
⟨sara-h⟩ ihr hättet den türsteher auffordern können, rafa herbeizuholen, der hätt euch wieder reingelassen
⟨Serial⟩ ja, das hab ich mir danach dann auch gedacht, da sassen wir aber schon im zug
⟨Serial⟩ ;)
⟨Serial⟩ nächstes mal pass ich halt besser auf
⟨sara-h⟩ wie oft war rafa schon zu spät im chatroom?
⟨Xoxo⟩ lol
⟨Xoxo⟩ bin ich das erste mal hier und werd entäuscht :(( bin ich doch schon müde ;/
⟨Serial⟩ hm, also beim letzten mal war er pünktlich
⟨sara-h⟩ am 24.12. hat er geschwänzt
⟨Serial⟩ da is garantiert was dazwischen gekommen oder die haben sich tatsächlich im datum geirrt
⟨Serial⟩ am 24. war ich net da
⟨Mandy⟩ also 23 minuten sind auch schon rum?
⟨Serial⟩ vielleicht sollens 64 werden?
⟨sara-h⟩ am 08.12. war er eine stunde zu spät
⟨Serial⟩ ok, eine std. wart ich noch
⟨Mandy⟩ toll, und wer zahlt meine internetkosten?
⟨Serial⟩ naja, ich hab dsl flatrate
⟨Serial⟩ :)
⟨sara-h⟩ lohnt sich das?
⟨sara-h⟩ die flatrate, dsl?
⟨Serial⟩ wenn sich der rafa noch ein paar mal mehr verspätet, lohnt sich das sicher :-)))
⟨sara-h⟩ kicher
⟨Mandy⟩ könnte sein
⟨Serial⟩ also ich denke, dsl lohnt sich auf dauer auf jeden fall, v.a. ist es eben ne ganze ecke schneller
⟨Serial⟩ ausserdem werden die kosten für normale anschlüsse auch in zukunft eher steigen
⟨sara-h⟩ vielleicht hol ich mir das mal
⟨Mandy⟩ kommt drauf an, wie oft und lange man im netz ist, oder?
⟨Serial⟩ gut, wenn man nur pro tag ne std. drinnen ist oder so, lohnt es sich wegen der kosten für die hardware eigentlich nicht
⟨Serial⟩ dsl modem und so
⟨Mandy⟩ wenn das hier so weitergeht, wirds länger als ne stunde
⟨Mandy⟩ hmm
⟨Serial⟩ dann könnte man schon drüber nachdenken, dann könnte man dem rafa solange auflauern, bis er kommt
⟨Mandy⟩ genau
⟨Mandy⟩ :)
⟨sara-h⟩ welche gründe könnte ein mensch haben, absichtlich einen chat zu schwänzen?
⟨Mandy⟩ 100000000000000000000
⟨Serial⟩ vielleicht spielt der rafa gerade wiedermal "wizard of wor"
⟨Serial⟩ das kann er den ganzen tag spielen, davon wird man bekanntlich süchtig
⟨Mandy⟩ wenn man durchfall hat, ist chatten auch nicht gut
⟨Mandy⟩ zum beispiel
⟨Serial⟩ auf der party out of orderia hat er stundenlang so ein ballerspiel am c64 gezockt
⟨Serial⟩ so eins mit raumschiffen
⟨Serial⟩ vielleicht ist rafa ja wirklich krank, grippe oder so
⟨Mandy⟩ grassiert im moment überall
⟨Mandy⟩ bin auch befallen
⟨Serial⟩ ich zum glück ausnahmsweise mal nicht. sonst erwischt es mich immer zwischen weihnachten und neujahr
⟨Mandy⟩ das ist ja auch typisch für grippe, immer kommt sie, wenn man frei hat
⟨Mandy⟩ voll gemein
⟨Serial⟩ wobei mir einfällt, dass berenice auf der out of orderia erkältet war, das war kurz vor neujahr. wenn sie jetzt rafa angesteckt hat, wäre das die lösung, warum er net da is
⟨Mandy⟩ war einer von euch silvester in l.?
⟨Serial⟩ Mandy, ich wünsche dir auf jeden fall gute besserung
⟨Mandy⟩ dankeschön
⟨Mandy⟩ :)
⟨Serial⟩ ne, ich war silvester in b. am brandenburger tor, das war ziemlich cool, aber auch voll da
⟨Serial⟩ berenice meinte noch zu mir, dass sie hoffe, dass in l. alles gut geht wegen ihrer stimme und der erkältung


Silvester gab es in L. ein Konzert von W.E.

⟨Mandy⟩ weisst du, was ich traurig finde?
⟨Serial⟩ was?
⟨Mandy⟩ wenn man hier in den chat kommt, denkt man - wow, ganz schön viele leute drin
⟨Mandy⟩ aber reden die etwa nicht mit jedem?????
⟨Scream⟩ ich mach hausaufgaben
⟨Scream⟩ :P
⟨Mandy⟩ ok du redest ja auch manchmal
⟨Serial⟩ das problem ist, dass einige halt nebenher was anderes machen oder sich halt nur so nebenbei einloggen und gar nicht am rechner sitzen
⟨sara-h⟩ gibt es auch eine "automatische" anwesenheit ohne reale anwesenheit?
⟨Serial⟩ möglich ist sowas
⟨Scream⟩ natuerlich
⟨Serial⟩ entweder über einen bot (sone art roboter) oder bnc, also ne dauerhafte verbindung
⟨sara-h⟩ interessant
⟨Scream⟩ oder man laesst seinen rechner einfach 24/7 an ;)
⟨Mandy⟩ also "chatleichen"
⟨Serial⟩ genau, so gehts auch. da ich zuhause nen dsl server habe, könnte ich theoretisch den rechner anlassen und bliebe immer drin
⟨Serial⟩ die verbindung ist über den server ja immer da
⟨sara-h⟩ dann haben wir hier also nur mandy, serial, xoxo, scream real da
⟨Mandy⟩ sieht so aus
⟨Scream⟩ naja, fast ;)
⟨Serial⟩ wobei vielleicht wärs gar nicht mal schlecht, nen bot reinzustellen
⟨sara-h⟩ warum?
⟨Mandy⟩ gibt man seinem bot auch namen?
⟨Scream⟩ es ist ganz genau ein roboter hier (neben mir ;)
⟨Serial⟩ weil ein bot den chat beschützen könnte
⟨sara-h⟩ wovor?
⟨Serial⟩ vor irgendwelchen witzbolden, die gerne mal chats klauen
⟨Scream⟩ nicht hier
⟨sara-h⟩ wie klauen?
⟨Serial⟩ und dann dichtmachen, so dass keiner mehr reinkommt
⟨Scream⟩ hier sind nur intelligente leute
⟨Mandy⟩ das geht?
⟨sara-h⟩ wie geht das, dichtmachen?
⟨Serial⟩ es gibt die möglichkeit, den chat so einzustellen, dass man nur mit ner "einladung" reinkommt
⟨sara-h⟩ auch wenns ein fremder chat ist?
⟨Serial⟩ dafür muss man aber in diesem chat praktisch der boss sein
⟨Serial⟩ icon|weg könnte das z.b. einstellen, da er das @ davor hat
⟨Mandy⟩ ist ein chatklauer aber nicht, oder?
⟨Serial⟩ nene, der biegt das so hin, dass er das ist
⟨Serial⟩ wird hier allerdings wohl kaum vorkommen
⟨Serial⟩ und der icon is ja kein chatklauer :-)))))
⟨Mandy⟩ na dann...
⟨Scream⟩ hier macht keiner unfug
⟨Serial⟩ das kommt eher in grösseren chatnetzen mit mehr chatrooms vor
⟨Mandy⟩ glaub ich nämlich auch
⟨Serial⟩ hab ich aber früher auch schon erlebt ;)
⟨Serial⟩ aber der rafa kommt heute glaub ich wirklich net mehr...
⟨sara-h⟩ kanns sein, daß rafa vor irgendwas angst hat?
⟨Serial⟩ vor mir bestimmt ;)))
⟨sara-h⟩ warum?
⟨Mandy⟩ vor was denn, vor chatklauern?
⟨Serial⟩ vor chatklauern hat der rafa keine angst, eher die vor ihm
⟨Mandy⟩ hab ja auch nicht gesagt, dass er angst hat
⟨Serial⟩ vielleicht hat er angst, dass ihn wer fragt, wann die neue maxi endlich rauskommt
⟨Serial⟩ ;)
⟨Mandy⟩ das könnte zum beispiel sein
⟨Serial⟩ is schon komisch, auf der page steht bei den nachrichten, die kommt im februar, und weiter unten heisst es frühjahr
⟨Mandy⟩ für manche fängt das frühjahr vielleicht im februar an
⟨Serial⟩ gut möglich
⟨Mandy⟩ im sinne von "früh im jahr"
⟨Serial⟩ zu hoffen wärs
⟨Mandy⟩ *lol*
⟨Serial⟩ solange daraus nicht spätjahr wird ... :)
⟨Mandy⟩ oder dezembruar
⟨Serial⟩ eigentlich sollte es ja schon dezember 2002 soweit sein
⟨Mandy⟩ dauert doch immer etwas länger
⟨sara-h⟩ "wunderwelt" kam 2 jahre nach der ankündigung
⟨Mandy⟩ aber bedenke: was lange währt wird endlich gut
⟨Serial⟩ vielleicht kommt rafa bis dezembruar ja nochmal hier vorbei
⟨Mandy⟩ bis dahin braucht man bestimmt dsl
⟨Mandy⟩ wenn man keine schulden machen will
⟨Serial⟩ wenn die telekom so weiter macht mit den preiserhöhungen bei analoganschlüssen ...
⟨Mandy⟩ die telekom ist sowieso ein verein ...
⟨Serial⟩ aber ich glaub, bis dezembruar hält auch mein dsl nicht durch
⟨Mandy⟩ hmmm
⟨Mandy⟩ dann kommt vielleicht doch ein chatklauer
⟨Serial⟩ ja, wenn alle endgültig aus dem chat raus sind, dann braucht er ja nur noch reinkommen
⟨Serial⟩ und dann kommt rafa und wundert sich, wo alle geblieben sind
⟨Mandy⟩ genau
⟨Mandy⟩ und das ist dann die strafe für chatschwänzer
⟨Serial⟩ die gerechte strafe wäre, er müsste nächstes mal dann doppelt solange bleiben
⟨Mandy⟩ ich finde nicht, dass das eine strafe wäre
⟨Mandy⟩ er müsste nächstes mal nur mit den chatleichen chatten
⟨Serial⟩ das kommt ganz drauf an, wenn er dann wieder nicht kommt und das so weit geht, sitzt er bald den ganzen tag vor dem pc
⟨Serial⟩ das wäre ne strafe für ihn :)
⟨Mandy⟩ vielleicht ist es ja doch die grippe
⟨Mandy⟩ oder antichattitis
⟨Serial⟩ oder beides ;)
⟨Mandy⟩ wahrscheinlich
⟨Mandy⟩ so, jetzt ist eine stunde rum
⟨Serial⟩ seht es positiv: ihr habt immerhin gehört, wie ich aus dem volvox geflogen bin ;))))
⟨Serial⟩ is doch auch was ...
⟨Mandy⟩ :)
⟨Xoxo⟩ so leute, ich bin dann mal weg ...
⟨Mandy⟩ da hat sich einer nicht fürs neue jahr vorgenommen, zuverlässiger zu sein
⟨Serial⟩ ich kann allerdings nicht bei jedem chat-termin vorher mich irgendwo rauswerfen lassen, nur weil der rafa nicht kommt
⟨sara-h⟩ bye x.
⟨Serial⟩ C U x.
⟨Mandy⟩ tschüssi x
⟨Xoxo⟩ gebt dem honey einen netten gruss aus der schweiz
⟨Mandy⟩ ok
⟨Serial⟩ rafa hat sich vorgenommen, die neue maxi so schnell wie möglich rauszubringen und hat daher keine zeit zum chatten
⟨Xoxo⟩ bye all
*** Xoxo left the IRC network (:Quit: Leaving).
⟨Mandy⟩ das wäre die einzig akzeptable entschuldigung
⟨sara-h⟩ warum meldet rafa sich dann für den chat an?
⟨Scream⟩ er muss sich nicht entschuldigen, aber nett ist das auch nicht :)
⟨Serial⟩ es gäbe noch ne möglichkeit, aber wenn ich die hier schreibe und der rafa liest das doch irgendwann, haut er mich bestimmt ;)
⟨sara-h⟩ sach ma!!!
⟨Serial⟩ naja, es gibt ja auch die möglichkeit, über spezielle software mit dem commodore 64 ins netz zu gehen
⟨sara-h⟩ und??
⟨Mandy⟩ und dann?
⟨Serial⟩ vielleicht hat er das probiert, und bis man damit drin ist, das dauert so seine zeit ...
⟨Serial⟩ weil ehrlich gesagt die kiste dafür gar nicht geeignet ist
⟨sara-h⟩ und warum versucht ers dann damit?
⟨Serial⟩ weil es der rafa ist
⟨Mandy⟩ ach so?
⟨Serial⟩ der ist doch der absolute commodore 64 freak
⟨sara-h⟩ und warum mit dem c64?
⟨Scream⟩ weil der 64 stabil laeuft ;)
⟨Serial⟩ weil rafa eben ein c64 freak ist
⟨Serial⟩ und wie
⟨Serial⟩ theoretisch könnte der rafa sich sogar direkt mit dem c64 auf den chatserver einloggen
⟨Serial⟩ das geht und auch recht schnell
⟨Serial⟩ nur wenn er es über den link auf der webseite mit dem c64 versucht, dann kann er lange warten
⟨Mandy⟩ wieso?
⟨Serial⟩ weil der chat java braucht
⟨Mandy⟩ stimmt
⟨Serial⟩ und das kann die kiste mit ihren 64 KB speicher nicht
⟨Scream⟩ hihi
⟨Mandy⟩ deswegen konnte ich ja zuerst auch nicht chatten
⟨Scream⟩ das wird er ja wohl wissen
⟨Serial⟩ aber wie gesagt, das geht auch ohne java, wenn man sich direkt einloggt
⟨Mandy⟩ so kann das aber keiner, der computerlaie ist, so wie ich :)


Serial beschrieb mehrere Möglichkeiten, sich ohne Java direkt in den Chat einzuloggen. Dann kam Scream wieder auf Rafas Unzuverlässigkeit zu sprechen:

⟨Scream⟩ ihr koennt schon mal ins forum schreiben, dass honey seine hoererschaft heute enttaeuscht hat :)
⟨sara-h⟩ und auch am 24.12. nicht da war
⟨Mandy⟩ kannste ja auch selber


Mandy verabschiedete sich, weil sie zu Bett gehen wollte.

⟨Serial⟩ und falls der rafa noch kommt, dann soll er sich morgen sofort beim serial im büro melden :-)))))
⟨Serial⟩ so gehts ja net :-)))))
⟨sara-h⟩ mal sehen, wie er sich rausredet
⟨Serial⟩ wenn er sich mit schnee auf der antenne rausredet, hat er pech ...
⟨Serial⟩ da hats heute nämlich net geschneit
⟨Serial⟩ CU ALL!
*** Lunatic joined the channel.
⟨sara-h⟩ außerdem, wenn er krank wäre, hätte er den chat im forum absagen können
⟨sara-h⟩ cu
⟨Serial⟩ vielleicht hat er wem gesagt, er soll das erledigen, und derjenige hats dann vergessen
⟨sara-h⟩ glaub ich nicht
⟨sara-h⟩ kann er nämlich selber
⟨Serial⟩ vielleicht ist wirklich der pc verreckt, das haben die kisten manchmal so an sich
⟨Lunatic⟩ frage: das funkhaus ist schon wieder raus, oder?
⟨sara-h⟩ war gar nicht da
⟨Scream⟩ war gar nicht da
⟨Serial⟩ funkhaus war gar net da heute
⟨Lunatic⟩ aha, danke
⟨Scream⟩ lol
⟨Serial⟩ so bis denne, ich werde morgen mal was dazu im forum posten.
⟨Serial⟩ c u
*** Serial left the IRC network (:Quit: yo).
⟨sara-h⟩ bye, bin gespannt!!!
*** Cydat[weg] is now known as Cydat.
⟨Cydat⟩ wollte nicht wer heute da sein?
⟨Scream⟩ hallo!
⟨Cydat⟩ tach die runde
⟨Scream⟩ nein, 'er' wollte anscheinend nicht
⟨Scream⟩ :)
⟨Cydat⟩ konnte wohl eher nicht
⟨Cydat⟩ bad hangover
⟨Scream⟩ und? neuer bahnrekord? :)
⟨Cydat⟩ naja ... für die Bahn wars heute ein neuer rekord ...
⟨Cydat⟩ wir haben 8x den techniker holen müssen
⟨Scream⟩ :D
⟨Cydat⟩ und wir haben dieses mal mit hauskugeln spielen müssen
⟨Scream⟩ ach, ihr habt eure eigenen?!
⟨Scream⟩ wie teuer ist so 'ne kugel denn?
⟨Cydat⟩ eine niegelnagelneue kugel kam nachm zweiten wurf mit ner fiesen schramme zurück
* Cydat hat damals für schuhe, kugel und tasche 250 DM bezahlt
⟨Scream⟩ das hoert sich ja fair an
⟨Cydat⟩ wars auch
⟨Cydat⟩ war ein angebot
⟨Cydat⟩ aber du kannst für ne kugel so um die 100 - 250 Euro rechnen
⟨Scream⟩ hmm
⟨Scream⟩ ich mach auch so langsam die aeuglein zu, tschoe
⟨Cydat⟩ nacht Scream
⟨Cydat⟩ schlafen sie gut
⟨Cydat⟩ und angenehme träume
⟨Cydat⟩ von klausuren? *G*
⟨Scream⟩ hmmm
⟨Scream⟩ ich danke ihnen :-/
⟨sara-h⟩ bye
⟨Scream⟩ pruefungen sind ende des monats
⟨Cydat⟩ ja ... bei uns eine anfang februar
⟨Cydat⟩ der rest ende des sommersemesters
*** Lunatic left the IRC network (:Quit: Leaving).
*** Icon joined the channel.
⟨Cydat⟩ ich glaub mittlerweile, er kommt nich mehr ...
⟨Cydat⟩ leider ;)
⟨Cydat⟩ also ... ich wünsch ne gute nacht
*** Cydat is now known as Cydat[weg].
⟨Icon⟩ n8 Cy
⟨Cydat[weg]⟩ n8 Icon :)
⟨sara-h⟩ goodnight
⟨Cydat[weg]⟩ :)
⟨Cydat[weg]⟩ danke


Im Internet gibt es Bilder von der Party "Out of Orderia" zu sehen, wo Rafa in ein Spiel versunken am Computer sitzt. Berenice sitzt neben ihm und wirkt ebenso müde wie gelangweilt.
Am Montagabend war ich mit Cyra in WOB. Wir aßen in einem Bistro gefüllte Champignons und tranken Milchkaffee. Wir sind dort schon einmal gewesen. Die verputzte Fassade aus den Dreißiger Jahren ist mit einem Glasflur umbaut, in dem man schön sitzen kann. Cyra erzählte, wie sie mit Maurice zusammengekommen ist. Sie kennt ihn schon seit etwa vier Jahren. Sie traf ihn ab und zu im "Restricted Area" oder im "XXL", wo er bei Depeche Mode Parties auflegt. Als sie vor zwei bis drei Wochen wieder im "XXL" war, wurde sie gebeten:
"Guck' mal, der Maurice, der ist so einsam, der braucht eine Frau. Kannst du den nicht mal verkuppeln?"
Cyra machte sich ans Werk und unterhielt sich lange mit Maurice. Danach entschied sie:
"Nein, den verkuppele ich nicht. Den behalte ich selber."
Sie lud ihn zu sich ein, und schon bald kam man sich näher und schließlich zusammen. Cyra konnte feststellen, daß Maurice keineswegs an ihr klammert und auch nicht von ihr verlangt, sich in seiner Nähe aufzuhalten, wenn man gemeinsam ausgeht.
"Er braucht mich nicht für sein Ego", freute sie sich. "Er ist selbständig. Da macht es mir auch mal Spaß, in der Disco mit ihm zu kuscheln, was ich mit meinen Freunden sonst so gut wie gar nicht gemacht habe - eben weil die mich da unter Druck gesetzt haben. Und Maurice setzt mich überhaupt nicht unter Druck, im Gegenteil! Er hat vorm Weggehen zu mir gesagt, es kann sein, daß ich dich mal alleine lasse! Und dann hat er mich wirklich alleine stehenlassen! Gut, ich kannte dann auch wieder viele Leute, aber erstmal war das echt eine ganz ungewohnte Erfahrung, da habe ich endlich mal erlebt, wie das ist, wenn man stehengelassen wird ... huch, so ist das also ..."
Auch sonst gefällt ihr Maurice:
"Er ist Akademiker! Er hat studiert! Er ist bei VW in BS. als Angestellter."
Über Hal erzählte Cyra, daß er sich immer noch sehr viel Streß macht. Das hat er ihr am Telefon geschildert, hat aber auch berichtet, daß er sich eine Pause gegönnt hat, indem er zu seiner Familie nach Irland gefahren ist.
"Und jetzt putze ich Fenster", kündigte er schließlich an.
Cyra wollte wissen, was der Chat mit Rafa ergeben hat, und ich erzählte ihr, wie er seine selbst angekündigten Chats schwänzt.
Am Dienstag traf ich Cyra wieder, beim Konzert von Icon of Coil und Assemblage 23 in der "Neuen Sachlichkeit". Cyra sagte, sie müsse sich eigentlich schonen wegen ihres kaputten Arms, aber:
"Das halte ich nicht aus, nichts zu tun!"
"Dann dient es doch deiner Genesung, jetzt hierher zu kommen", meinte ich. "Das ist doch positiver Streß."
In der "Neuen Sachlichkeit" lernte ich Tom "Taidi" Taidhoff kennen, einen Freund von Revil, den es von Usedom nach H. verschlagen hat, weil dort draußen auf Usedom kein Geld zu verdienen ist. Taidi pflegt Bahngleise und macht eine Ausbildung zum Lokomotivführer. Er will mit mir ins "Zone" gehen, weil er lange nicht mehr dort war und weil er Les wiedersehen will.
Serial hat die angekündigte Strafpredigt für Rafa in dessen Forum geschrieben, mit der Überschrift "Das Gespräch am Puls der Zeit", wie Rafa seinen Chatroom nennt:

Nun ja, am letzten Sonntag zur gewohnten Zeit fand zwar im Chat ein Gespräch statt, ob sich dieses jedoch am Puls der Zeit bewegte, mag jedem der dort anwesenden Gesprächsteilnehmer selbst überlassen sein ... Auf jeden Fall weit entfernt vom Puls der Zeit war an diesem beschaulichen Abend zum allgemeinen Bedauern das Funkhaus; ob dieses nun tatsächlich - wie von einem der Teilnehmer vermutet - vom Schnee überrascht und so von der Außenwelt abgetrennt wurde, sich die Grippewelle auf das Funkhaus ausgebreitet hat (in diesem Fall die besten Genesungswünsche an dieser Stelle!) oder schlichtweg die Wunderwelt der Technik versagte, kann hier nur vermutet werden.
Trotzdem war es ein harmonischer und stellenweise amüsanter Chatabend in entspannter Atmosphäre, an dem man u. a. erfuhr, wie Serial damals in BI. nach einem W.E-Konzert vom Türsteher vor eben diese gesetzt wurde, dass im Monat Dezembruar Großartiges zu erwarten sein wird und noch einige kleine Anekdoten, die das Chatterleben lebenswert erscheinen lassen ;).
Sicher hätte auch das Funkhaus Gefallen an diesem netten Plauderstündchen gefunden, doch wie heisst es so schön: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben :).


Unter "behind your eyes" schrieb ich dazu:

Jedenfalls bin ich gespannt, was uns im Dezembruar erwartet.


Am Mittwoch war ich mit Taidi im "Zone". Dort traf ich Terence und Corin. Corin geht gern zu den Schranz-Parties ins "Exil", wo sehr harter Techno gespielt wird. Ich erzählte ihm, daß ich da auch gerne hinwill, es aber bisher noch nicht geschafft habe. Mich schrecken außerdem die kleinen Tanzflächen im "Exil". Wenn dort viel los ist, kann man kaum tanzen.
Kappa veranstaltet im "Exil" schon seit Langem keine Parties mehr; die Location wird nur noch für Techno-Parties und Artverwandtes genutzt.
Im "Zone" traf ich auch Norman, der mich mit einer stürmischen Umarmung begrüßte. Er war mit dem phantasievoll in Neonfarben gestylten Jeremy und dessen Freundin Scilla im "Zone". Scilla trägt kunstvolle Frisuren mit trendigen "Extensions", eingearbeiteten unechten Haaren in lebhaften Farben. Blau mag Scilla besonders.
Taidi bat mich, am DJ-Pult die von ihm mitgebrachten Haribo-Goldbären-Minitütchen auszulegen. Ich gab auch welche an Norman, Scilla und Jeremy weiter, und Scilla zauberte aus ihrem Handtäschchen ein ganzes Sortiment verschiedener Haribo-Minitütchen hervor und verteilte sie.
Les spielte ein Stück von Rafa. Scilla kann Rafas Musik nicht leiden und will ihn deshalb nie auf der Bühne sehen.
"Ich hasse die Band", sagte sie. "Ich hasse die Musik."
Taidi scheint sich schnell Freunde zu machen. Er kam rasch mit Terence und Corin ins Gepräch und ebenso mit Norman und Jeremy. Die Menschen begegnen ihm überwiegend herzlich und respektvoll.
Morgens, als Les seine CD-Koffer ins Auto lud, fragte er Taidi und mich:
"Geht ihr noch zum Schotten?"
Das ist seine Bezeichnung für "McGlutamat". Wir wollten gern noch frühstücken und setzten uns bei "McGlutamat" gemütlich zum Essen. Les unterhielt sich angeregt mit Taidi; er freute sich sehr, ihm nach langer Zeit wieder begegnet zu sein.
Einmal sah Les zu einem Tisch an der Fensterwand hinüber und erzählte:
"Hier vorne hat sich Rafa mal fast mit so ein paar Besoffenen geprügelt. Am 19.12., nach dem Festival im "Zone", habe ich Rafa doch in der 'Spieluhr' getroffen ..."
"Die 'Spieluhr'?" wurde ich hellhörig, hatte ich doch in Rafas Gästebuch mehrfach von einer "Spieluhr" reden hören, ohne mir vorstellen zu können, worum es sich handelte.
"Das ist eine Discothek in MI.", erklärte mir Les. "Da finden unregelmäßig Electro-Parties statt. Und so eine war auch am 19.12., und da habe ich Rafa getroffen. Ich habe ihm gesagt, komm' doch am 25.12. ins "Zone". Und er war dann da."
"Oh ... ausgerechnet da hätte ich auf keinen Fall hingekonnt!" seufzte ich. "Erstens hatte ich Nachtdienst, und zweitens, selbst wenn ich Zeit gehabt hätte, es war so glatt, daß ich sowieso nicht hätte fahren können. Und der Rafa ist trotz der Glätte da hingekommen ...?"
"Ja, die haben es doch nicht weit."
"War er mit seiner Tussi da?"
"Nein, mit so einem Typen, kennst du den? Ein Großer, geschminkt, so mit schwarzen Haaren ..."
"Kann ich mir jetzt nichts drunter vorstellen ..."
"Jedenfalls, nach dem 'Zone' war Rafa auch noch hier beim Schotten, und da gab es irgendwann Streit zwischen ihm und seinem Kumpel und so einer Gruppe Besoffener. Die hätten sich fast geprügelt ... war echt nahe daran ... hat sich dann aber wieder beruhigt ..."
"Wie kommst du eigentlich hierher, wenn es glatt ist?" erkundigte sich Taidi.
"Mit dem Jeep", erzählte Les. "Habe ich mir einen ausgeliehen. Früher sind wir sogar mit dem Trecker zur Disco gefahren, da war ich siebzehn."
Im Nachhinein vermute ich, daß Rafa am ersten Weihnachtstag mit Darius im "Zone" gewesen ist, den ich dort schon öfters getroffen habe. Die Beschreibung, die Les gegeben hat, paßt auf ihn.
Jene Sulamith, die zum Jahresende schwärmerisch in Rafas Online-Gästebuch geschrieben hat, könnte Rafa am ersten Weihnachtstag im "Zone" getroffen haben.
Norman hat seine Erlebnisse im "Zone" Mitte Januar in einem Geschichtchen verewigt, das er mir per E-Mail zukommen ließ:

Alles schon gesehen!?
K2 machte sich auf die Reise. Im Auto las er sich noch einmal die Wegbeschreibung durch, die ihn zum Etappenziel HADL bringen sollte, um dort sein nächtliches Lager bei LUTHER und HILDEGARD aufzuschlagen. Denn diesmal wollten sie gemeinsam die Düsterdiscothek TRITT aufsuchen. Aufgrund der nicht unerheblichen Entfernung zu seiner heimatlichen Schlafstätte und dem verlockenden Angebot ungezügelten Alkoholkonsums nahm K2 nach zweimaliger Überlegung an. Es ging auf dem Weg zu ihnen wie beschrieben tatsächlich an diversen kulinarischen Prachttempeln wie Bürgerkrieg, KSF und natürlich McGlutamat vorbei. Einen Moment zögerte er. War das schon die erwähnte 8. Ampel? K2 hatte nur 7 gezählt, bog aber dennoch an der Kreuzung ab, als er das ersehnte Strassenschild sah, wo die beiden ihre Wohnräume hatten. Drinnen liefen bereits die letzten Vorbereitungen, und die abschliessenden Korrekturen am exzessiven äusseren Erscheinungsbild wurden vorgenommen, während K2 die Wohnung inspizierte. Dann ging es los.
Die Hinfahrt zum TRITT verlief überraschend angenehm. Als die drei schliesslich die Location betraten, war es noch recht leer, doch mit der Zeit erfüllten sich die Räumlichkeiten mit Leben. Für gewöhnlich hatten sie schon jeden für möglich geglaubten Trend dieser Szene miterlebt und liessen sich durch nichts mehr beeindrucken. Hatte man doch Szeneanhänger mit schweren Ritterrüstungen, langen fernöstlichen Gewändern oder Baumarktkettenträger im Batmankostüm für die Spitze des Möglichen gehalten. Sollte man meinen, doch was lief dort auf der Tanzfläche umher? Eine weibliche Person mit roten Haaren tanzte und hielt etwas seltsames in den Händen. K2 konnte sich noch so die Augen reiben und versuchte, das Objekt durch die Dunkelheit und das aufblitzende Licht zu definieren, welches die Frau fuchtelnd vor sich her schwang! - bis ihm LUTHER in ruhiger Tonlage mitteilte: Sie hat einen Oberschenkelknochen in der Hand! Einen ...? Einige Lieder später legte besagte Person lässig das Material auf einen Bartisch und brachte einen neuen Gegenstand hervor. Eine blau leuchtende Kugel! Zugegeben nicht so makaber und weitaus weniger bedrohlich, jedoch mit dem gleichen Enthusiasmus legte sie erneut skurril magische Tänze aufs Parkett! K2, LUTHER und HILDEGARD stellten Vergleiche zur Bodengymnastik auf und erwarteten, demnächst anstelle eines Bondagierseils eine Peitsche zu sehen, doch es sollten keinerlei kuriose Utensilien mehr zum Vorschein kommen.
Die Musik bot eine breite Mischung von guter Qualität, welche das Publikum im TRITT zu beinahe zwanghaften Selbstinszenierungszwecken nutzte. Die Körper führten die unglaublichsten Verrenkungen aus. Gleichwohl es schwierig genug sein dürfte, dabei nicht das Gleichgewicht zu verlieren, schafften es einige trotzdem noch, dass die Frisuren nach einer gedrehten Pirouette perfekt gestylt lagen.
Auf der Rückfahrt kamen die drei in eine Polizeikontrolle. HILDEGARD vermutete zunächst, dass sie zu schnell in der Ortschaft gefahren sei, doch der (vom Anblick der drei?) leicht impulsive Polizist ordnete lediglich an, von jedem den Ausweis zu kontrollieren. LUTHER deutete dies als eindeutigen Angriff auf seine Privatsphäre und konterte schlagfertig mit den Worten:
"Stehen wir in Verdacht, einen terroristischen Anschlag zu planen?!"
Die preisgegebene Mimik hierbei hätte mehrere Raubtiere in die Flucht geschlagen, wäre sie nicht im Verborgenen geblieben! Der Beamte betrachtete die drei daraufhin durch seine Taschenlampe zunehmend argwöhnisch und überprüfte schliesslich die Personalien. K2 wurde mulmig zumute und hoffte inständig, dass LUTHER sich alsbald wieder beruhigte. Auch HILDEGARD bat LUTHER aufdringlichst um Nachsicht und Zurückhaltung! Nach einer Nacht in einer vorörtlichen Polizeidienststelle bestand für beide kein unbedingter Drang! Unsere Ausweise hatten glücklicherweise allesamt Gültigkeit, und so ging es gen Heimat, es regnete nur ...


Norman nimmt in dieser Geschichte Bezug auf eine Gestalt, die schon seit fast zwei Jahren im "Zone" zu beobachten ist. Ich schilderte ihm meine Erlebnisse in einer E-Mail:

Also hast du sie auch in "Zone" gesehen, die "Wunderkugel". Sie treibt sich dort seit über einem Jahr regelmäßig herum, hat immer irgendwelche Freunde bei sich und vollführt auf der Tanzfläche seltsame gymnastische Übungen, wobei sie anscheinend nicht bemerkt, wann sie die Distanzgrenzen der anderen Gäste überschreitet. Sie bewegt sich meistens "quer durch den Garten", immer entgegen dem Rhythmus der Musik und niemals passend zu dieser. Sie hat ein deutlich vorgealtertes Gesicht und eine schlecht sitzende braune Dauerwelle, die Beine sind kurz, und sie trägt meistens unvorteilhafte "a...freie" Bodies, kombiniert mit Pumps, was die ungünstigen Proportionen noch verschlimmert. Die Haut sieht aus wie die einer Pathologie-Leiche, was in mir erheblichen Ekel hervorruft - und zu dem von dir beschriebenen Oberschenkelknochen paßt. Den habe ich noch nicht gesehen, aber ich habe sie schon mit der blau leuchtenden "Wunderkugel" hantieren sehen, und eine Bekannte - Claire - hat einmal auch gesehen, daß sie einen schwarzen Vibrator mit auf die Tanzfläche nahm. Die Frage, die mich in diesem Zusammenhang am meisten beschäftigt, ist die nach der psychiatrischen Diagnose.


Die seltsame Gestalt mit der "Wunderkugel" habe ich einmal auch mit einem Spielzeug auf der Tanzfläche gesehen, einem Sockel, auf dem sich an einem Stab silberne Ringe und Kugeln drehten, von Batterien angetrieben.
"Wer verhält sich so?" fragte ich mich.
Giselle und der Sockenschuß fielen mir ein, die sich ähnlich bizarr verhalten haben. Beide sind an einer schizophrenen Psychose erkrankt.
Einmal wollte der Sockenschuß Steve Strange nachahmen, den Sänger der Band Visage. Auf einem Foto posierte Steve Strange mit einem weißen Stöckchen, das er mit ausgestrecktem Arm auf den Boden stemmte, und dazu blickte er geheimnisvoll von unten nach oben. Also nahm der Sockenschuß ein Stöckchen aus dem Baumarkt, malte es weiß an und nagelte oben mit einer Reißzwecke ein ebensolches weißes Tüllstreifchen fest, wie Steve es auch an seinem Stöckchen trug. Dann stellte er sich im "Base" vor den großen Spiegel, wo jeder ihn sehen konnte, und stemmte das Stöckchen in derselben Pose auf den Boden, die auch Steve Strange auf dem Foto einnahm, und guckte dazu mit geheimnisvollem Blick ins Leere. Der Sockenschuß ahmte diese Pose sklavisch nach, ohne dafür einen passenden Kontext herzustellen. Die Pose wirkte unzusammenhängend und unpassend. Letztlich war dieses Verhalten, das nicht in soziale Zusammenhänge hineinpaßte, ein Zeichen der sich entwickelnden Schizophrenie. Freilich beginnt diese Erkankung oft mit Symptomen, die man nicht sicher auf sie zurückführen kann, so daß auch über die seltsame Gestalt im "Zone" keine sichere Aussage möglich ist. Vielleicht ist sie wirklich nur seltsam.
Ein Fan schrieb in Rafas Online-Gästebuch:

Sind die C64-Lieder von euch am C64 entstanden oder mit einem Synthesizer auf einem modernen PC nachgemacht / generiert?


Darauf antwortete Rafa als "w.e / Funkhaus":

Sehr verehrter Wissensbegieriger, wir sind absolute C64-Fanatiker. Natürlich sind alle 64er-Stücke direkt aus einem einzigen Commodore 64 ... Was für eine Frage?


Es fällt Rafa leicht, auf Sachthemen einzugehen. Bei technischen Problemen hilft er gern und ist sehr zuvorkommend. Themen wie der C64 oder der Weltuntergang liegen weit weg von den Vorgängen in seinem Inneren. Er muß nicht über sich selbst nachdenken, wenn er sich mit technischen Fragestellungen befaßt.
Auf seiner Homepage erzählt Rafa in seiner Rubrik über den C64 ausführlich und - wie ich finde - liebevoll, wie er seinen ersten C64 im Jahre 1984 zu Weihnachten geschenkt bekam:

Der Commodore C64 erzählt

Ja, genau ...
... gerade frisch vom Fließband und jetzt schon mit 60 von meinen Freunden hier in der Lagerhalle der Firma COMMODORE in F. a. M. auf einer Palette im Styroporkarton und in durchsichtiger Folie verschweißt ... Da kommt auch schon ein Mensch mit einem Gabelstapler und verfrachtet uns auf einen LKW der Speditionsfirma. Die Ladeklappen schließen sich und es ist zappenduster.
Oh! Entschuldigung! Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist C64, COMMODORE C64. SER.NO.WG A358916; Brotkastengehäuse in Beige, graue F-Tasten und Made in W. Germany natürlich.
Tja, so war das damals. Ich bin also auf diesem LKW und die Zeit verfährt. Gerade als ich mich an die plus/4 auf der Nachbarpalette ranschmeißen will, ist die Fahrt auch schon zu Ende. Ich schaue zwischen meinem Styroporkarton hindurch und sehe die Laderampe eines Supermarktes in SHG. bei H. Es ist der 23. November 1984, kalte Herbstluft erfüllt den Laderaum des LKW's, als 2 Menschen die Türen öffnen und 9 C64'er mitsamt mir aus der Palette holen und in das Kaufhaus karren.
"Tschau plus/4, wird wohl nichts mehr aus uns ..."
Schon geht das Generve los. Jeder will natürlich Ausstellungsstück werden und nicht auf unbestimmte Zeit in einem stinkenden Lager zubringen. Als ob man daran etwas ändern könnte. Aber wie es immer so ist, wenn sich 9 streiten, freut sich der 10te. Denn schon reißt so'n Verkäufertyp meine Verpackung auf und grinst mich doof an. Der hat wohl auch noch nie einen vernünftigen Rechner gesehen. Ich werde auf einem Tisch drapiert, an einem Grünmonitor angeschlossen und mein Netzteil wird mit 220 Volt gespeist. Das lass ich mir schon gefallen. Sogar ein QUICKSHOT 1 wird an meinen Joystickport 1 gesteckt. Damit kann ich leben!
Gerade als ich mich über die Umstände meiner Existenz freuen will, fingert der Verkäufer mit seinen Drecksgriffeln auf meiner niegelnagelneuen Tastatur rum ...

10 PRINT"HALLO!";
20 GOTO 10

Super! Als ob ich nicht mehr können würde. Aber komplexeres BASIC is' wohl bei dem nicht drin. Nachdem ich ihn eben mit einem freundlichen "READY." begrüßt hatte, tu' ich ihm auch noch diesen Gefallen. Bevor ich noch als defekt nach F. zurück geschickt werde. Also ...

HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO!
HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO!
HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO! HALLO HALLO! HALLO! HALLO! HALLO!
HALLO! ...

Nachdem ich so das ganze Kaufhaus mit dessen Besuchern und Angestellten und ganz SHG. mit seinen umliegenden Dörfern mit einem herzallerliebsten "HALLO!" begrüßt hatte und der Verkäufer sich ein zweites A...loch freute, bemerkte er zum Glück, daß auch eine RUN/STOP-Taste in meiner Tastatur implementiert ist und beendete so mein erstes BASIC-Programm. Links neben mir stand noch ein VC=20. Der erste Homecomputer der Welt vielleicht. Aber die Revolution frißt ihre Kinder. Ein guter Freund von mir, leider habe ich nie wieder etwas von ihm gehört. Rechts, etwas weiter hinten, war sogar mein Großvater plaziert. Ein COMMODORE PET (Personal Electronic Transactor)!
Tja ... Nun bin ich der Großvater. Jeden Morgen um Punkt 9.00 Uhr öffneten sich die Pforten des Kaufhauses, und schon spritzten Horden von gierigen pickligen Teenagern in die Computerabteilung. Ihr Ziel lag natürlich klar auf der Hand und manifestierte sich in mir - dem COMMODORE C64. Da wurde dann auch gleich der Joystick aus dem VC=20 gerissen, in meinen Port 2 gepluggt, und die Kids prügelten sich halbtot, um eine Runde "WIZARD OF WOR" zu spielen, welches man als Steckmodul in meinen Expansionport gesteckt hatte. Das ist heutzutage unvorstellbar. Da schwänzen die Blagen die Schule und haben nichts Wichtigeres zu tun, als auf mir zu spielen oder zu programmieren. Einer von ihnen stand immer mit glänzenden Augen bis zur letzten Sekunde vor Ladenschluß vor mir. Er war es auch, der so lange den total genervten Verkäufer zutextete, bis eine Datasette und eine Floppy 1541 an mich angeschlossen wurden. So war ich nun der absolute Publikumsmagnet, und die Eltern mußten ihre schreienden und jaulenden Kinder schon förmlich von mir wegreißen, um ihren Samstagnachmittagseinkauf zu beenden.
Die Zeit verging, und mit ihr sollte mein entscheidender Tag immer näher rücken. Denn das Weihnachtsfest stand vor der Tür. Jetzt war hier die Hölle los, und neben ATARI 2600 Spielkonsolen, Monchichi's und Drei-Fragezeichen-Kassetten sollte der COMMODORE C64 nun zu Weihnachten 1984 das ultimative Geschenk total genervter Eltern an ihre lechzenden angehenden Computerhacker werden. Da kam dann auch schon eine Mutter auf mich zu und beäugte mich mich fragendem Blick von allen Seiten. Als sie dann planlos, aber mit Gefühl auf meiner Tastatur rumdrückte, konnte ich ihr leider nur ein "?SYNTAX ERROR" entgegenbringen. Aber sie hatte wohl Gefallen an mir gefunden und wußte, daß sie mit mir ihren Sohn zweifellos begeistern konnte. Da gab es aber erstmal ein Problem. Denn vor mir prangte ein Schild, auf dem in großen Druckbuchstaben mein Preis mit 389,- DM als spottbillig ausgezeichnet war, aber für eine Frau, die in mir in erster Linie ein Stück Plastik mit Knöpfen sah, nicht unbedingt als billig zu bezeichnen ist. Doch da kam auch schon der Verkäufer um die Ecke und wurde mir prompt noch sympathisch.
"Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?"
Auch wenn er nicht viel Ahnung von mir und meinen Fähigkeiten hatte, so wußte er doch, wie man einen Homecomputer an die Mutter bringen konnte.
"... natürlich kann Ihr Sohn damit auch seine Hausaufgaben machen, und es gibt viele Lernprogramme für diesen Rechner ..."
Damit hatte er sie. Das ganze anfängliche Geschwafel über 64 KB RAM, PEEK's und POKE's, BIT's und BYTE's und so weiter war somit hinfällig geworden. Eine halbe Stunde später fuhr ich auch schon mitsamt Grünmonitor, Datasette, einem Joystick und zwei Kassettenspielen von EUROPA für 9,90 DM verpackt in buntem Geschenkpapier in mein zukünftiges Zuhause.
Heiligabend war angebrochen, und nachdem ich von selbstgesungenen Weihnachtsliedern nicht verschont wurde, lag ich gespannt unter dem Christbaum. Hastig schälte mich ein 13-jähriger Junge nervös und voller Vorfreude aus meiner Verpackung und sah mich mit funkelnden Augen an. Das war er also ... der, dem ich ab heute sein Leben verändern sollte. Die weiteren Geschenke wurden schon gar nicht mehr wahrgenommen. Ich fühlte mich wahnsinnig wichtig und wußte, daß ich hier ein schönen Leben haben würde.
Und ich hatte es! Und man sollte es kaum glauben ... ich habe es immer noch! Denn heute, über 16 Jahre später, stehe ich hier im Studio der Elektronikmusikband "W.E", bei der ich sogar als drittes Bandmitglied arbeite. Seit fast 10 Jahren laufe ich im Dauerbetrieb zusammen mit einer SuperCPU mit 16 MB RAM, einer 2 MB REU, einem 3.5" Laufwerk Marke FD-2000, einer Smart-Maus, 1541-II, 1571, 1581, einem MIDI-Interface, einem Tintenstrahldrucker ...
Denn nach einem anfänglichen Standard-Dasein eines COMMODORE C64, nach Millionen von Spielstunden und Tausenden von Programmierabenden werde ich hier immer noch gebraucht. Und in meinem Handbuch steht nicht umsonst, daß ich ein "freundlicher" Computer bin. Wer hätte auch ahnen können, daß 1990 der Herr Anwar, nachdem er meine Floppy ausgeliehen hatte, eine Diskette mit dem legendären Musikeditor "SOUNDMONITOR" von C. Hülsbeck in mir vergessen sollte. Denn damit fing meine Karriere als Popstar an. Ich komponierte meine ersten Lieder komplett mit meinem SID, ein erstes Tape unter dem Namen "HONIGMOND" wurde 1991 veröffentlicht. Dank meines MIDI-Interfaces sequenzierte ich andere analoge Synthesizer. Ein Plattenvertrag ließ nicht lange auf sich warten. Unter dem Namen W.E kam die Sache so richtig ins Laufen. Und sie läuft! Konzerte mit meiner Band in ganz Deutschland, in Österreich, Belgien, Schweden ... Stücke wie "Monoton und Minimal" oder "23" füllen die Tanzflächen in Independent-Clubs. Das Album "Der Sinn des Lebens" auf Platz 1 der Deutschen Alternative Charts. Bislang über 10 CD-Veröffentlichungen. In Österreich erscheint 1999 sogar ein Stück von mir noch auf Vinyl-Schallplatte. Ich schreibe Texte mit einem Random-Texteditorprogamm, erledige den gesamtem Schreibkram für meine Band ...
Und wenn hier im Studio mal etwas Zeit für ein kleines Spielchen ist ... wird hin und wieder noch mal das gute, alte "WIZARD OF WOR" in mich geladen und bis zur Vergasung gespielt.
So, mein lieber Zuhörer, ich hoffe, meine kleine Geschichte hat Sie nicht gelangweilt. Aber was ist eigentlich mit Ihnen?
Wenn ich manche Menschen heute höre, dreht sich mir der VIC um.
"Jaaa! Das waren noch Zeiten mit dem COMMODORE C64. Wir haben SUMMER GAMES von EPYX gespielt und eigene Programme und ein bißchen Musik gemacht ..."
Was soll denn das heißen? Ihr habt mich ja alle fast vergessen und für 20,- DM auf dem Flohmarkt verkauft, nachdem ich jahrelang bei euch auf dem Dachboden rumgeschimmelt bin. Und auf die 20,- DM habt ihr noch 2000,- DM drauflegen müssen, um euch einen PC zu kaufen. Und was macht ihr heute mit euren Rechnern? Internetz ... klar! Drucken ...? Kann ich auch! Spielen? Kein Problem, ein Spiele-Pool von ca. 100.000 Spielen steht bereit. Computer-Musik machen? Kann ich besser ... und vor allen Dingen leichter! Was ist eigentlich mit Ihren eigenen kleinen Programmierungen geworden? Lassen Sie sich nicht von Werbung und Wirtschaft ins Bockshorn jagen. Ich bin das Medium, durch das Sie Visionen wahr werden lassen können. Ich bin der Raum, in dem Sie Ihre Ideen umsetzen. Der so klein ist, daß Sie ihn auf Anhieb überschauen können, aber in dem es ein Leichtes ist, über seine Grenzen hinauszukommen. Und hinter dieser Grenze tut sich mit mir eine Welt auf, in der für Sie alles möglich ist. Seien Sie kein Narr, nehmen Sie meine Serienproduktion wieder auf! Ich werde immer für Sie rechnen, wenn Sie mit mir rechnen. Nur Sie Mensch und ich Computer können diese Welt retten.
COMMODORE C64 / SER.NO.WG A358916


Daß gerade an jenem Heiligabend, als Rafa den C64 geschenkt bekam, sein Vater beerdigt worden war, wird in der Geschichte nicht erwähnt.
Rafa beschreibt in der "C64"-Rubrik Spiele für den C64, und es gibt ein Comic anzuschauen, das Rafa gezeichnet hat und in dem er als "HONK" auftritt, ein schwarzgekleideter Jugendlicher mit hochgestellten Haaren. Das Comic heißt "Wichtige Ereignisse" und handelt von einem Lehrer, der zu seinen halbwüchsigen Schülern sagt:
"Ich habe eure tabellarischen Lebensläufe durchgesehen und alle sind auch ganz gut ... bis auf ... HONK! Meinst du wirklich, daß es deinen Arbeitsgeber interessiert, wann du deinen ersten C64, deine erste 1541 und deine erste SCPU bekommen hast?"
Rafas Schulzeit wurde nach dem Tod seines Vaters schwierig, und wahrscheinlich war damals der Computer seine wichtigste seelische Stütze, sofern man das von einer Maschine sagen kann. Ich vermute, daß Rafa, vor die Wahl gestellt, eher seinen C64 behalten würde als die Freundin, die er zu der jeweiligen Zeit gerade hat. Seine Freundinnen, welche auch immer, scheinen für ihn stets eine geringere Bedeutung zu haben als sein Computer.
Am Samstag war ich im "Lost Sounds". Es gab ein neues Stück von Morgan und Seraf zu hören, die sich Eo Ipso nennen. Das Stück heißt "Erstschlagspolitik" und ist industriell, rhythmisch und tanzbar.
Talis und Janice waren gemeinsam im "Lost Sounds". Vielleicht hat Janice ihren Kurschatten aufgegeben.
Saverio lebt inzwischen auf dem Lande. Meistens nimmt ihn seine Bekannte Evelyn, die in der Nähe wohnt, mit zu Veranstaltungen und Discotheken.
Über Ivo Fechtner sagte Saverio, das sei ein "Teppichkantentodesspringer"; wenn der eine Teppichkante hinunterspringe, sei es bestimmt aus mit ihm.
Einst hat ein Schnellzeichner, der Menschen grundsätzlich mit übergroßen Köpfen und winzigen Körpern abbildet, auch von Ivo Fechtner eine Karikatur gezeichnet, die Ivo in seinem Zimmer an die Wand hängte. Als ich Saverio von dieser Karikatur erzählte, sagte er:
"Das ist keine Karikatur!"
"Weshalb denn?" fragte ich. "So einen großen Kopf hat Ivo Fechtner doch nicht, dafür ist er um den Leib etwas fett."
"Der hat ein Ablaßventil", erklärte Saverio. "Das ist im Kopf, und wenn man die Luft aus dem Kopf ein Stück abläßt, bewegt sie sich nach unten in den Bauch. So kann er seine Proportionen korrigieren."
Als ich Donar Saverios Vermutung mit dem Ablaßventil mailte, antwortete der:

Das ist ein Rückschlagventil; funktioniert nur in eine Richtung ...


Ich mailte Donar Geschichten von Menschen, die zuviel wiegen:

Kürzlich habe ich im Nachtdienst einen Patienten aus der Psychiatrie in ein Allgemeinkrankenhaus verlegt, der dabei ist, sich zu Tode zu fressen. Er wiegt 177,5 kg bei einer Größe um 1,70 m. Die Rettungssanis mußten einen LKW bestellen, weil die Trage im RTW das Gewicht nicht gehalten hätte. Am Telefon sagte ein Sani:
"Das ist kein zarter Junge! Wir reden hier von Dimensionen!"
Sie mußten das Bett mitnehmen und haben dieses samt dem Patienten über die Hebe-Ladefläche in den LKW gestellt.
Einer der Sanis hat erzählt, in BS. hatten sie mal einen, den mußten sie mit zwei Betten transportieren, weil der aus einem Bett nach rechts und links herausgehangen hätte. Der soll an die 280 kg gewogen haben.
Ein Sani hat einen Schlüsselanhänger, das ist ein Stoffpüppchen, ein Männeken in Zwangsjacke. Wenn man es drückt, ruft es:
"Ich dreh durch! Aaaah! Ich werd waahnsinnig!"
Übrigens soll (in Amerika oder so) mal von der Feuerwehr ein Stück Hauswand samt Fenster herausgebrochen worden sein, um eine übergewichtige Person aus einer Wohnung ins Krankenhaus zu befördern, von draußen, mit einem Kran. Durchs Treppenhaus paßte die Person nicht mehr.
Wie man solche Leute bestattet, wenn sie mal das Zeitliche segnen? Ob man die Grube dann breiter und tiefer anlegen muß? Und mehr Sargträger braucht? Und wenn man sie kremieren will und sie nicht in den Ofen passen? Abgesehen davon, daß der Sarg eh eine Maßanfertigung sein müßte, auch der Verbrennersarg? Würde man sie dann zerteilen und Stück für Stück kremieren?


Donar mailte:

Leerbestattung vornehmen! Die korrekt gefrorenen Kadaver in Hungergebiete liefern!


Ich mailte:

Dazu fällt mir ein, daß viele Bestatter unter die zu verbrennenden Toten Altpapier in den Sarg legen zur Auspolsterung und daß dann die Angestellten des Krematoriums unter den verbrannten Überresten noch Teile von Versandhaus-Katalogen und Telefonbüchern finden.


Donar mailte:

Die legen noch ganz andere nette Sachen mit hinein! Z.B. Hausmüll oder verstorbene Haustiere! Gab immer wieder Fälle, da lagerten die Toten im Winter stromsparend im löchrigen Schuppen gefroren!


Ich mailte:

Übrigens hatten wir mal einen Patienten, der geht sechsmal am Tag zu dem Grab seiner Frau, die seit anderthalb Jahren tot ist. Auch während er (wegen Depressionen) bei uns im Krankenhaus war, beschäftigte er sich intensiv mit der Grabpflege. Auf seinem Nachttisch stand nicht das Bild seiner Frau, sondern ein Foto von ihrem Grab. Er meinte, er hätte gar nicht ins Krankenhaus gehen können, wenn das nicht so nah beim Friedhof wäre.
"Auf dem Friedhof ist es herrlich", meinte er, "aber eigentlich ist es doch seltsam, daß ich so oft hingehe."
Seine besten Freunde sind ein Club von Witwern.


Donar mailte:

Wie in der alten Szene, wo die Liebe zum Tod noch gelebt wurde! Heute jault doch jede Tussi entgeistert auf bei "Kommst mit auf den Friedhof?"


In Kingston hat mich eine Krankenschwester gefragt, ob ich ihr Viagra besorgen könne. Seit ein Pharmareferent einige Probepackungen Viagra ins Krankenhaus mitgebracht habe, dünge sie zu Hause ihre Topfpflanzen damit, und die seien so prächtig gewachsen wie nie zuvor. Ich meinte, Kunstdünger sei billiger und könne vielleicht denselben Zweck erfüllen.
Rafa hat immer noch nicht seinen nächsten Chat angekündigt; ebensowenig hat er auf die Predigt von Serial geantwortet. Hingegen reagierte er im Forum sehr rasch, als er auf sein Feindbild "das Monster" angesprochen wurde, und zwar in einem Zusammenhang, wo das Monster als unspezifisches Feindbild stehengelassen und nicht hinterfragt wurde. Unter dem Thema "unser aller informationsbeschaffung" schrieb ein Fan namens "Dragon":

nun, da haben wir es, das monster lebt und wird immer stärker ... leider!!


Dragon nannte eine URL, die auf eine Homepage führt, wo über eine neue Methode berichtet wird, Informationen aus privaten Computern für Produktmarketing nutzbar zu machen. Diese Technik nennt sich "TCPA" und soll Ausmaße nach Art der "totalen Überwachung" in dem Roman "1984" von Orwell annehmen. Dragon klagte denn auch:

es ist schlimmer, als ich dachte!! langsam die hoffnung verliert!!


Rafa antwortete am selben Abend mit der Überschrift "Erst informieren ... - ... dann handeln!!!" unter "w.e / Funkhaus":

Danke für diesen Link, welcher auf jeden Fall ein neues Thema wert ist.
Wie immer stellen wir die Frage:
WAS IST ZU TUN ???!!!
Die Zu-(Miß)-stände dürften mittlerweile auch dem Vollidioten klar sein, wenn er auch nur eine denkende Parzelle in seinem Hirn birgt.
Es ist endlich Zeit zum Handeln!
Erste Maßnahme: Zusammenschluß!


Dragon freute sich und schrieb zwei Minuten später:

meine hochachtung für das funkhaus
danke!! so soll es denn sein!


Auch Dragon scheint nicht zu wissen, was eine Parzelle ist, sonst hätte er sich vielleicht über Rafas seltsame Ausdrucksweise gewundert.
Was Rafa mit "Zusammenschluß" meint, erklärt er nicht näher, auch wie das dann folgende Handeln aussehen soll, bleibt unklar. Jedoch scheint Dragon schon dadurch beruhigt zu sein, daß Rafa seine Befürchtungen ernst nimmt.
In der Zentralen Aufnahme unten im Krankenhaus hat sich ein kräftiger schwarzweißer Kater eingerichtet, der inzwischen seine eigenen Futternäpfe in der Pförtnerloge stehen hat und sich auf den Wartestühlen für die Patienten zusammenrollt. Er nimmt auch an einigen Besprechungen im Konferenzraum teil, der sich nebenan befindet. Er putzt sich dann gemächlich unter den Tischen, schleicht unter den Stuhlreihen entlang und läßt sich schließlich irgendwo nieder, auf dem Teppichboden oder auf einem Stuhl. Manchmal folgt er auch dem Zivildienstleistenden, der die Patienten nach oben auf die Stationen begleitet. So kam es, daß der Kater schon auf den geschlossenen Stationen herumstrich. Die Oberärztin, der die Zentrale Aufnahme unterstellt ist, wollte dafür sorgen, daß der Kater dort verschwindet, denn "sowas geht doch nicht, eine Katze im Krankenhaus". Als ich den Kater im Foyer lebhaft begrüßte, meinte sie:
"Jetzt kriegt die Katze immer Doppelbotschaften - die eine Ärztin wirft sie raus, die andere holt sie rein."
"Genauso isses", bestätigte ich.
Eines Tages stand ein großer, gemütlicher Sessel am Eingang zum Konferenzraum, und die Oberärztin erkundigte sich, für wen der gedacht sei.
"Für den Kater", sagte ich.
"Oh nein", stöhnte sie.
Mittlerweile ist der Kater mehr drinnen als draußen, vor allem nachts. Die Patienten scheinen die Anwesenheit des gemütlichen, gut genährten Katers zu genießen. Freilich hält der Kater nicht auf einem Sessel sein Schläfchen, sondern auf einem Stuhl mit Handtuch darauf, einem "Katzenhandtuch".
Die Sorge bleibt, daß der Kater im Konferenzraum eingeschlossen wird. Das ist schon vorgekommen, weil der Kater sich dort so wohlfühlt, daß er sich sogar unter der Küchenzeile versteckt, um nicht gefunden zu werden.
Auf zwei Stationen haben Katzen auch ihr Zuhause gefunden. In Haus 11 lebt eine weiße, schwarz getupfte Katze schon seit Jahren. Sie hat ihr eigenes Liegeplätzchen auf dem Fensterbrett und wird von den Patienten gestreichelt. Susi heißt sie, ist aber ein Kater. Ich nenne ihn wegen seiner Fellzeichnung "Schwarzgesichtchen". Sein Portrait hängt gemeinsam mit denen der anderen Mitarbeiter am Stationseingang. In Haus 7 lebte über siebzehn Jahre lang Tigerkater Felix, von den Schwestern liebevoll gehegt und von den Patienten ebenfalls sehr geschätzt, so daß er ausgesprochen zutraulich war. Früher litt er lange an einer Infektion des linken Auges, die erst durch Entfernung des Auges erfolgreich behandelt werden konnte. Als Felix im Alter herzleidend wurde, legten die Schwestern für ihn ein Krankenblatt an, damit jeder kontrollieren konnte, wann er seine Medikamente bekommen hatte. Eine Zeitlang hing ein Schild an der Tür mit dem Hinweis, Kater Felix dürfe nicht hinausgelassen werden. Damals brauchte er sehr regelmäßig seine Tabletten. Dann durfte er eines Tages wieder hinaus. Kürzlich, vor Weihnachten, starb er auf einem seiner Spaziergänge eines natürlichen Todes. Er wurde hinter der Klinikschlosserei beerdigt.
Ein schwerer Verlust steht der Krankenschwester Tamara bevor; sie wird bald ihre eigene Tochter beerdigen müssen. Die Tochter hat Mann und Kinder und leidet seit dem Jugendalter an einem inoperablen Hirntumor. Tamara erzählte, daß die Tochter wahrscheinlich gar nicht wissen wolle, wie es um sie steht. Sie selbst jedenfalls verdränge es, so gut sie könne, sonst mache sie sich nur noch verrückt und könne das Leben gar nicht mehr genießen.
"Das Verdrängen ist ein unbewußter Prozeß", fiel uns ein, und ich schloß daraus:
"Du kannst der Wahrheit durchaus ins Gesicht sehen, du willst dich nur nicht von der Trauer überfluten und am Leben hindern lassen. Du verdrängst also gar nicht wirklich, du hast nur in deinem Inneren einen Schrank oder eine Kammer, wo du diese Gefühle unterbringen und auch abschließen kannst, damit du handlungsfähig bleibst und dich noch freuen kannst. Du gehst ganz bewußt mit der Trauer um und suchst und findest Wege, dich von der Trauer nicht lähmen zu lassen. Dieses Vorgehen ist sehr konstruktiv. Du kannst den Dingen ins Gesicht sehen, ohne dich von ihnen überwältigen zu lassen."
"Da hast du wohl recht", sagte sie nachdenklich und weinte. "Ich weiß, wie die Dinge stehen, und ich erlebe alles sehr bewußt. Und ich kann trotzdem noch das Schöne sehen. Aber wie wird das sein, wenn sie mal nicht mehr ist?"
"Das ist genauso wie jetzt, nur mit umgekehrtem Vorzeichen", meinte ich. "Jetzt freust du dich, weil sie noch lebt, und wenn sie nicht mehr lebt, freust du dich, weil sie erlöst ist."
"Ja, genau das denke ich auch immer - es ist eine Erlösung für sie."
Am Samstag war Cielle nur sehr kurz im "Verlies", weil Ginet schlechte Laune bekam. Das lag daran, daß seine ehemalige Freundin sich ebenfalls dort aufhielt.
Cyra hatte ihren Maurice mitgebracht, und sie stand öfter bei ihm und ließ sich von ihm umarmen. Maurice erzählte von VW; er arbeitet gern dort und findet auch die Bezahlung ausreichend. Eine Cousine von ihm wohnt in einem Skigebiet. Er fährt mehrmals im Jahr dorthin zum Snowboarden.
Cyber war in "Verlies" mit seiner Freundin Sheryl. Sheryl hat ein chronisches Nierenleiden, und der Verlust einer Niere droht, letztlich sogar die Dialyse. Sie weiß noch nicht recht, wie sie es schaffen soll, sich zu schonen und gleichzeitig ihren Sohn Joyce zu versorgen. Sie berichtete, Cyber könne ihr viel abnehmen, weil er überwiegend von zu Hause aus arbeitet. Allerdings habe er zur Zeit viel zu tun, weil einige Bands, die er managt, auf Tour gehen.
Cyber möchte am Ostersonntag in HI. in der "Lagerhalle" auflegen. Er konnte das gleich im "Verlies" mit Cyra und Josh absprechen, die die Parties in der "Lagerhalle" organisieren.
"Dann werde ich die Stücke von damals wieder auflegen", kündigte er an. "Die hört man doch heute fast nicht mehr."
"Das waren so schöne Sachen", erinnerte ich mich, "und die laufen heute viel zu selten. 'Last night' von Konzept hast doch überhaupt nur du gespielt. Und dann 'Warm Leatherette' in der Version von Blok 57 ..."
"Sag' den Leuten von früher bescheid, daß die auch kommen", bat er mich. "Zum Beispiel Jochen ..."
Ich erklärte Cyber, was es mit Jochen "Sockenschuß" Hockerfuß auf sich hat und daß er mich fünf Jahre lang im Liebeswahn verfolgt hat.
"Im 'Elizium' ist er mit erhobenen Fäusten auf mich losgegangen", erzählte ich. "Das war vor fast zehn Jahren. Da standen Rafa und ich eng umschlungen im 'Elizium' ..."
"Rafa?"
"Ja."
"W.E-Rafa?"
"Ja. Das war damals das erste Mal, daß Rafa und ich eng umschlungen im 'Elizium' standen. Und der Sockenschuß hatte ja diesen Liebeswahn, und er sah das und ist im Pferdchensprung um uns herumgehüpft ... und nachdem er dann auch noch auf mich losgegangen ist, hat er im 'Elizium' Hausverbot gekriegt, und von da an hat er Rafa am Telefon genervt ... bis Rafa ihn schließlich in der 'Halle' verprügelt hat, und da erst war seltsamerweise Ruhe, nach fünf Jahren ..."
Morgan brachte mir die beiden Alben mit, die Seraf und er als Eo Ipso aufgenommen haben. Er wünschte sich per E-Mail meine Meinung dazu. Daß mir "Erstschlagspolitik" sehr gut gefällt, weiß er schon.
Saverio erzählte, daß er lieber auf dem Land wohnt als in der Stadt, weil er dort mehr seine Ruhe haben kann. Allerdings hat er keinen Führerschein und auch kein Geld, um einen zu erwerben. Er lebt von Arbeitslosenhilfe und verdient sich durch das Auflegen in kleineren Discotheken etwas dazu. Er erzählte, daß er vorwiegend eingängige Musik spielt, um bei den Leuten gut anzukommen. Von seinen Underdog-Attitüden und dem Nazi-Vokabular war nichts mehr zu merken. Lediglich die ausrasierten Haare, ein freches Zöpfchen und eine Tarnjacke kennzeichneten ihn als Angehörigen der Underground-Welt. Seine Vorliebe für Industrial und Electro scheint er jedenfalls behalten zu haben.
Cyra spielte "Gassenhauer" von Chris Liebing sehr spät, damit ich auch noch dazu tanzen konnte. Ich war erst kurz vor halb drei ins "Verlies" gekommen, damit es nicht mehr so voll war und ich mehr Platz zum Tanzen hatte. Das lohnte sich, unter anderem bei "Expo2k" von Dupont von dem Album "Ukraina" und "Silver Screen" von Felix Da Housecat.
Rafa hat immer noch nicht seinen nächsten Chat angekündigt, aber in seinem Forum bekanntgegeben, daß man schon den 100000. Besucher auf der Website vermerken konnte. In den "Nachrichten" verkündete Rafa, daß Berenice nun eine eigene Website habe. Außerdem wurde Ersatz für Kitty gefunden. Man sieht das Bild einer Dame mit langen schwarz gefärbten Haaren, Nasenpiercing, grellrot geschminkten Lippen und einer 50er-Jahre-Sonnenbrille. Daneben schreibt Rafa in gestelzten Worten:

Hallo, hier spricht Frl. Venus!
Seit dem 1. Januar 2003, nach einem halbjährigen Praktikum, ist Frl. Venus aus BI. nun fester Bestandteil des Senders. W.E sendet ein herzliches Willkommen an den neuen Lehrling!
Somit nimmt Frl. Venus vorerst für zwei Jahre mehr oder weniger den Platz von Kitty ein, welche nach abgeschlossener Ausbildung vor einem Jahr die Sendestation verließ.
Die Hauptaufgaben von Frl. Venus werden in der Präsentation des Senders z. B. auf Konzerten liegen und sich in Gesang und Weiblichkeit widerspiegeln.
W.E hofft auf eine gute Zusammenarbeit!


Bei der Homepage von Berenice handelt es sich um eine Homepage wie viele andere, mit schwer zu merkender URL und vorgefertigten Grafiken. Über sich selbst berichtet Berenice vor allem, daß sie ihre Homepage auf Rafas Anregung und gemeinsam mit Rafa erstellt hat und daß sie und Rafa zu W.E gehören. Unterstrichen wird dieses durch ein Privatfoto, das sie mit Rafa und einem C64 zeigt, wobei er wie zumeist seine Spiegelbrille trägt. Sie hat eine Hand auf seinen rechten Arm gelegt, in der rechten Hand hält er einen Joystick. Er schaut freundlich lächelnd den Fotografen an, sie guckt beflissen und dienstbereit. Links neben dem Foto, auf der anderen Seite vom Textblock, befindet sich ein sich drehendes rotes Herz, eine Grafik mit dem Titel "Klopf klopf!". Man bekommt den Eindruck eines verliebten, harmonisch zusammenarbeitenden Paares. Ich denke, dies darzustellen war auch Berenices Absicht, wenn nicht gar das Ziel der gesamten Internetpräsenz. Durch ihre Website untermauert sie ihre Zusammengehörigkeit mit Rafa, über den sie sich weitgehend zu definieren scheint. Die meisten ihrer Themen stimmen mit denen überein, die Rafa in seiner eigenen Internetpräsenz bespricht. Das einzige eigene Thema von Berenice ist "Kosmetik", wo sie für tierversuchsfreie Kosmetik wirbt und Schönheitstips gibt:

Die Idee hierzu entstand aus einem früheren Vorhaben, ein Buch über meine gesammelten Schönheits- und Gesundheitstips zu schreiben. Ein kleiner Teil befindet sich schon im Commodore 64, aber ich befürchte, dieses Buch wird nie geschrieben. Darum bin ich froh, hier nun die Gelegenheit zu haben, meine Arbeit doch noch sinnvoll nutzen zu können!
Ich hoffe, für jeden wird irgendwann mindestens ein Denkanstoß dabei sein ...
Aus aktuellem Anlaß: Ob Frau oder Mann, Schönheit findet ihren Ursprung nicht im "Anmalen", sondern vor allem in Pflege, Ausstrahlung und Gesundheit.
Männer dürfen sich also ebenfalls angesprochen fühlen, "Schönheitstips" zu lesen, denn nur gepflegte und gesunde Männer sind tatsächlich attraktiv und leistungsfähig. Die Lebensfreude erhöht sich und die Ausstrahlung steigt.
Warum sollte das nur uns Frauen vorbehalten sein?


Mir fällt auf, daß der Begriff "Ausstrahlung" in diesem Absatz gleich zweimal fällt. Vielleicht versucht Berenice durch Kosmetik etwas zu bekommen, was eigentlich einen ganz anderen Ursprung hat.
"Nur gepflegte Hände streicheln zärtlich", verrät Berenice weiter unten im Text. Sie empfiehlt außerdem "Handgymnastik", was immer das sein soll:

Gemeinsam mit dem Partner ausgeübt kann die Pflicht zum Vergnügen werden ...
Oder lassen Sie sich nicht gerne von einer weichen Hand streicheln?


Ich sehe sie in Gedanken vor mir, wie sie Rafa streichelt, mit stets weichen Händen, in der Hoffnung, für ihn die ideale Partnerin zu sein und zu bleiben.
Unter der Rubrik "W.E" berichtet Berenice vor allem über das Engagement der Band für den Tierschutz. Außerdem vermeldet sie den aktuellen Besetzungswechsel:

Hiermit möchte auch ich unser neues W.E-Mitglied Frl. Venus ganz herzlich begrüßen, die hier bei einer Autogrammstunde zwischen Honey und mir sitzt. Dolf war natürlich auch anwesend ...
Damit übernimmt sie seit Anfang diesen Jahres die Aufgaben von Kitty, die seit 2000 mit mir zusammen auf der Bühne stand und ein schöner Teil von W.E war.


Berenice bezeichnet Kitty als "schöner Teil" der Band, als wenn die Schönheit an ihr das Ausschlaggebende wäre. Sie schreibt nicht von künstlerischer Begabung, Freundschaft oder Liebenswürdigkeit, sondern nur vom Äußeren.
Berenice scheint Rafas Begeisterung für den C64 übernommen zu haben. "C 64 forever!" ist auf einem Spruchband in ihrer "C64"-Rubrik zu lesen. Sie kündigt an, ihre Diplomarbeit in Biologie auf einem Commodore-Rechner zu schreiben. Auch verleiht sie ihrer Verehrung für ein wohl etwas bekannteres Mitglied der C64-Szene namens Chris Hülsbeck Ausdruck; er sei auf einem C64-Treffen wahrhaftig erschienen und habe sogar Autogramme verteilt, sogar eines auf ihren Arm geschrieben. Sie nennt ihn "SID-Gott", was immer das ist, jedenfalls irgendeine Art Gott.
In Berenices Linkliste findet sich unter anderem die Seite von Seraf und Morgan, die "Eo Ipso"-Band-Homepage.
Am Eingang ihres Chatrooms mahnt Berenice:

Bitte achten Sie auf eine gepflegte Ausdrucksweise! Blamieren Sie sich nicht durch Unkenntnis der deutschen Rechtschreibung!


Berenice beherrscht die Rechtschreibung tatsächlich (von wenigen Kommafehlern abgesehen), im Gegensatz zu Rafa, der viele Wörter nicht richtig schreiben kann, viele Wörter falsch verwendet und viele Grammatikfehler macht. Rafa dürfte demnach also Berenices Chatroom nicht betreten.
Daß Rafas Texte hier in "Im Netz" weitgehend fehlerfrei zu lesen sind, liegt daran, daß ich die meisten Fehler korrigiere, damit die Texte besser verständlich werden. Rafas Weihnachtsgeschichte über den C64 ist einer der wenigen Texte, die ich schon fast fehlerfrei online gefunden habe; ich nehme an, den Text hat Rafa korrigieren lassen, bevor er ihn online gestellt hat.
Rechtschreibfehler im Internet sind häufig, vor allem in Chatrooms und Foren, also steht Rafa damit keineswegs allein da. Eine korrekte Rechtschreibung bildet eher die Ausnahme. Sogar die Sekretärinnen in Kingston, deren Beruf das Schreiben ja ist, machen auf beinahe jeder Textseite Fehler. Fremdwörter wie "Elixier" schreiben sogar Journalisten falsch, und "dieses Jahr" im Genitiv, also "dieses Jahres", wird regelhaft verkehrt geschrieben: "diesen Jahres".
Mir selbst unterlaufen vor allem Flüchtigkeitsfehler, die ich auch dann nicht bemerke, wenn ich einen Text zweimal korrekturlese.
Norman hat mir wieder eine E-Mail geschickt mit einer erbaulichen Kurzgeschichte nach einer wahren Begebenheit:

Selbstjustiz

Prolog:
Wenn man Freunde wie BACH hat, muss man unvorhergesehene Dinge in das alltägliche Geschehen mit einbeziehen. Ebenso sollte man sich alternative Denkweisen vorbehalten und sich bewusst machen, dass Gerechtigkeit von jedem anders definiert wird. Natürlich ist es eine berechtigte Frage, ob jemand den Tod verdient hat, wenn man ein hinterhältiger Betrüger ist und das Opfer um ganze 20,- DM geprellt hat. So ein Betrag hat für jeden Menschen einen unterschiedlichen Wert. Die Wertvorstellung von BACH unterliegt hierbei der eines Bettlers in einem 3. Welt-Land fernab zivilisierter Gesellschaft. Der Täter hat dann eigentlich nur die Wahl, dem Pfeil einer Armbrust an einer kahlen Ziegelsteinmauer oder einem Ort von symbolischer Wichtigkeit entgegen zu sehen ...

GARPEL besass die Motivation, jeder halbwegs attraktiven Frau hinterherzulaufen, besser gesagt, hinterherzufahren. Die Durchschnittsgeschwindigkeit in seinem Auto betrug im Schnitt ein Drittel über dem Erlaubten, meistens mehr. Sollte er zufällig mal geblitzt werden, gab es ja immer noch seine 82 Jahre alte Oma, die sich den Wagen mal kurz ausgeliehen hat, um ein paar dringliche Besorgungen zu tätigen. Allerdings hatte er trotz der beeindruckenden Fahrweise oder gerade deshalb erstaunlich viel Pech mit Frauen, so dass er begann, ab und an auch mal in einem Puff zu gastieren.
Nach ein paar Monaten war GARPEL im Begriff, eine farbige Prostituierte aus HADL zu heiraten. Er schien dieser zweifelhaften Schönheit hoffnungslos verfallen. Besagte Dame hatte natürlich milieugerecht einen Haufen Schulden und konnte kaum die hiesige Landessprache von dem Geräusch einer Espressomaschine unterscheiden. Nicht einmal kam ihm der Gedanke, dass sie auf sein Geld scharf sein könnte. Davon hatte er zu Beginn der Liaison noch reichlich, doch das Weib legte ein hohes Mass an Anspruch an den Tag, so dass der Schuldenberg stetig weiter anstieg. Würde sie das Wort übersetzen können, hätte sie so etwas wie "Habgier" verstanden. Die klassische Karriere eines verliebten Freiers nahm ihren Lauf. Beinahe zwangsläufig wurde GARPEL von einem auf den anderen Tag spielsüchtig und alkoholabhängig. Einem Prachtexemplar göttlicher Schöpfung glich GARPEL auch nicht unbedingt, und Humor war dann, wenn er selber lachte. Dafür besass er jede Menge List, und diese Fähigkeit machte er sich zunutze, als der Kontostand in unendliche Minusbereiche absackte! Eigentlich hatte GARPEL sich schon bei jeder erdenklichen Person in seinem Umfeld Geld geliehen oder geklaute CDs verkauft. Die meisten kannten die Masche irgendwann, teilweise durch bittere Erfahrung, und wussten sich mit ebenfalls erlogenen Ausreden zu helfen oder machten die Tür einfach nicht mehr auf. BACH war einer der wenigen, welchen die Tragweite der Tragödie vielleicht noch nicht gänzlich bekannt gewesen war.
Eines Tages klingelte K2 an der Tür von BACH. Als er eintrat, erzählte er ihm von jenem gemeinsamen Bekannten namens GARPEL. Dieser sei letzte Nacht in die Wohnung einer guten Freundin eingebrochen und habe ein paar Tonträger, einen tragbaren Kassettenrekorder und jede Menge sinnloses Zeug entwendet. Aufmerksam wurden alle, als sie bemerkten, dass auch der von GARPEL damals selbst angeschlossene Minifernseher im Schlafzimmerschrank fehlte! An Zufall glaubte schon niemand mehr. Zur Zeit befindet sich der Dieb aufgrund des dringenden Tatverdachts auf der Flucht und wird in einer Wohnung in B. vermutet. K2 hatte bei dieser Erzählung immer wieder ein schmunzelndes Grinsen auf den Lippen. Das sollte sich schlagartig ändern, als BACH mit wütender Stimme berichtete, dass vor knapp 2 Stunden betreffende Person ihn in seiner Wohnung besuchte und etwas von einem verlorenengegangenen Portemonnaie samt Kreditkarte faselte und dringend nach B. müsste, ihm aber der Sprit zur Neige ging. Weil BACH ihn nun schon so lang kannte, gab er ihm einen 20er in der Gewissheit, diesen baldigst wieder zu bekommen.
Fortan war es mit der Lustigkeit vorbei, und BACH suchte den Schlüssel zu seinem Waffenschrank. Neben Meuchelmesser und diversen Kugelgeschossen lag dort auch die bereits erwähnte Armbrust. BACH konnte in bestimmten Momenten seines Daseins eine Realität um sich erzeugen, die für andere befremdlich wirkte und zugleich surreal. Er legte die Waffe an, schob den konsternierten K2 zur Seite und zielte mit präzisem Adlerauge auf ein hölzernes umgedrehtes Pentagramm an der Wand. Er begann einige bedrohlich klingende Worte zu flüstern und krümmte den Zeigefinger am Abzug. Er traf genau in die Mitte.
Für BACH hat es nie eine Gerichtsverhandlung gegeben ...
K2, Januar 2003


Ende Januar war ich mit Taidi und Terry im "Zone". Terry erzählte, wie sie Rafa einschätzt. Als sie mit ihrer Freundin Inessa vor Jahren in der "Halle" war, soll Rafa zu Inessa ganz nett gewesen sein, zu Terry jedoch nicht. Inessa soll Rafa angehimmelt haben. Terry mochte Rafas Gehabe nicht leiden. Sie meinte:
"Wenn jemand sein Selbstbewußtsein so zur Schau stellt, stimmt etwas nicht. Das paßt nicht. Wenn man wirklich selbstbewußt ist, dann ist man einfach so, wie man eben ist, und stellt sich nicht zur Schau. Wenn man aber unsicher ist, versucht man die Unsicherheit zu überspielen. Dann versucht man, ganz besonders selbstbewußt zu wirken. Deshalb halte ich Rafa für unsicher."
Über die Wahl seiner Beziehungen meinte Terry:
"Rafa sucht sich immer Freundinnen, die ihm unterlegen sind. Die kann er kontrollieren. Daß er sie liebt, glaube ich nicht. Wenn man sich auf Liebe einläßt, kann man nicht mehr alles kontrollieren. Dann geht man das Risiko ein, enttäuscht zu werden. Rafa hat wahrscheinlich schon irgendwann Enttäuschungen erlebt und will deshalb vermeiden, wieder enttäuscht zu werden."
Ich erinnere mich an meinen Dialog mit Rafa im Chat im Dezember. Damals sagte Rafa über sein schattenhaft ungenaues Feindbild, das "Monster", daß "es sogar die Macht hat, über unsere Ängste zu entscheiden".
"Wer ist das, der über Ängste entscheidet?" fragte ich.
"Unsere größte Kraft", antwortete Rafa, "sehen wir mal von der Liebe ab (was immer das sein mag)."
"Gibt es", antwortete ich.
"Das Monster!" deutete Rafa.
"Die Liebe", hielt ich dagegen.
Wie Rafa die Liebe beschreibt ("was immer das sein mag"), läßt vermuten, daß er an das Vorhandensein eines solchen Gefühls nicht recht glaubt oder das Wort "Liebe" für einen so unscharfen Begriff hält, daß in seinen Augen die Liebe als Grundlage für eine Beziehung nicht geeignet ist. Jedenfalls scheint er sich unter "Liebe" nichts Konkretes vorstellen zu können. Das mutet seltsam an vor dem Hintergrund, daß er mit Berenice seit fast sechs Jahren liiert ist.
Cecile jedenfalls, die seit 1999 mit Kurt verheiratet ist und damals schon fünf Jahre mit ihm zusammen war, erzählte, daß sie sich recht schnell nach dem Kennenlernen ein klares, konkretes Bild von dem Begriff "Liebe" machen konnte.
Zum Geburtstag schickte mir Giulietta per SMS Glückwünsche von "Feinfisch, Flossy-Sue und Schmuddelgruppe". Das sind ihre Plüschfische.
Meinen Geburtstag feierte ich mit achtunddreißig Gästen. Die hochschwangere Constri kam auch zu der Party, mit Derek und dem Hund Flex. Durch ihr Erscheinen beendete Constri die vielen Nachfragen, ob das Baby schon auf der Welt sei.
Ted und Blanca brachten zwei Kästchen voller winziger Fläschchen mit Wodka-Sauerkirsch mit. Das ist eine lokale Spezialität des Ruhrgebiets. Wir - mit Ausnahme von Constri - stießen mit den winzigen Fläschchen an.
"Bleib, wie du bist", sagten die Gäste.
Cyra schrieb diesen Satz auch ins Party-Gästebuch.
"Wenn mir eine Fee anbieten würde, ich könnte mir wünschen, ab sofort mit Rafa zusammen zu sein, aber um den Preis, daß ich dann so sein müßte wie seine Freundin - ich würde ablehnen!" sagte ich. "Erstens will ich auf keinen Fall so sein wie seine Freundin. Und zweitens liebt sie ihn nicht; wenn ich also wäre wie sie, wäre meine Beziehung mit Rafa ohne Liebe. Und davon hätte niemand etwas, weder er noch ich."
Als ich am Montagabend von der Arbeit nach Hause kam, hatte Derek mir auf den Anrufbeantworter gesprochen, daß das Kind da sei und daß Constri niemanden sehen wolle. Beiden gehe es gut. Ich schrieb eine SMS an alle Bekannten und Verwandten, deren Handynummer ich besaß, daß Denise zur Welt gekommen sei. Ich erhielt viele SMS-Glückwünsche und notierte mit einem rosafarbenen Stift auf einem Zettel, wer sie gesendet hatte. Den Zettel mit den guten Wünschen steckte ich in ein durchsichtiges Kästchen und stellte ein winziges Paar Puppenschuhe dazu, das siebzig Jahre alt sein kann und aus feinem Leder gefertigt ist. Vor zwanzig Jahren habe für die Schuhe neue Schnürsenkel gemacht, weil sie keine mehr hatten; es sind Kordeln in Silber und Rosa.
Constri rief mich an und meinte, sie wolle mich nun durchaus sehen. Ich kündigte meinen Besuch für den nächsten Morgen an, weil ich dann wegen eines Nachtdienstes später zur Arbeit mußte.
Constri erzählte, daß sie eine PDA erhalten hatte und dadurch um einen Kaiserschnitt herumgekommen war. Beim nächsten Kind werde sie sich gleich zu Anfang der Geburt eine PDA geben lassen. Denise ist sehr groß, 53 cm lang, mit einem Kopfumfang von 35 cm und einem Gewicht von 3990 g. Die Geburt dauerte neun Stunden, als Geburtszeit gilt 12.50. Das Datum ist dasjenige, was Constri sich für ihr Kind gewünscht hatte, der 03.02.2003.
In Rafas Forum wies jemand namens "TV" auf einen trashigen Science-Fiction-Film namens "Plan 9 from outer space" hin, der in der Nacht im Fernsehen laufen sollte und so furchtbar schlecht sein soll, daß er schon wieder gut ist, eben "kult". Ich schrieb dazu als "behind your eyes":

Cool! Das erinnert mich an Flash Gordon von 1936. Trash ist immer cool. Vorhin habe ich "Das Hirtenlied vom Kaisertal" aufgenommen, mit dem scheußlichsten Hochzeitsdirndl der Welt. Hatte in der Fernsehzeitung den Daumen nach unten. Ließ kein Klischee aus. "Die Nacht der reitenden Leichen" ist auch so schön trashig.
Ach ja, der 03.02.2003 ist ein guter Tag. Da kam meine Nichte Denise zur Welt. Die Videokassette schenke ich ihr, wenn sie älter ist.


Dera und Darien mailten mir auf einer Online-Geburtstagskarte nachträgliche Glückwünsche, und Dera erzählte, daß sie am selben Tag wie ich Geburtstag hat; dieses Jahr ist sie dreißig geworden. Dera und Darien erkundigten sich, ob Constris Kind schon da sei und ob es ein Junge oder ein Mädchen sei. Ich mailte auf einer Online-Grußkarte mit Winterlandschaft, daß Constri ein gesundes Mädchen zur Welt gebracht hat.
Am Morgen konnte ich Denise begrüßen. Constri und ich finden, daß sie eine besonders süße Stimme hat. Draußen war es sehr kalt und sonnig. Constri stellte sich mit dem Kind auf dem Arm ans Fenster, und ich machte Fotos von der Kleinen in ihrem rosa Strampelanzug. Ich fotografierte sie auch in ihrem Neugeborenen-Bettchen mit dem Schild, auf dem Name und Geburtsdatum stehen.
Constri bekam von mir das durchsichtige Kästchen mit den Glückwünschen und den Puppenschuhen geschenkt.
Sándor erzählte in einer E-Mail, wie er sich in seinem neuen Heim eingerichtet hat. Er ist mit seiner Verlobten Marena zusammengezogen. Marena hat denselben Beruf wie Sándor, sie ist Lehrerin. Das Zusammenleben mit Marena beschreibt Sándor als gemütlich und harmonisch. Die Hochzeit ist für den Mai dieses Jahres geplant. Marena freue sich schon sehr darauf. Das hört sich an, als würde Sándor sich nicht darauf freuen.
Über die Musikszene in seiner Stadt schreibt Sándor:

Ich habe noch einen grossen Traum, den ich bald verwirklichen möchte: ein Electro-Industrial Club für die südwestungarische Region. Ich möchte die gleichgeselligen Menschen in der Stadt und der Umgebung sammeln und einmal im Monat für diese Szene auflegen. Ich vermisse die guten Events, die ich in H. miterlebt habe. Ich habe schon paar Interessierte gefunden, aber ich brauche noch viel Unterstützung, damit wir Platz und Erlaubnis bekommen.


Inzwischen hat Rafa endlich den nächsten Besuch in seinem Chatroom angekündigt, am 23.02.2003 um 22:33 Uhr. Wahrscheinlich hat er dieses Datum gewählt, weil es mehrmals die Zahl "23" enthält und zugleich ein Sonntag ist, der von Rafa bevorzugte Wochentag zum Chatten.
Ein Fan namens "Melissa Bunny" schrieb in Rafas Gästebuch:

Ich wollte nur sagen, daß ich schon Entzugserscheinungen habe. Wann gibt es eine Tour??? Hoffentlich bald ... ich habe schon des Nachts von Honey geträumt, und er wollte sich nicht von mir f***** lassen ... *fg* ... wo gibt es denn so was?"


Norman mailte mir wieder eines von den Abenteuern seines Alter Ego K2:

Noch mehr Schatten über B.
Es war ein Montagabend, das Fernsehprogramm erwies sich als gewohnt langweilig. Nicht, dass Quizshows den Intellekt herausfordern und ihn manchmal gar überstrapazieren, aber es besteht nicht mehr dieses unbedingte Interesse, mit den Kandidaten leidenschaftlich mitzufiebern. Irgendwann sind die Joker eben weg, und Risikobereitschaft ist nicht immer ein Ausweg, sondern schlichtweg Dummheit. Also gingen K2 und SAFUCHU in die Kneipe. Eine von denen, die ganz neu aufgemacht hatte; rustikal und mit häuslichem Flair, wie uns ein Bekannter vermittelte. Angekommen und hereinspaziert durch die etwas brüchige Eingangstür, stellte sich die Räumlichkeit tatsächlich so dar wie beschrieben. In der Auslegung dessen, was man wirklich vorfand, sah das allerdings gewaltig anders aus.
Neu war lediglich der Zapfhahn, während der Putz lustig von den Wänden abfiel, hinab auf alte hölzerne Tische, die wohl schon einige Hausbesetzungen hinter sich hatten. Vor uns platziert ein riesiges Getüm von Schäferhund, dösend auf dem knarrenden Fussboden. Vorsichtig hinüber und rein in die gute Stube. Die Luft hing ein wenig im Raum, und der Rauch der Nikotinabhängigen zog tiefe Nebelschwaden mit sich, es konnte aber auch aufgewirbelter Staub darunter sein. Das Belüftungssystem war wohl jedenfalls noch nicht betriebsbereit, sofern überhaupt eines existierte. Nach einiger Zeit stellten wir fest, dass noch immer keine Bestellung aufgenommen wurde, also wieder hinüber über das gähnende Pelztier und zum Barkeeper. "Nein, wir sind nicht die Handwerker! Wir hätten gerne zwei Pils!" Das hat ja prima geklappt!
Eine Weile später kam ein Zeitungsverkäufer vorbei, kurz darauf die typische Figur eines Rosenverkäufers: dunkelhäutig, kleinwüchsig, gelbes und rotes Blumenwerk zur Auswahl. Nach dem 3. Schluck Bier sah ich einen kauzigen grauhaarigen Vollbartträger mit Cowboyhut, wie er den Hund mit seinen Stiefeln etwas gemein zur Seite schob. Um die Schultern hatte er -zig verschiedene Hosenträger! 80 an der Zahl, wie er uns mitteilte, alle Grössen, bunt, uni und natürlich sehr billig! "Danke, kein Bedarf!" Eigentlich meinten wir, dass sich um diese Zeit nichts Nützliches mehr von einem Strassenhändler verkaufen lies. Es war doch Montag und auch schon reichlich dunkel! Kaum gedacht und kurz erwähnt, trat zu unserem Erstaunen ein Kerl mit massig vielen Kerzen heran, grinste uns wild an und wies auf die vielen Farben und Längen hin, die er zur Auswahl hatte!
Natürlich wollte K2 noch ein paar Tropfen zu sich nehmen, bloss nicht an diesem Ort und möglichst schnell woanders. Also ging er mit SAFUCHU noch in die Piranha-Bar. Diese überaus beliebte Cocktailbar war langgestreckt und etwas wenig breit vom Aufbau. In der Mitte des Ladens stand an der Wand tatsächlich ein Aquarium mit einigen Exemplaren dieser niedlichen Fleischfresser darin. Richtig dicht besiedelt war es hier gerade, was übersetzt "gute Stimmung" bedeutete, und man fragte sich, wie die flotte Bedienung es schaffte, von der Theke am Ende des Raumes sich bis in die vordersten Ecken durchzuquengeln, ohne die Getränke zu verschütten. Aber auch die Gäste hatten reichlich Mühe, immer rechtzeitig zum weit hinten gelegenen WC zu gelangen. Das Aquarium wäre zwar eine Alternative gewesen, aber zweifelsohne mit einem gewissen Risiko verbunden. Hoffentlich ist die Schulbildung in B. gut und jedem diese gefrässige Fischart wenigstens aus einer der Ratesendungen bekannt, dachte sich K2. Nicht dass mal jemand auf dem Rückweg vergessen hat, seine Hände zu waschen ...


Wie Norman erklärte, handelt es sich bei SAFUCHU um seine Schwester. Norman nannte mir die URL, unter der er alle Abenteuer von K2 online gestellt hat. Diese URL ist leider eine flüchtige Schöpfung.
Auf die Frage, weshalb er sich in seinen Geschichten "K2" nennt, antwortete Norman, er sei Fan von Current 93, deren Kopf sei David Tibet, und der K2 befinde sich in Tibet.
Fast jeden Tag bin ich bei Constri zu Besuch und nehme Denise in ein Kopfkissen gehüllt auf die Arme. Als Denise in Constris Bett eingeschlafen war, beugte Constri sich über sie und meinte:
"Wenn man bedenkt, daß ein Kind sowas Wertvolles ist ... Merle ist nicht arm."
"Nein, sie hat das Wichtigste, was es gibt", sagte ich. "Sie hat ein Kind, das sie über alles liebt."
"Ich habe Merle auch nie als arm empfunden."
Dera mailte mir auf einer Online-Grußkarte, daß sie ein Kind erwartet. Ich antwortete auf einer Online-Grußkarte:

Hallo Dera + Darien!
Herzlichen Glückwunsch zu eurem sich ankündigenden Nachwuchs!
Gestern abend war ich wieder bei Constri und habe Klein Denise auf dem Arm gehabt. Darüber vergißt man die Zeit, und es wurde ganz schön spät!


Eines Morgens schickte mir Jas kurz vor sieben Uhr eine SMS, in der er fragte:
"Was macht die Kunst?"
Ich erzählte, daß ich so oft wie möglich am Rechner kreativ bin und daß ich gleich zur Arbeit mußte. Er klagte, daß er frei habe und im Bett so allein sei. Dann wollte er wissen, ob ich chatte. Ich erzählte, daß ich am 23.02. ab 22.30 in Rafas Chatroom bin.
Als ich auf dem Weg zur Arbeit war, schrieb Jas:
"Oh, hätte Lust, eine junge Frau zu verspeisen;)"
In der nächsten SMS äußerte er die Befürchtung, daß ich deswegen böse sein könnte.
"Bin nicht böse, keine Sorge", antwortete ich. "Vorschlag: Du kannst ja Rafas Freundin verführen, die ist doch recht attraktiv."
"Sicher! Aber ich faß' keine Frauen meiner Freunde an! Sooo nötig hab ichs auch nicht, deswegen Streß zu bekommen! Es soll ja Spaß machen, kein schlechtes Gewissen :-)"
"Das ist edel", lobte ich.
"Manchmal!" erzählte Jas. "Wie siehst du das?"
Während ich die A2 bis zur Abfahrt nach Kingston fuhr, fühlte Jas sich wohl unterversorgt und schien sich nicht vorstellen zu können, daß man am Steuer keine SMS tippen kann. Er schrieb weiter:
"Nun denn! Ich bin sehr verschwiegen! Manchmal gehen die Gäule mit mir durch! Bist doch wohl verärgert ..."
"Nein, ich kann nur auf der A2 keine SMS schreiben", antwortete ich. "Du wolltest wissen, wie ich das sehe: Wenn ich einen Freund hätte, würde ich den nicht betrügen."
"Ok! Ist doch ok! Du bist ehrlich, das mag ich! Nicht immer die Leute, denen man was wirklich Intimes erzählt + das gleich die Runde macht!"
"Ja, ich bin ehrlich."
"Gut, ich vertraue dir. Biste denn jetzt im Dienst?"
Ich antwortete ihm, daß ich bis spätnachmittags arbeiten mußte. Er fragte:
"Und dann?"
Ich erzählte von meiner abendlichen Verabredung mit einem alten Bekannten. Er wollte wissen, ob ich online erreichbar sei, und ich nannte ihm meine E-Mail-Adresse und die Domain-Adresse.
Beim Mittagessen erzählten Psychologe Rod und Kollege Wim von ihren Sorgen mit der Frauensuche. Ich warb für Rafas Freundin.
"Guck' dir mal ihre Internetseite an", empfahl ich Rod. "Du dürftest ihren Vorstellungen entsprechen. Sie will immer so Kerle, die was hermachen, so Heldentypen."
"Und wie sieht sie aus?"
"Gut, in jeder Hinsicht. Eine schöne, nichtssagende Frau."
Rod hatte den Einfall, ihr schmachtende E-Mails zu schicken im Stile von:
"Ich habe dich auf den Fotos gesehen und kann dich nicht mehr vergessen!"
Abends war ich bei Deon. Er meinte, ich könne meinen Mantel ruhig auf den Sessel mit den vielen Stofftieren legen, denn Schweinchen sei nicht unter ihnen:
"Schweinchen ist noch auf."
Das rosa Stoffschweinchen saß auf einer Truhe. Deon hat es vor einigen Monaten auf einer Tankstelle gekauft.
"Schweinchen geht erst gegen acht ins Bett", erzählte Deon.
Als es acht Uhr war, legte Deon das Schweinchen auf dem Sessel in ein sorgsam gefaltetes Moltontuch. Meinen Mantel legte er aufs Bett. Etwas später fiel ihm ein:
"Oh, ich muß im Schlafzimmer das Licht ausmachen!"
Ich fragte ihn, ob er Kinder haben will. Er zeigte mir die Fotos seiner Nichten und meinte, die seien ihm eigentlich genug, denn er würde es wohl nicht schaffen, Kinder zu erziehen.
Deon merkt schnell, wenn er sich übernimmt, und er vermeidet übermäßige Belastungen. Aus diesem Grunde geht es ihm gut, und die Psychose ist ihm nicht anzusehen. Er nimmt sie wahr als das, was sie ist - eine Art Wackelkontakt im Gehirn.
Die Elektronik seiner kaputten Weihnachtskerze hat Deon mit Fingerspitzengefühl freigelegt. Wir haben die Kerze zu einem Elektrogeschäft getragen und dort eine neue Knopfzelle eingebaut. Solange das Innenleben freilag, sang die Kerze gleich wieder "Stille Nacht", verstummte jedoch sofort, wenn das Wachslicht wieder über das Innenleben in die Halterung gesteckt wurde. Inzwischen steht die Kerze in halb zusammengebauter Form bei mir und stimmt das Weihnachtslied an, sobald ich das Licht anmache. Vielleicht krächzt sie wieder ihre heiseren Töne, wenn die neue Knopfzelle eines Tages den Geist aufgibt. Dann kann man diese hinreißenden Sounds endlich versampeln.
Auf der Heimfahrt in der nächtlichen Dunkelheit fuhr ich durch die Autobahnbaustelle bei BS. und betrachtete die Scheinwerfer des Gegenverkehrs, nur durch eine provisorische Leitplanke davon getrennt. In meiner Schläfrigkeit dachte ich über die Scheinwerfer:
"Die gucken alle so freundlich, da kann man ja mal 'rüberkommen und Guten Tag sagen."
Solche Einfälle sind schon Teil des Sekundenschlafs, allerdings mit offenen Augen, so daß noch etwas Reaktionsvermögen gegeben ist. Zumindest nehme ich mir immer wieder vor, auf ausreichend Schlaf zu achten, wenn ich nachts mit dem Auto unterwegs bin.
Mitte Februar war ich bei der Trauerfeier für Jonas, der im Alter von einundvierzig Jahren an den Folgen der Multiplen Sklerose gestorben ist. Mein Vater war nicht bei der Feier, denn er hütete das Haus der Familie. Es ist bekannt, daß Einbrecher Traueranzeigen in der Zeitung lesen und gezielt während der Beerdigung in das Trauerhaus einbrechen.
Mein Vater erzählte mir am Telefon, in der Traueranzeige für Jonas stehe:
"Wir danken dir dafür, daß du da warst und für dein Lachen."
Mein Vater meinte dazu:
"Wie kann man jemandem danken dafür, daß er da war? Dazu hat der doch nichts getan. Und wie kann man jemandem für sein Lachen danken? Der hat doch andauernd gelacht, eine andere Mimik hatte der gar nicht mehr. Damals, als man sich mit ihm noch unterhalten konnte, wollte ich mich ein bißchen um ihn kümmern und habe ihn manchmal besucht. Der hat aber immer nur von sich selbst erzählt, und lauter so Sachen wie daß es regnet und daß er den Arm heben kann und so ein Zeug. Den hat das gar nicht interessiert, was ich zu erzählen hatte. Deshalb habe ich den Kontakt abgebrochen."
Die Eltern und die Schwester von Jonas waren auf der Feier, sein Bruder nicht, der machte Urlaub in Australien. Viele Trauergäste waren erschienen, darunter Krankenschwestern von der Station, wo Jonas zuletzt gelegen hat. Sie scheinen ihn gern gehabt zu haben. Einige Krankenschwestern kannten ihn seit den achtziger Jahren. Eine hat mir damals von ihm erzählt, als ich während meines Studiums auf der Station arbeitete. Jonas soll sich durch seine stetige gute Laune ins Gedächtnis gebracht haben.
In einem Traum erlebte ich Folgendes:

Eine ältere Verwandte von Rafa lud mich ein in das Haus, in dem Rafa wohnt. Freilich sah es nicht ganz so aus wie das wirkliche Haus. Die Wohnung, in der Rafa mit seiner Mutter lebt, war in dem Traum wesentlich größer. Dort erzählte ich der Verwandten, daß ich auch Rafas Bruder Toto treffen wollte. Sie schlug vor, daß ich gleich dableiben und übernachten könne, denn vor dem nächsten Tag werde Toto nicht da sein. Sie richtete mir ein Lager. Ich zog ein Hemd aus weißer Waschspitze an und blickte hinter einem Mauervorsprung in eine große Stube mit Parkettboden. Rafa erschien dort, mit Sonnenbrille, in hektischer Geschäftigkeit. Im Hintergrund sah ich Berenice, mit zum Duschen aufgedrehten Haaren, gekleidet in ein umgewickeltes Saunalaken. Beide waren in häuslicher Betriebsamkeit vereint.
Die Tür zum Badezimmer ging von dem Raum ab, wo ich mich aufhielt. Berenice marschierte mit kurzen, eiligen Schritten ins Bad und knallte die Tür. Rafas ältere Verwandte konnte ich nicht mehr entdecken. Ich setzte mich auf mein Lager und wartete ab, was geschehen würde. Schließlich kam Berenice wieder heraus. Ihr erster Weg führte zu mir. Sie beugte sich drohend über mich und zischte giftig etwas Ähnliches wie:
"Wenn du glaubst, du könntest ... dann solltest du ..."
Ich hörte nicht hin und sah sie auch nicht an. Als sie sich entfernte hatte, baute sich Rafa vor mir auf, und ich sah ihn ebenfalls nicht an.
"Mein Onkel bringt dich zum Taxi", sagte er von oben herab und gab sich Mühe, seine Stimme besonders eisig und abfällig klingen zu lassen. "Wir wollen ..."
Es hörte sich an, als hätte er Sondermüll entdeckt, der dringend zu entsorgen sei. Das Auftrumpfen schien er zu genießen wie ein Chef, der endlich einen Grund gefunden hat, einen ungeliebten Mitarbeiter hinauszuwerfen. In ihm war ein Drang nach Entwertung und Vernichtung zu spüren. Als er so richtig in Fahrt gekommen war, zerfiel der Traum, und ich wachte auf.

Im nächsten Traum sah ich Rafa vor einer Bar stehen, Berenice war nicht bei ihm. Er wirkte etwas weniger aggressiv als in dem Traum vorher.


Für wen haßt Rafa mich stellvertretend? Versinnbildliche ich gar sein eigenes Ich, das er so haßt, daß er Vernichtungswünsche hegt? Sein Haß ist voller Leidenschaft, so intensiver Leidenschaft, wie es meine Liebe zu ihm ist. Das Entwerten äußert sich bei ihm gewöhnlich im Nicht-Wahrnehmen, im Nicht-Beachten, im "Nicht-Gewesen-Sein-Machen" von Menschen und im Ungeschehenmachen von Beziehungen. In diesem Traum hatte er nun die Gelegenheit, unsere Beziehung und mich durch Worte und Handlungen zu entwerten, und er nutzte sie ausgiebig.
Eis schmilzt durch Wärme. Rafa wirkt in seinem Haß nicht entspannt, nicht im Einklang mit sich und der Welt. Rafa beschreibt immer wieder düstere Zukunftsaussichten und finstere Mächte. Hilft Zuversicht gegen Hoffnungslosigkeit? Hilft Liebe gegen Haß? Hilft entspannte Leichtigkeit gegen Verklemmtheit und Anspannung?
Ich bin mir sicher, daß Rafas Freundin den Zugriffscode auf sein Innenleben nicht kennt. Er hätte sie sonst wohl kaum ausgewählt. Für mich geht es darum, den Zugriffscode zu finden. Berenice wird ihn nie finden, denke ich.
Es gab schon Augenblicke, da kam ich Rafas Innenleben sehr nahe. Das waren auch die Augenblicke, die mich unauflösbar an ihn gebunden haben. Rafa wird diese Augenblicke vielleicht verfluchen und sich wünschen, es hätte sie nie gegeben. Letztlich wird er das getan haben, was sich augenscheinlich für ihn bewährt hat - das "absichtliche" Vergessen. Ich gehe davon aus, daß er sich an all diese Gefühle, die zwischen uns entstanden sind, nicht mehr erinnern kann. Er hat die Erinnerungen weggeworfen wie Sondermüll. Und unsere Beziehung und mich hat er ebenfalls weggeworfen. Er hat meine bedingungslose Liebe nie als solche erkannt oder gewürdigt. Vielmehr wird er sich, falls er doch zwischendurch auf dieses Thema kommt, noch über mich lustig machen.
Es ist einfach, mit Gefühlen umzugehen, indem man sie entwertet und lächerlich macht. Trauer wird entwertet als "Selbstmitleid", Liebe wird entwertet, indem es heißt, man "steht auf jemanden" oder man "ist auf jemanden fixiert". Dann braucht man weder Trauer noch Liebe ernst zu nehmen und kann diese Gefühle besser ertragen. Darüber hinaus kann man sich entlasten, indem man demjenigen, der jemanden liebt oder um jemanden trauert, auch noch die Schuld gibt an dem erfahrenen Leid:
"Bist doch selber schuld, wenn du in Selbstmitleid badest. Bist doch selber schuld, wenn du dich auf jemanden festlegst, den du doch nicht kriegst. Irgendwann mußt du doch mal drüber hinweg sein."
Den Mitmenschen würde man es sicher erträglicher machen, wenn man seine Gefühle verleugnet und sich anpaßt und sich irgendeinen anderen Gefährten sucht, ob man für ihn etwas empfindet oder nicht. Es ist nicht schwer, so zu tun, als würde man etwas für jemanden empfinden. Es reicht aus, daß man bereit ist, sich selbst zu verleugnen. Und die Mitmenschen freuen sich und gratulieren zu dem unechten Glück. Hingegen gerät man dauernd in Rechtfertigungsdruck, wenn man es wagt, zu seiner Liebe zu stehen. Bedingungslose Liebe ist zwar das Thema fast sämtlicher Balzlieder: "Love you forever ...", doch wer diese Phrasen wörtlich nimmt, gerät schnell ins Kreuzfeuer. Denn so war das nun doch nicht gemeint.
Constri wußte schon als Teenager einige Übersetzungen für solche Phrasen. Wenn ein Junge sagt:
"Ich geb' dich nie mehr her!"
- dann heißt das übersetzt:
"Ich will nur mit dir ins Bett, danach bist du mir egal."
Rafa lebt seit den Anfängen seines Beziehungslebens in einer Welt der Phrasen. Er ist es gewohnt, andere Menschen zu belügen. Daß ausgerechnet ich ihm die Wahrheit sage, wird er mir wohl niemals glauben können.
Ich erzählte Claudius, daß Berenice ihre Internetseite hauptsächlich mit Inhalten gefüllt hat, die sich auch auf Rafas Seite finden. Hinzu kommt lediglich das Kapitel über Kosmetik.
"Auf ihrer Rubrik über den C64 hat sie von einem 'SID-Gott' erzählt", setzte ich hinzu, "das war wohl so ein C64-Freak, der auf einer C64-Party erschienen ist. Sie hat stolz angemerkt, daß sie ein Autogramm von ihm gekriegt hat und daß er ihr sogar ein Autogramm auf die Hand geschrieben hat."
"Ist die ein Teenager oder was? Was ist denn das für ein Niveau?"
Ich erzählte Claudius auch, daß Berenice von ihren Chattern verlangt, sich "nicht durch Unkenntnis der deutschen Rechtschreibung zu blamieren".
"Das finde ich unmöglich", meinte er. "Es ist eine Beleidigung für alle, die die Rechtschreibung nicht so gut beherrschen."
"Vielleicht möchte sie sich hervortun, weil sie nicht viel anderes zu bieten hat. Sie kann die Rechtschreibung, sie studiert Biologie, sie sieht gut aus, das war's."
"Wenn sie mit Rafa Schluß macht, hat sie nichts mehr", meinte Claudius. "Dann ist sie normal."
"So normal, wie sie es vorher schon war."
"Wenn man ihr auf der Straße begegnen würde, würde sie einem nicht auffallen."
Ich bin Claudius in der "Halle" schon immer aufgefallen:
"Da habe ich immer gedacht, das ist die einzige Frau, die zu diesen Stücken richtig tanzt. Die anderen ... du weißt ja, von einem Bein aufs andere ... wie das so ist ... Du hast außerdem immer so eine gewisse Stärke ausgestrahlt."
Ich erzählte Claudius, daß Berenice auf ihrer Linkliste auch die Seite von Seraf nennt, dem Mann, mit dem sie Rafa betrügen wollte.
"Wenn Rafa das weiß, ich glaube sogar, daß es ihm egal wäre", meinte ich. "Damals mit dieser rotgefärbten Sängerin ..."
Ich erzählte Claudius, wie die Sängerin Tessa sich Anfang 1995 in der "Halle" gebärdet hat, mit gespreizten Beinen auf dem Korbsofa und später knutschend mit Kappa.
"Aaach, natürlich!" fiel Claudius ein. "Da haben wir uns doch kaum noch eingekriegt. Wir haben gedacht, was macht die da? Ob die sich am Ende noch auszieht? Dabei sah die doch überhaupt nicht gut aus! Don hat uns schließlich gesagt, die will Rafa! Oh Gott ..."
Shara freute sich über die Bilder von unserem Treffen in EM. im letzten Sommer, die ich für ihn abgezogen hatte. Er kommentierte:

Und Du hast 'ne verdammt hübsche Schwester, das mal nebenbei, aber pssst ... ;-)


Shara und ich verabredeten, daß ich ihn im Frühjahr besuchte, wenn ich zu meinen Verwandten nach Süddeutschland fuhr.
Darien und Dera haben Fotos in Peenemünde gemacht, auf dem ehemaligen Militärstützpunkt. Sie stellten sie online. Ich mailte:

Die sehen irre aus, die Fotos aus Peenemünde. Diese industriellen Bauteile sehen fast aus wie Körperteile.


Inzwischen krächzt Deons Weihnachtskerze wieder, und ich habe mich beeilt, das heisere Jaulen aufzunehmen.
Am Freitag war ich im "Verlies". Cyra spielte das melancholische "Kein Zurück" von Wolfsheim, das ihr und mir gleichermaßen gefällt.
"Man kann es nicht besser machen", finden wir einhellig.
"Was den Text angeht", setzte ich hinzu, "so stimmt daran für mich nicht alles, aber da kann Peter Heppner nichts dafür. Meine Kindheit war nicht wunderbar, sondern ernüchternd, und zwar von Anfang an. Und ich habe meine Träume nicht vor mir hergeschoben. Ich habe immer daran gearbeitet, meine Träume zu verwirklichen, schon als kleines Kind. Trotzdem schafft man es nicht immer, seine Träume in der Wirklichkeit umzusetzen, auch wenn man ein Leben lang daran arbeitet und keine Zeit verschwendet."
Am Samstag besuchte ich in HH. Mal und Dedis. Sie haben eine geräumige Wohnung in einem Haus gemietet, wo sich im Erdgeschoß ein Küchenstudio befindet, dessen Besitzer Eigentümer des Hauses ist. So kam es, daß die Wohnung schon vor Bezug mit einer schicken Einbauküche ausgestattet war.
"Damals hast du ein Lied namens 'Einbauküchen' gemacht", sagte ich zu Mal, "und die Küche von Ytong und dir war von einer Einbauküche himmelweit entfernt."
"Oh, die war Schrott!"
Die jetzige Wohnung ist durch und durch ein Designerstück. Wände und Böden sind in Weiß gehalten, die Möbel in Grau und Silber, die Menschen - Mal und Dedis - in Schwarz. Im Schlafzimmer stehen zwei verchromte Kleiderständer und zwei Wäscheregale aus silbernem Tuch, die an Metallrahmen ausgespannt sind. Die Schuhe stehen davor. Man kann alle Kleider sehen, von Mal und von Dedis, und alle sind schwarz.
"Da braucht ihr nichts vorzuhängen, sieht alles designermäßig aus, alles schwarz", bemerkte ich.
"Designed by nature", sagte Mal.
Das silberne Ehebett ist mit silbergrauer Satinbettwäsche bezogen.
Dedis hat ein Zimmer, das weitläufig und sparsam eingerichtet ist, mit wohnlich gedimmter Beleuchtung. Mal hat zwei kleinere, mit Computern und Keyboards vollgestellte Zimmer. Es gibt viel teure Macintosh-Technik, metallene Bürostühle und Plastikhäubchen für alle Keyboards. Das Licht ist kalt und prosaisch.
Dedis' Zimmer geht um die Ecke und dort in die großzügige Küche über. Der Glastisch wurde gedeckt. Dedis erzählte, Sofies Beziehungen seien alle zum Scheitern verurteilt, auch die zu ihrem jetzigen Freund Marlon, der nett ist, gut aussieht und mit Sofie schon seit über einem Jahr zusammen ist. Das Scheitern der Beziehungen liege an Sofies Unberechenbarkeit. Sie sei nicht verläßlich genug. Sie führe ein chaotisches Leben und trinke zuviel.
Ytong soll gewissermaßen von der Familie seiner Freundin adoptiert worden sein. Daheim bei Ytong soll es sittsam zugehen, es sei denn, Ytong zelebriert mit seiner Freundin ein Schäferstündchen. Ytong soll nur zu befriedigen sein, wenn er vorher verprügelt wird, und das besorgt wohl die Freundin.
Mal zeigte mir die farbigen Werbeannoncen für seine aktuellen Tonträger. Sie waren gestaltet mit raffinierten Computergrafiken. Ich erzählte, wie ich mir Werbestrategien für mein Internetprojekt "Netvel" ausdenke, das eines Tages auch als DVD über ein Musiklabel erscheinen soll, wenn eine "Schallmauer" bei den Besucherzahlen überschritten wurde.
Ich sagte, ich sei überzeugt, daß kein Literaturverlag jemals veröffentlichen würde, was ich online stelle. Es liegt außerhalb aller Trends. Und ich schreibe keine Genreliteratur, sondern Belletristik.
"Im Bereich Belletristik wird nur Altgedientes wieder und wieder aufgelegt, und was sonst noch erscheint, ist entweder aus Amerika oder England", meinte ich. "Die wenigen Ausnahmen sind Narzißten, die nur durch ihre Selbstinszenierung Produkte verkaufen. Also, wenn ich 'Benjamin von Stuckrad-Barre' hieße, würde ich mir als Erstes ein Pseudonym zulegen. Wer unter so einem Namen veröffentlicht, kann nur narzißtisch gestört sein."
"Stimmt, in seinen Texten geht es eigentlich vorwiegend um ihn selber."
"Sag' ich ja, der kreist nur um sich selber."
Mal schlug vor, ich könnte etwas für die Literaturszene tun, indem ich im Internet ein Forum schaffe.
"Dafür bin ich wahrscheinlich nicht die Richtige", entgegnete ich. "Eigentlich sollte ich mich was schämen, weil ich fast ausschließlich meine eigenen Texte lese."
"Mit meiner Musik ist das ganz anders", erzählte Mal. "Wenn ich ein Stück fertig habe, ist das erledigt, weg."
"Es gibt schon Sachen von anderen Autoren, die ich lese und immer wieder lese; dazu gehören vor allem klassische Märchen."
Mal empfahl mir eine literarische Underground-Veranstaltung namens "Poetry Slam", die unregelmäßig stattfindet und wo jeder, der etwas zum Besten geben will, gerade fünf Minuten Zeit hat. Es gibt keine Teilnahmebeschränkungen für die Künstler. Das Publikum tut seine Meinung zu den Beiträgen klar und deutlich kund. Es soll sehr spaßig und lebendig zugehen.
Mal konnte auch etwas von dem legendären Musikhändler Uli Rehberg erzählen, der für seine Übellaunigkeit weithin bekannt ist. Getroffen habe ich ihn nie, und ein wenig bedauere ich das. Uli hat vor etwa zehn Jahren das Projekt "Liedertafel Margot Honecker" geführt, bei seinem Label "Walter Ulbricht Schallfolien". Auf seinem Tape über die erfundene "KED", eine Reincarnation der SED, hält Uli Rehberg in der Rolle des - ebenfalls erfundenen - Parteivorsitzenden Kurt Euler eine flammende Rede. Das Cover ziert ein Schwarzweißfoto, auf dem man den Parteivorsitzenden sieht, mit einem eckigen Bürokratengesicht, scharf gezogenem Seitenscheitel, Hornbrille und einem Blick, in dem sich Naivität, systemtreue Pflichtergebenheit und feurige Kampfeslust mischen.
"Das ist er, so sieht er aus", wußte Mal.
Uli Rehberg soll seinen Laden "Durchschnitt" nur öffnen, wenn ihm gerade danach ist. Das sind meistens nur zwei Stunden am Tag und auch nur an drei Tagen in der Woche. Er hat eine Sammlung ausgefallenster Raritäten, und man bekommt bei ihm, was man sonst nirgendwo kriegt. Dafür braucht er eine gute Stunde, ehe er einem den gewünschten Tonträger herausgesucht hat. Kunden bedient er nur in Zeitlupe. Sein Geld verdient Uli jedenfalls irgendwie anders, nicht mit diesem Laden.
Uli Rehberg soll inzwischen Familie haben. Er soll noch immer sehr phlegmatisch und verschlossen sein. Er trifft sich gern mit dem Industrial-Musiker Asmus Tietchens und sitzt mit ihm in seinem Laden.
Als ich spätabends aufbrach, um zu "Stahlwerk" zu gehen, konnten Mal und Dedis sich nicht aufraffen, mitzukommen:
"Heute machen wir mal nichts und ruhen uns aus."
Darien war mit Dera und Cicely in HH. Er kam allein zu "Stahlwerk", weil Dera auf Cicely aufpassen mußte. Er schien das Tanzen sehr zu genießen.
Darien berichtete, er gehöre jetzt auch zu meinen Verrückten, er mache nämlich eine Psychotherapie. Ich entgegnete, man müsse nicht verrückt sein, um eine Therapie gebrauchen zu können. Er jedenfalls gehöre gewiß nicht zu den Verrückten. Auf meine Frage, weshalb er sich für eine Therapie entschieden habe, antwortete er, das hänge mit seinen Selbstverletzungen zusammen.
"Es ist nicht nur so, daß ich mich selber schneide", erzählte Darien, "ich zerstöre auch vieles, vor allem das, was für mich wertvoll ist."
"Das ist ein Stellvertreter-Selbstmord", vermutete ich. "Du bringst nicht dich selber um, sondern etwas, an dem du hängst und das deshalb wie ein Teil von dir ist."
Darien meinte, es sei sehr anstrengend, sich an belastende Dinge aus der Vergangenheit zu erinnern:
"Im Vorgespräch habe ich eine Reihe von Fragen beantwortet. Und da habe ich gemerkt, es gibt echt viele Fragen, auf die ich gar nicht antworten möchte, zu meiner Familie und so."
Darien hat seine schwangere Freundin bisher nicht heiraten können:
"Sie ist noch verheiratet, und das dauert noch mit der Scheidung, und es kostet auch Geld ..."
Doch ist immerhin in beider Leben offenbar so viel Ruhe eingekehrt, daß Darien darangehen kann, seine Vergangenheit aufzuarbeiten.
Bis halb sechs blieb ich bei "Stahlwerk". Unter anderen liefen "Half Life 1" von ORPHX, "Delivering Ignition" von S.K.E.T., "Get better" von S.I.N.A., "Stop yield" von Synapscape und mein Wunsch "Erstschlagspolitik" von Eo Ipso. Zu der Musik von Missratener Sohn wurde besonders heftig getanzt.
"Derek soll mal wieder mitkommen, um zu sehen, wie gut seine Musik ankommt!" wünschte sich Rega. "Als ich das eben gesehen habe, sind mir fast die Tränen gekommen ..."
Donar und sein Freund Sasso erschienen zwar bei "Stahlwerk", aber nur kurz und versteckt hinter Sonnenbrillen. In einer E-Mail schrieb mir Donar später, ihm habe die Musik nicht gefallen. Ich entgegnete, er sei wahrscheinlich einfach nicht lange genug dageblieben.

In einem Traum wollte der Sockenschuß als Soldat an einem Irak-Einsatz teilnehmen. Ich hatte die Gelegenheit, seine Beurteilung bei der Bundeswehr zu lesen. Man hatte ihn dem Truppenarzt vorgestellt, der einige Auffälligkeiten bei ihm fand und diese in hölzernem Amtsdeutsch dokumentiert hatte. Offenbar bestand der gegen mich gerichtete Liebeswahn noch immer.
Letztlich wurde der Sockenschuß nicht für den Irak-Einsatz zugelassen. Im Text stand:
"Begründung:
ungeeignet"
Ich befürchtete neue Angriffe durch den Sockenschuß.
Später im Traum lernte ich eine neue Ballade von Herbert Grönemeyer kennen, voll hintergründiger Melancholie. Angeblich enthielt dieses Stück Cortison und war deshalb verschreibungspflichtig. Ich bedauerte dies, konnte ich das Stück doch nicht immer hören, wenn ich das wollte. Zuviel Cortison schadet dem Immunsystem.
Es war ein sonniger Tag. Herbert Grönemeyer gab ein Konzert auf einem kleinen Sportplatz, freilich ohne dieses Stück zu spielen. Ich blieb kurz am Zaun stehen, ging dann aber weiter, weil ich es eilig hatte. In einer belebten Fußgängerzone dachte ich darüber nach, ob ich nicht dem Konzert länger hätte zuhören sollen. Hinter mir verklang das Ende von "Der Weg", in dem Herbert Grönemeyer der Trauer um seine verstorbene Frau Ausdruck verleiht. Ich schaute mich kurz um und stutzte dann, weil ich etwas mir Bekanntes im Augenwinkel erblickt hatte, das Gefahr bedeutete. Mir wurde bewußt, daß es sich um die Mündung einer Pistole handelte, die auf mein Genick gerichtet war. Ich warf mich zu Boden, da hörte ich hinter mir einen Schuß, der mich jedoch verfehlte. Ich sprang auf und stürmte zu der Frau, die nur gut einen Schritt hinter mir gegangen war, und entwand ihr die Pistole. Sie trug die Waffe in der Linken. In ihrer rechten Hand sah ich ein rotes Plastikteilchen, etwas wie ein Behältnis.
Die Mörderin sah in jeder Hinsicht durchschnittlich aus und keineswegs so, wie man es von einer Schwerverbrecherin erwarten würde. Es war eine Frau in meinem Alter, mittelblond, ungeschminkt, mit kinnlangem Stufenschnitt, dünnrandiger Brille, Konfektionsgröße 40, in roter Sportjacke und Jeans.
Es ging mir darum, zu sichern, ob es noch mehr potentielle Mörder gab, außerdem wollte ich Zeugen sammeln, die Polizei alarmieren lassen und vor allem die Täterin nicht entwischen lassen. Mit all diesen Gedanken wachte ich auf.







.

Am Abend erschien Rafa wieder in seinem Chatroom, sogar pünktlich zur angekündigten Zeit. Er hielt seine Anwesenheit jedoch kurz und verhinderte auf diese Weise tiefergehende Gespräche. Ich nannte mich wieder "sara-h". Rafa nahm als "Funkhaus" Bezug auf das heutige Datum, den 23.02.2003, und die Uhrzeit, zu der er sich für den Chat angekündigt hatte, 22:33 Uhr:

⟨Funkhaus⟩ heute war schon genug 23 : )
⟨Scream⟩ jap
⟨sara-h⟩ ja
⟨Scream⟩ wie gehts der band?
⟨Funkhaus⟩ hmmm ... eigentlich recht gut, hoffe ich : )
⟨Scream⟩ also sind sie gar nicht am arbeiten ;)
⟨Funkhaus⟩ ich schon!!!!
⟨Scream⟩ hehe
⟨Scream⟩ ist das video fertig?
⟨Scream⟩ *löcher*
⟨Funkhaus⟩ dolf wollte sich heut auch blicken lassen hier, aber sein mac macht das wohl nicht ganz mit
⟨sara-h⟩ meiner schon
⟨Scream⟩ ich glaube, ich habe dolf hier noch nie gesehen :-)


Rafa nahm Bezug auf die angekündigte MCD "Nur tote Frauen sind schön":

⟨Funkhaus⟩ video ist das hauptproblem!!! an dem wird der veröffentlichungstermin wohl scheitern
⟨Scream⟩ och =/
⟨Scream⟩ aber da arbeiten sie doch schon ewig dran
⟨Funkhaus⟩ ja *lach* leider war das wetter immer zu kalt, zu nass ... etc.
⟨Scream⟩ wohl zuviel 'hightech' reingesteckt
⟨Funkhaus⟩ eher zuviel!
⟨Funkhaus⟩ zuviel! ja
⟨Scream⟩ ahh ja :)
⟨Funkhaus⟩ ist leider nicht so wie bei super 8 mit 300 DM zu bewerkstelligen
⟨Scream⟩ ein scherz?
⟨Seven⟩ ja, nu sinds ja och euro *fg*
⟨Funkhaus⟩ hey, hier spricht W.E ... da gibts keine scherze
⟨Scream⟩ sagen sie sowas nicht
⟨Funkhaus⟩ ; ) was andere mit 50.000 DM machen, können wir vielleicht sogar besser mit 5 Euro
⟨Seven⟩ sorry
⟨Seven⟩ sollte ja auch eher ne kritik an den staat sein
⟨Scream⟩ dann moechte ich das video aber auch mal im tv sehen
⟨Funkhaus⟩ TV ?
⟨Scream⟩ klar
⟨Funkhaus⟩ kenne ich nicht ; )
⟨Scream⟩ ich kucke auch manchmal tv ;-)
⟨Scream⟩ *lach*
⟨Funkhaus⟩ hiess das nicht mal fernsehen ?
⟨Funkhaus⟩ eurokritik am staat ? @Seven
⟨Scream⟩ seien sie froh, dass ich es nicht englisch ausspreche (bei meinem alter) :P
⟨Seven⟩ ja is ja alles teurer seit dem euro
⟨Funkhaus⟩ ja, komisch, ne ... vor 3 jahren wollte uns das keiner glauben
⟨Seven⟩ genau, und mein chef glaubt es immer noch nich
⟨Funkhaus⟩ zum glück ist die qualität von kunst bisher immer in inflationszeiten immenser gewesen ... hoffen wir mal
⟨Seven⟩ ihr seid wohl kaum zu übertreffen
⟨Scream⟩ wir bauen auf das neue w.e album *hrhr*
⟨Seven⟩ ausser von euch selbst
⟨Funkhaus⟩ naja ...
⟨Medea⟩ wah ... bitte nicht schleimen ...
⟨Seven⟩ mit neuer weiblichkeit ...
⟨Funkhaus⟩ hier im funkhaus gehen die uhren eh etwas anders ...
⟨Funkhaus⟩ ja! frl. venus ... sie ist auch bei der kompletten konzertreihe und auf der neuen sendung zu hören
⟨Medea⟩ ~neugierig bin~
⟨Scream⟩ senden sie auch mal wieder im norden deutschlands?
⟨Seven⟩ da lassen wir uns gern überraschen
⟨Funkhaus⟩ weiblichkeit bzw. frauen sind ja auch kern des konzepts
⟨Seven⟩ habt ihr noch kontakt zu kitty?
⟨Medea⟩ na ja ... männliche Stimmen klingen neben weiblichen Stimmen eben besser ;o)
⟨Funkhaus⟩ hf. ist bisher das nördlichste, abgesehen von göteborg
⟨Funkhaus⟩ klar haben wir noch kontakt, aber nicht mehr auf w.e-basis
⟨Scream⟩ =(
⟨Funkhaus⟩ md. oder b. kann ich noch anbieten
⟨Scream⟩ spielen sie im funkhaus, wenn man mal vorbeikommt? =)
⟨Funkhaus⟩ hier wird immer "gespielt"!
⟨Scream⟩ zu weit, hro., hh., sn. waere gut
⟨Medea⟩ ja ... hh. ...
⟨Scream⟩ oeffnet das haus auch fuer besucher seine tore?
⟨Scream⟩ nur mal so gefragt
⟨Funkhaus⟩ eher seltener, momentan haben wir sogar einen "echten" praktikanten hier
⟨Scream⟩ hehe
⟨Scream⟩ einen 64er?
⟨Scream⟩ oder auf welchem gebiet soll er wirken
⟨Funkhaus⟩ nein, jemand, der von der volkshochschule auf der basis eines informatikkurses halt ein praktikum im funkhaus macht
⟨Medea⟩ ist ja lustig ... kann er Kaffee kochen?
⟨Funkhaus⟩ es geht so ; )
⟨Medea⟩ das ist schlecht ... na ja ... es gibt ja noch Kopierer
⟨Scream⟩ der zweite also?!
⟨Scream⟩ hab mir mal die 'seminararbeit' durchgelesen
⟨Funkhaus⟩ ja ?


Scream bezog sich auf die Arbeit eines Studenten der Kommunikationswissenschaft, der neben seinem Studium als Journalist für Szene-Zeitschriften tätig ist. Er hat die Arbeit im Rahmen eines Seminars verfaßt und als Thema W.E gewählt. Rafa hat zu dieser Arbeit einen Link auf seine Homepage gesetzt.

⟨Scream⟩ falls ich mit meinem informatik-studium weiterkomm, ruecke ich ihnen auch auf die pelle *androh* ;-)
⟨Scream⟩ ja
⟨Funkhaus⟩ *lach* wenn das ihre nerven aushalten
⟨Medea⟩ ähm ...was hatte das jetzt mit der Seminararbeit zu tun?


Als Antwort schrieb Rafa die Zahlen "2" und "3" als Exponenten. Weil sie so klein waren, konnte Medea sie nicht lesen.

⟨Medea⟩ *augen reib* ... sorry. zu winzig *g*
⟨Funkhaus⟩ weiss jemand, warum es eigentlich nur diese beiden zahlen als hochgestellt gibt?


Rafa nimmt wahrscheinlich an, daß diese Exponenten für die von ihm überall vermuteten Illuminaten eine wichtige Bedeutung haben, weil man aus ihnen eine "23" machen kann, und daß sie deshalb auf dem Computer leicht zu finden sind. Dabei dürfte es eher mit praktischen Erwägungen zusammenhängen, denn ein Kubikmeter oder ein Quadratkilometer sind gängige Maße in Handel und Gewerbe, höhere Exponenten hingegen kommen dort kaum vor.

⟨Cydat⟩ einen schönen guten abend zusammen
⟨Cydat⟩ :)
⟨Scream⟩ ich kenne auch nur 'quadrat' und 'kubik'
⟨Funkhaus⟩ oh, guten abend herr cy.!
⟨Scream⟩ hallo cy =)
⟨Seven⟩ weil es für die anderen in dieser form keine verwendung gibt???
⟨Scream⟩ erfolgreich gekegelt?
*** Icequeen joined the channel.
⟨Cydat⟩ hab gesehn, dass ein mitglied des funkhauses gestern das nachtleben meiner heimatstadt genossen hat ;)
⟨Icequeen⟩ lass mich raten, hb.?
⟨Scream⟩ na, hast du ein glueck
⟨Funkhaus⟩ das wird wohl herr dolf gewesen sein im nachtstrom?
⟨Cydat⟩ oha ... du bist wahnsinnig gut, Icequeen *G*


Das "Nachtstrom" ist eine traditionsreiche Independent-Discothek in HB., die ich allerdings noch nicht kenne.

⟨Cydat⟩ er stand einsam und leicht verlassen in einer ecke :)
⟨Icequeen⟩ dem funkhaus zustimm *gg*
⟨Funkhaus⟩ : )
⟨Funkhaus⟩ er kann es sich auch leisten
⟨Cydat⟩ einsam und verlassen zu sein? *g*
⟨Funkhaus⟩ nein, sich auszuruhen ... hat er doch sein arbeitspensum hinter sich
⟨Cydat⟩ hehe
⟨Icequeen⟩ ich wollt grad sagen *g*
⟨Funkhaus⟩ was?
⟨Seven⟩ haben sie eine antwort auf ihre frage wegen der exponenten, herr honey?
⟨Funkhaus⟩ einsam & verlassen ist aber auch klasse ; )
⟨Icequeen⟩ *grml
⟨Cydat⟩ hm ... ein neuer songtitel?
⟨Cydat⟩ *g*
*** w-e joined the channel.
⟨Icequeen⟩ nebenbei @ funkhaus evtl interesse an ersatzteilen für c64 ... hab da wen, der sucht nen abnehmer für irgendwelche teile
⟨Funkhaus⟩ sie haben mir eine ausreichende antwort gegeben @s.
* Cydat darf daraus schliessen, dass Icequeen auch da war?
*** Funkhaus left the IRC network (:Connection reset by peer).
⟨w-e⟩ oh, um 23 uhr wird mal hier neuerdings rausgeschmissen
⟨sara-h⟩ ach so, funkhaus ist jetzt w-e?
⟨w-e⟩ ja
⟨sara-h⟩ ach ja
⟨Icequeen⟩ soll ich den satz wiederholen ?
*** Icon|weg left the IRC network (:Ping timeout).
⟨Scream⟩ tja, wer mit dem feuer spielt ... :)
⟨w-e⟩ satz?
* Cydat darf daraus schliessen, dass Icequeen auch da war?
⟨Cydat⟩ war mein letzter
⟨Icequeen⟩ wo? im nachtstrom? nein, war ich nicht
⟨Cydat⟩ dachte schon, da gleich zielstrebig HB. erkannt wurde ;)
⟨Icequeen⟩ hmm, *g* ich habe andere wege *g*
⟨sara-h⟩ ich war bei stahlklang in hh
⟨w-e⟩ oh
⟨sara-h⟩ war so irre geil
⟨Icequeen⟩ ich hab mit fieber im bett gelegen *schmoll vor mich hin
⟨sara-h⟩ gute besserung
* Cydat konnte sich gerad so eben halten ...
⟨Icequeen⟩ danke, geht zum glück wieder halbwegs
⟨sara-h⟩ habe mir mit penicillin geholfen gegen erkältung
⟨Medea⟩ *die Hand an der Maus festfrieren lass ~schmunzelnd~*
⟨Icequeen⟩ hmm, ich mag keine medikamente ...
⟨sara-h⟩ ist auch nicht immer nötig
⟨Icequeen⟩ naja, jedenfalls net so haemmer wie penicillin
* Cydat Taschentücher sucht.
⟨sara-h⟩ ich wollt auf keinen fall krank sein auf arbeit
⟨sara-h⟩ und party machen
*** Seven left the IRC network (:Quit: Leaving).
⟨Medea⟩ hatte eigentlich gerade wer "23" geschaut?
⟨sara-h⟩ habs aufgenommen
⟨Scream⟩ schon oefter gesehen, heute nicht
⟨w-e⟩ gestern ohne werbung ; )
⟨Medea⟩ aber mit der triologie hat das ja wohl nicht viel zu tun gehabt
⟨Scream⟩ noe
⟨Scream⟩ mehr mit karl koch
⟨Icequeen⟩ ehm, das letzte mal im mai gesehen *g*
⟨w-e⟩ obwohl hier eher der C64 der hauptdarsteller ist und nicht mal im vorspann erwähnt wird
⟨Icequeen⟩ und im juni irgendwann einfach aus interesse mal das buch zum film gelesen ... oder war es langeweile
⟨Medea⟩ *lach*
⟨Medea⟩ aus langeweile so ein buch lesen?
⟨Icequeen⟩ naja, meine bücher waren nicht in reichweite *g* ...
⟨Medea⟩ aber lies es nochmal ... breit ;o)

Medea nimmt Bezug auf die verbreitete Erfahrung, daß manch ein Kulturgenuß sich durch die Einnahme psychotroper Substanzen erhöhen läßt oder überhaupt erst zu einem solchen wird.

⟨Icequeen⟩ ausserdem wars ganz interessant, zumindest in psychologischer hinsicht
⟨Medea⟩ inwiefern?
⟨Icequeen⟩ was für nen verfolgungswahn man aufgrund solcher theorien entwickeln kann
⟨sara-h⟩ vielleicht doch auch eine endogene psychose, und die theorien wurden in die psychose einbezogen
⟨sara-h⟩ waren also nicht die eigentliche ursache
⟨Icequeen⟩ ja, schon klar, dass die theorien nicht die ursache waren ...
⟨Icequeen⟩ aber wie weit man sich in sowas reinsteigern kann
⟨sara-h⟩ das ist beeindruckend
⟨Medea⟩ ... und die drogen machen den rest
⟨sara-h⟩ genau
⟨Icequeen⟩ hmm, ob ich die frage mit den c64 ersatzteilen noch mal in den raum stelle??
⟨Icequeen⟩ japp hände weg von den drogen ... das prinzip kann gut klappen ...
⟨w-e⟩ was ist damit ? @icequeen
⟨Icequeen⟩ ob da wer interesse dran hat, nen kumpel fragt rum, ob wer welche haben möchte
⟨Icequeen⟩ @ w-e
⟨w-e⟩ naja, das funkhaus platzt eh an commodore-zeug ... da kann wohl jemand anders mehr mit anfangen
⟨Icequeen⟩ ich meinte, ich hör mich mal mit um ... und da hier eigentlich immer c64 freaks rumspringen
⟨w-e⟩ um was handelt es sich denn genau?
⟨Icequeen⟩ er wollte mir ne liste schicken, kann ich dann ja nochmal bekanntgeben
⟨w-e⟩ verstehe
⟨Icequeen⟩ eigentlich hatte er es mir auch gesagt
⟨Icequeen⟩ aber ich bin nen computer dau und konnte nix mit anfangen ...
⟨Icequeen⟩ und naja, da ich nen gedächtnis wie nen sieb hab ...
⟨Icequeen⟩ wollte er es mir nomma aufschreiben
⟨w-e⟩ ach so, an dieser stelle etwas werbung für sorayas seite ...


Rafa schien ein Werbemotiv einfügen zu wollen, jedoch erschienen nur für mich unverständliche Strings.

*** w-e left the IRC network (:Excess Flood).
*** Funkhaus joined the channel.
⟨Funkhaus⟩ huch sorry : )
⟨sara-h⟩ ist w-e jetzt wieder funkhaus?
⟨Funkhaus⟩ klar ; )
⟨sara-h⟩ ach ja
⟨Icequeen⟩ und ich sagte doch, ich bin ein dau, *kein wort davon versteh* ... naja, nach der zweiten zeile ...
⟨Icequeen⟩ das mit dem @ ist doch im irc eh der cheffe (das weiss sogar ein dau ) ;-)
⟨sara-h⟩ ach so
⟨Funkhaus⟩ eigentlich wollte ich nur etwas werbung für sorayas seite machen ...


Rafa nannte die URL von Berenices Homepage und erklärte, was für Strings er versehentlich in den Chat kopiert hatte:

⟨Funkhaus⟩ das war die liste der blast collection, sollte eigentlich in ein anderes fenster kopiert werden
⟨Scream⟩ oh


Während die Chatter Berenices Homepage betrachteten, merkte Rafa an:

⟨Funkhaus⟩ dort gibt es sogar ein paar mehr photos vom filmdreh


Als Rafa nach einem Live-Mitschnitt gefragt wurde, meinte er:

⟨Funkhaus⟩ ich finde eigentlich immer noch, dass konzerte auch optisch illustriert sein müssen, also dann lieber ein video


Die Chatter unterhielten sich darüber, welche Videos von W.E sie bereits besaßen. Rafa kündigte an, daß man auf dem nächsten Fanclubtreffen vielleicht die Videos der ersten Konzerte von W.E zeigen werde.

⟨Scream⟩ wird denn oefters mitgeschnitten?
⟨Funkhaus⟩ fast immer
⟨Icequeen⟩ *grinsen muss*


Icequeen lobte Berenices Homepage:

⟨Icequeen⟩ @ funkhaus, die site ist schön ...
⟨Funkhaus⟩ so, es wird wieder zeit für mich ...
⟨sara-h⟩ goodnight
⟨Funkhaus⟩ naja, sehr weiblich halt @icequeen ; )
⟨Icequeen⟩ ich find sie schön ... kompliment an soraya ... und natürlich ans funkhaus
⟨Funkhaus⟩ das funkhaus hat nur mit der "engine" zu tun
⟨Scream⟩ hehe :-)
⟨Funkhaus⟩ jede kritik am besten ins gästebuch
⟨Icequeen⟩ naja, man muss das ganze ja auch zum laufen kriegen ...
⟨sara-h⟩ heute im traum wollte mich jemand erschiessen ... geht mir grade so durch den sinn ...
⟨Icequeen⟩ hab schon lob ins gästebuch geschrieben
⟨Funkhaus⟩ also die KS-weste nicht vergessen


Damit meinte Rafa die kugelsichere Weste.

⟨Icequeen⟩ bin gar net so langsam
⟨sara-h⟩ mach ich. ich hab der mörderin die pistole aus der hand genommen
⟨sara-h⟩ war in einer fussgängerzone
⟨Scream⟩ ich werde jetzt auch zu bett gehen, wuensche noch ne angenehme nacht allen ;-) ... bis irgendwann
*** Medea left the IRC network (:Ping timeout).
⟨Icequeen⟩ nacht
⟨sara-h⟩ habe ich die pistole gesehen, mich auf den boden geworfen, der schuss ging daneben
⟨Funkhaus⟩ gute nacht ... das wünsche ich auch allen ... HCT NICHT vergessen ... bis bald!
⟨sara-h⟩ goodnight
⟨Icequeen⟩ ⟨- vermutet da eher nicht zu sein
⟨Icequeen⟩ gut nacht
*** Funkhaus left the IRC network (:Quit: ⟨O⟩ "Eine Welt verändert sich!" ²³).


Rafa zeigt in seinem Chat-Logo stets die Exponenten "2" und "3". Auf solche Symbole scheint er besonderen Wert zu legen. Freilich ist mir nicht bekannt, welchen Sinn dies in Rafas Augen hat.
Was in Rafa vorgegangen ist bei meiner Schilderung des Alptraums, bleiben Vermutungen. Es ist die Frage, ob er eine Verbindung ziehen kann zwischen dem versuchten Mord im Traum und seiner Werbung für die Homepage seiner Freundin. Mich hat vor allem angewidert, daß er hervorgehoben hat, die Site sei "besonders weiblich". Ihm ging es nicht um Berenices Individualität und eine persönliche Aussage, sondern um eine Schablone, nämlich seine eigene Vorstellung von "Weiblichkeit".
Rafa scheint unbedingt verhindern zu wollen, daß seine Fans erfahren, in welchen Verhältnissen er lebt. Ich vermute, es ist ihm peinlich, daß er mit zweiunddreißig Jahren noch in seinem Kinderzimmer wohnt. Schon als er zweiundzwanzig war, hatte ich den Eindruck, es war ihm peinlich, als er mir vor seiner Haustür etwas zögernd gestand, daß er noch bei seiner Mutter wohnt. Warum aber hat er daran nichts verändert? Was hält ihn in dieser "Kinderrolle"?
Die Arbeit des Studenten, die Rafa mit seiner Homepage verlinkt hat, befaßt sich mit der Neuen Deutschen Welle und der Renaissance, die sie erfahren hat, nicht zuletzt durch W.E. Es finden sich Teile aus Interviews, in denen Rafa seine Musik und seine Visionen beschreibt - durchaus überheblich:

"Die Substanz wird automatisch weiterentwickelt, denn in unseren Köpfen denken die Gehirne des neuen Jahrtausends."


Unter "Das äußere Erscheinungsbild, Konzept und Ästhetik von W.E" schreibt der Autor:

Da sich W.E "als Gastgeber und Präsentator eines einwandfreien Senders" sehen, ist es ihnen auch wichtig, repräsentativ gekleidet zu sein. Deshalb sind sie auf Fotos und während ihrer Auftritte ausschließlich in Anzug und Krawatte zu sehen. Zudem wird Lippenstift verwendet, was "ein wenig" an die Ästhetik von Kraftwerk denken lassen soll:
"Doch geht es hier auch um eine Art Maskerade, welche unser 'normalsterbliches' Erscheinungsbild hinter den Sender stellen soll. Es geht nie um die Moderatoren, sondern immer nur um den Sender!"
Die Booklets beinhalten viele alte Photographien, welche aus den 50er Jahren stammen. Honey bezeichnet diese Epoche als "eine Zeit, in der es sich lohnt, zu leben".
Er führt weiter aus:
"Dort, wo wunderhübsche Frauen flanieren, charmante Männer arbeiten, dort, wo VW-Käfer fahren, Telephone W-38 klingeln, wo wir an Nierentischen sitzen und unser Wirtschaftswunder mit einem kleinen Gläschen 'Martini' feiern und dies auf SUPER 8 festhalten [...] Die Mode, die Ästhetik, das Lebensgefühl, das Design, die Produkte dieser Zeit und vielleicht auch teilweise die Musik, die Balance, die Option, alles zu haben, alles zu können, doch immer im angebrachten, richtigen Rahmen, das ist es!!!"


Rafas unkritische Idealisierung der fünfziger Jahre, in denen er selbst nie gelebt hat, wird vom Autor nicht kommentiert.
Was die "repräsentative" Kleidung betrifft, so gilt dies allenfalls aus der Ferne und im Halbschatten, im Nebel oder im farbigen Licht. Das kann der Autor freilich nicht wissen.
Zu Rafas Texten ist ihm indes etwas aufgefallen:

Eines der beherrschenden Themen bei W.E ist die Flucht vor der Gesellschaft und das damit verbundene Verlassen dieser Welt. Hierbei ist oft von einer Reise in das All die Rede:
"Das All steht meist nur als Metapher für Träume. Denn das Universum und die Ewigkeit wecken unsere Träume am stärksten, und das wiederum facht das Gehirn an, und das wiederum denkt, schafft und produziert und erschafft wiederum ein Raumschiff (aus Chrom und Laserstrahl), mit dem wir diese Welt verlassen. Doch fliehen wir nicht vor der Gesellschaft, sondern nur vor der Viskosität der anderen Gehirne. Auf in die Neue Welt!!!"
Honeys Ansicht zufolge ist der Menschheit nicht mehr zu helfen, was auch an ihrer fraglichen Moral und den damit verbundenen falschen Werten liegen mag. In diesem Zusammenhang empfindet Honey "Ehrlichkeit, Loyalität, Disziplin, Freundschaft, Geistesgegenwart, Pflichtbewußtsein, Zivilcourage" usw. als Werte, die stärker vom einzelnen berücksichtigt werden sollten.
Allerdings kontrastiert die Band gelegentlich ihren Eskapismus mit einem völlig anderen Thema: Der Liebe. Am schönsten scheint es zu sein, wenn die Flucht von der Erde zusammen mit der Geliebten durchgeführt wird:
"Für einen Menschen in einer Neuen Welt bedarf es nur eines Mannes und einer Frau. Alles andere würde doch nur stören. Und wenn die Frau dann auch noch die Geliebte ist, weiß ich nicht, was daran nicht richtig sein sollte."


Mir fällt dazu ein, daß Rafa für seine Untreue, seine Unehrlichkeit, seine mangelnde Loyalität und Disziplin, seine fehlende Verläßlichkeit in Freundschaften und seinen chaotischen Lebenswandel seit vielen Jahren berüchtigt ist. Das einzige, was ich ihm zugestehe, ist Zivilcourage, die er bewiesen hat, als er mich gegen den Sockenschuß und die Türsteher vom "Nachtlicht" verteidigt hat. Ansonsten belügt und betrügt er seine Freundinnen, macht Annäherungsversuche bei den Freundinnen seiner Freunde, hält Verabredungen nicht ein, trickst bei Geschäften und will keiner geregelten Arbeit nachgehen, so daß es ihm unmöglich ist, eine eigene Familie zu ernähren, ja auch nur eine eigene Wohnung zu finanzieren. Seiner Nikotinsucht ergibt er sich willig und hemmungslos.
Daß Rafa vor den Menschen fliehen will, weil es ihnen an moralischen Werten fehlt, glaube ich nicht. Ich glaube viel eher, daß er vor ihnen fliehen will, weil sie ihn an seine fehlenden moralischen Werte erinnern. Rafa möchte vor seinen eigenen Verfehlungen davonlaufen. Er möchte vor sich selbst davonlaufen, wie er es auch in seinen Texten beschreibt. Wenn er auf seiner Flucht eine Gefährtin mitnehmen möchte, dann wahrscheinlich, um sich nicht einsam zu fühlen, doch es könnte spätestens dann schwierig werden, wenn die Gefährtin eigene Wünsche anmeldet und eigene Vorstellungen äußert. Schließlich steht in einem von Rafas Texten, daß er in eine Welt fliehen möchte, wo es "nur mir gefällt"; ob es auch seiner Partnerin dort gefällt, ist ohne Belang.
Rafa wäre in seiner "Neuen Welt" mit der Gefährtin allein, weil dort ja, wie er im Interview in der Seminararbeit schreibt, nicht mehr nötig ist als diese zwei Personen. Rafa scheint überzeugt zu sein, daß er sonst auf keinen Menschen angewiesen ist. Das würde bedeuten, daß er autark leben muß wie Menschen auf abgelegenen Gehöften, und damit wäre ein Leben voll harter Arbeit verbunden. Für Computerspiele bliebe keine Zeit mehr, und außerdem - woher käme der Strom? Seinen Tabak müßte Rafa auch selbst anbauen. Und ohne medizinische Versorgung wäre die Lebenserwartung recht niedrig. Rafa und seine Gefährtin müßten an Krankheiten sterben, die auf der Erde ohne Weiteres behandelbar wären.
Rafa scheint seine Träume von einer Neuen Welt, in der alles einfach ist und keine Barrieren im Weg stehen, nie zuendezudenken und mit der Wirklichkeit in Kontakt zu bringen. So bleiben seine Zukunftsvisionen vage, und in seinem Leben verändert sich nichts.
Der Ausdruck "Realitätsflucht" wird auch von dem Autor der Seminararbeit unter den Stichworten genannt.

In einem Traum war ich wieder in dem Haus von Rafas Familie. Dieses Mal wurde ich nicht hinausgeworfen. Was zwischen Rafa und mir passierte, vergaß ich sehr schnell. Als ich allein durch einen Flur ging, war es mir, als würde ich Rafas Mutter durch einen Türspalt sehen können. Sie ist mir in Wirklichkeit nie persönlich begegnet.

Am Abend war ich mit Saara, Danielle und Mariana in einem Bistro zum Abendessen. Ich bestellte mir ein feines Nudelgericht mit frischen Kräutern. Wir tranken Milchkaffee und klatschten und tratschten. Mariana hat Sorgen wegen ihres Nicht-mehr-und-dann-wieder-Verlobten; sie weiß nicht recht, ob sie sich für oder gegen ihn entscheiden soll. Er sei immer so ichbezogen und dann doch wieder so lieb.
Danielle wirkte aufmunternd und ausgeglichen. Sie ermutigte Mariana, ihre Beziehung nicht unbedacht aufzugeben. Mariana hänge doch sehr an ihrem Freund.
"Danielle ist sowas wie eure Sorgentante", meinte ich.
Danielle bezeichnet Mariana als "die Mutter" unter den drei Schwestern. Saara hingegen sei "das Kind".
"Jaa, jaa, alle auf mich!" klagte Saara.
Stolz drehte sich Saara vor allen Spiegeln hin und her, um die Goldkette mit Brillantsplitter an ihrem Hals zu bewundern, die sie von ihrem neuen Freund Justin geschenkt bekommen hat. Sie kennt Justin schon jahrelang als Kollegen, doch jetzt habe es gefunkt.
"Goldketten schenken", war ich skeptisch. "Wer gleich so ankommt, taugt nichts! Dem geht's nur darum, zu zeigen, was er für ein toller Kerl ist. Teure Geschenke dienen nur zur Selbstdarstellung. Er glaubt, sich Frauen kaufen zu können."
"Er ist für mich auch nicht der ultimative Mann des Lebens", meinte Saara schließlich. "Aber ich will das jetzt einfach genießen, daß ich so umworben werde."
Dieses Werben, dieses filmreife Kavaliersverhalten ist es, was sie bei Svenson vermißt hat.
Danielle berichtete, daß Mike es endlich geschafft hat, das Computerzimmer aufzuräumen. Er lasse immer sehr viel herumliegen.
Claudius hat mir am Telefon erzählt, daß Mike immer wieder laut wird, wenn er betrunken ist. Kürzlich soll er Claudius und Danielle vorgeworfen haben:
"Was wißt ihr denn schon, was Sorgen sind! Ihr seid doch euer Leben lang in euren Familien verwöhnt worden, ihr hattet doch nie Probleme!"
Ich finde es aufschlußreich, daß Mike Claudius beneidet, obwohl dieser eigentlich allen Grund zum Klagen hätte. Claudius hat verwachsene Knochen, so daß er vom Aussehen her nie mit anderen Männern mithalten kann. Doch Claudius wirkt viel ausgeglichener und belastbarer als Mike.
In einem Traum sah ich Folgendes:

Sophie Scholl saß in ihrer Todeszelle an einem Tisch und sagte zu einem Wachmann:
"Worte können mehr schaden als Taten."
"Ich fühle mich wohl", schrieb sie auf einen Zettel. "Worte können mehr schaden als Taten."


Ihre Hinrichtung schien für sie weniger schwer zu wiegen als die Tatsache, daß sie sich selbst nicht verleugnet hatte. In dem Traum geht es um die Inkaufnahme des Todes für den Erhalt der persönlichen Integrität. Sophie blieb sich selbst treu. Sie hatte den Mann gefunden, den sie liebte und der auch sie liebte. Dennoch brachte sie sich in Lebensgefahr und verteilte Flugblätter. Sie nahm damit auch das Unglück ihres Verlobten in Kauf.
Man könnte Sophie vorwerfen, sich verantwortungslos gegenüber ihrem Verlobten und ihrer Familie verhalten zu haben. Freilich fühlte sie selbst sich für das gesamte Volk verantwortlich und opferte sich dafür.
Der einzige Mensch, mit dem ich für immer zusammenleben muß, bin ich selber. Wenn ich mit mir selbst nicht im Reinen bin, kann ich auch mit anderen nicht ins Reine kommen.
Die Menschenwürde ist mir wichtiger als die Trauer um die Menschen, die ich liebe.
Ende Februar war ich im "Zone". Während ich vor der Bühne stand und mich mit Claire und Cal unterhielt, sah ich rechts auf der Bühne, nur wenige Meter entfernt, Berenice mit einer Freundin stehen, die schwarz gefärbte Haare trug. Die Haare von Berenice sind nach wie vor gelborange, wohl vom Wegbleichen der schwarzen Färbung. Berenice trug ein langes schwarzes Abendkleid.
Die beiden Mädchen rührten sich kaum von der Stelle, die ganze Zeit über, die ich im "Zone" war.
Les bat mich, für ihn "We are trash" von Missratener Sohn zu brennen, weil das so gut ankam.
Zenza saß beim DJ-Pult auf einem Barhocker. Sie erzählte, daß Lysanne zur Zeit von Ace getrennt ist. Sie soll sich öfters von ihm trennen. Aus einer geschiedenen Ehe soll sie zwei Töchter haben, fünfzehn und acht Jahre alt, die sie allein erzieht. Die ältere soll ein schwieriges Kind sein. Ace soll gerade eine Umschulung im Informatikbereich machen. Mit dem Auflegen soll es nicht mehr so laufen. Zwischenzeitlich soll Ace bei einer Veranstaltungsfirma in HH. gearbeitet haben. Aus seiner Zeit beim Radiosender soll Ace einen Maine-Coone-Kater haben, damals die Redaktionskatze.
Ich erzählte Zenza von den Chats mit Rafa. Sie wußte, daß Rafa sich regelmäßig an einem Tag in der Woche mit Darius trifft. Die Treffen sollen "Herrenabende" sein, "immer ohne Frauen", und dienstags oder donnerstags stattfinden. Ich fragte Zenza, ob sie von Rafas Tradition wisse, sich jeden Montagabend mit Anwar zu treffen.
"Ach, der ist wohl bei den Herrenabenden auch noch dabei", fiel ihr ein.
Ob die "Herrenabende" den "Rafa-und-Anwar-Montag" ersetzt haben, wußte Zenza nicht.
Lysanne ist auf Rafa nicht gut zu sprechen. Es kam vor, daß er für die Damen von W.E Kleider bestellte und wochenlang nichts von sich hören ließ. Dann rief er an und verlangte:
"Morgen müssen sie fertig sein."
Die Damen sollen nicht sehr zuverlässig sein und gelegentlich zu Anproben einfach nicht erschienen sein.
Was Kitty betrifft, so will Zenza von Leuten, die Kitty kennen, gehört haben, daß sie aus der Band ausstieg, weil sie "keinen Bock mehr hatte auf das Theater".
Demnach war Rafas Erklärung in Internet, der Ausstieg habe berufliche Gründe, unzutreffend.
Ich erzählte von Berenices Internetseite. Zenza kennt Berenice kaum, kann sie aber schon vom flüchtigen Kennen her nicht leiden:
"Wer so ein Auftreten hat, mit dem will ich nichts zu tun haben."
Sie findet Berenice ziemlich hochmütig.
"Ich mag Leute wie dich, die was Besonderes sind", meinte Zenza. "Du traust dir was mit deinen Kleidern ... aber wenn jemand so daherkommt und tut, als sei er wer weiß was, nur weil er in einer Band ist, und versucht, was darzustellen, was er nicht ist, das kann ich nicht leiden."
Berenice kam zu Les ans Pult, in Begleitung ihrer Freundin, und redete kurz mit Les. Später erzählte mir Les:
"Erst habe ich sie gar nicht erkannt. Rafa hatte wohl keine Lust, mitzukommen ..."

Am Morgen habe ich geträumt, Rafa und Berenice würden sich einem Testverfahren unterziehen, um zu demonstrieren, wie harmonisch ihre Beziehung ist.

"Dann haben sie es wohl nötig", fällt mir dazu ein.
Rod hat sich neulich Berenices Internetseite angeschaut und keinen Appetit auf sie bekommen:
"Da ist nichts, was einen abturnt. Da ist aber auch nichts, was einen wirklich anturnt. Sie ist jemand, den man ganz schnell vergißt."
"Das ist es", nickte ich. "Ihr fehlt das gewisse Etwas. Sie ist so durchschnittlich, daß man auf der Straße an ihr vorbeigeht. Sie ist kein Hingucker, sondern jemand, durch den man hindurchguckt."
"Und dann hält sie am Ende noch die Klappe und macht guten Sex", ergänzte Kollege Wim. "Tja, da kommst du nicht zwischen."
"Nein, da komme ich nicht zwischen", bestätigte ich. "Sie ist Rafa immer unterlegen, was sie auch tut. Darauf kann er sich verlassen. Da kann ich wirklich nicht mithalten. Ich bin ihm nie unterlegen, was er auch tut. Ich bin Rafa einfach nie unterlegen."
Anfang März habe ich im Nachtdienst eine makabre Geschichte gehört. In der Nacht zum Vortag war ein schizophrener Patient aufgenommen worden, der für seine aggressiven Impulsdurchbrüche bekannt war, ein junger Mann mit 135 kg Lebendgewicht. Zunächst war er friedlich und wurde auf einer gemischtgeschlechtlichen geschlossenen Station aufgenommen. Gegen Morgen jedoch kam es zu wahnhaften Verkennungen und tätlicher Aggressivität. Der Patient schlug eine Mitpatientin mit dem Kopf gegen eine Wand. Eine Krankenschwester ging dazwischen und wurde von dem Patienten durch die Gegend geschleudert, daß sie mit dem Kopf auf den Boden schlug. Ein anderer Patient bewarf den Aggressiven mit einem Stuhl und rettete der Krankenschwester so wahrscheinlich das Leben. Sie drückte den Alarmknopf, und mit großem Aufgebot wurde der Randalierer auf eine geschlossene Männerstation verlegt und vor dem Stationszimmer auf einem Bett verschnürt und mit Haldol und Valium versorgt. Als die Medikamentenwirkung eigentlich schon verflogen war - um die Mittagszeit - stellte der Patient von einem Augenblick zum anderen das Atmen ein. Nach einer Stunde Reanimation gab man schließlich auf. Woran er eigentlich gestorben war - an einer Embolie, einer Hirnblutung, einem allergischen Schock oder was immer - bekam man nicht heraus, weil die Angehörigen eine Obduktion ablehnten.

In einem Traum befand ich mich in meinem Arztzimmer, und ein junger Schizophrener saß mir gegenüber, nicht dick, sondern drahtig, mit Baseballkappe, wie einer von den Rowdies, die Bushaltestellen demolieren. Ich merkte, wie er zunehmend gespannter wurde und der Wahn mehr und mehr durchbrach. Es gelang mir gerade noch, den jungen Mann hinauszugeleiten und mich selbst im Stationszimmer in Sicherheit zu bringen. Ich nahm den Telefonhörer in die Hand, um Verstärkung herbeizuholen.


Eben da wurde ich von einem Dienstanruf geweckt und war erstaunt, daß das Telefon klingelte, obwohl ich telefonierte - und daß ich den Hörer gleich noch ein zweites Mal abnehmen konnte.
Als meine Mutter Geburtstag hatte, waren Constri, Denise und ich bei ihr und haben alte Farbdias angeschaut. Es waren Bilder aus den sechziger und frühen siebziger Jahren. Man sah den Garten des Hauses in S., in dem ich meine ersten beiden Lebensjahre verbrachte. Mein Vater hatte den Garten schön angelegt mit durchbrochenem weißem Mäuerchen, Kleinkinderschaukel und Schwimmbecken. Als ich gerade zur Welt gekommen war, sah der Garten noch sehr verwildert aus. Auf einem Dia sieht man im Hintergrund den Hang mit dem Friedhof, an dessen oberem Ende damals gerade die katholische Kirche gebaut wurde. Meine Mutter erzählte, daß man ewig den Baulärm aus nächster Nähe hörte. So könne sie sich auch meine Vorliebe für industrielle Rhythmen erklären. Der Krach war für mich gleichbedeutend mit "Heimat" und "Geborgenheit".
Georgiana erzählte in einer E-Mail:

Mein Opa ist ziemlich plötzlich gestorben, und ich war total down. Die Umstände im Krankenhaus waren miserabel, und das hatte er weiß Gott nicht verdient! Das war schon eine ziemlich schlimme Zeit für mich, vor allem die Beerdigung! Aber er ist ja 90 Jahre alt geworden, und das ist schon ne Leistung!! Danach stand seine Wohnungsauflösung an, und man glaubt gar nicht, wieviel alte Leute sammeln können!
Tja, damit sind wir erst letzte Woche fertig geworden. Zwischendurch mußte ich auch noch meine Hausarbeit schreiben (nie wieder will ich was von Dürrenmatts "Physiker" hören!), mit der ich heute fertig geworden bin.


An Georgiana mailte ich:

Dir herzliches Beileid zum Tod deines Opas. Ich denke, so ein Abschied ist immer schwer, auch wenn man weiß, daß der Verstorbene ein langes, erfülltes Leben gehabt hat. Er fehlt einem eben.
Meine Omas sind schon lange tot. Opas hatte ich nie gekannt, die waren schon lange vor meiner Geburt gestorben, beide im Jahre 1944. Eine Uroma war schon 1908 tot. Ich kannte nur die Stiefuroma, die wurde fast 94 und starb 1975, im gleichen Jahr wie eine andere Uroma. Die anderen beiden Uromas kannte ich nicht. Eine Oma ist 1981 gestorben, eine 1988. Das war es mit der älteren Generation. Zu beiden Omas hatte ich übrigens guten Kontakt, sie haben in meiner Kindheit eine wichtige Rolle gespielt.
Mein Nichtlein Denise kam am 03.02.2003 zur Welt, ein gesundes 4-Kilo-Mädchen. Es ist das erste Kind meiner Schwester. Sie stillt es und hat die Geburt gut überstanden. Ich bin jetzt noch häufiger bei meiner Schwester zu Besuch als sonst, um meine Nichte zu sehen. Sie wird mein drittes Patenkind. Mein erstes ist die jetzt achtjährige Tochter meiner Freundin Merle, das zweite ist Ida, die vierjährige Tochter meiner Cousine Lisa. Leider habe ich selbst immer noch keine Kinder und auch keine Aussicht, je welche zu haben. Ich bin eben kompromißlos und will Kinder nur mit Rafa, dem Mann, den ich liebe. Und wir kommen eben nie zusammen. Darüber bin ich sehr traurig, aber ändern kann ich daran nichts. Und lieber bleibe ich für immer alleine, als mir und anderen etwas vorzuheucheln. Eine solche Haltung gilt in unserer Gesellschaft als "unmöglich", umd man muß sich andauernd dafür rechtfertigen, daß man nicht bereit ist, sich zu verleugnen und so zu tun, als hätte man an anderen Männern Interesse. Wenn man den Leuten vorspielt, man sei mit irgendwem glücklich, glauben sie es nur zu gern. Es ist einfach, "glückliches Paar" zu spielen, auch wenn jede Substanz fehlt.

In einem Traum sprach Rafa von Berenice als seiner "Angetrauten".


Ted erzählte am Telefon, daß er weitere Kapitel von "Im Netz" gelesen hat; das sei doch genau so beschrieben, wie er selbst die Liebe wahrnimmt und lebt. Die Dialoge, die ich mit Rafa geführt habe, seien so detailreich wiedergegeben, daß er daran erkenne, daß sicherlich auf Rafas Seite eine Bindung an mich bestehe.
Ted ist Marvin kürzlich auf der Geburtstagsfeier von Lev begegnet, sprach ihn aber nicht an. Er hatte gehofft, daß Marvin auf ihn zukommen werde. Inzwischen will er es wagen, Marvin bei der nächsten Gelegenheit selbst anzusprechen, zumal es keine Freundin mehr gibt, die zwischen ihm und Marvin steht.
Marvin hat seine Ausbildung zum Mechatroniker erfolgreich abgeschlossen, ist auf Montage in China und kümmert sich um seine Karriere. Mehr und mehr nähert er sich beruflich Teds Level an.
Ted versicherte, zwischen ihm und Marvin habe es nie körperliche Nähe gegeben. Auch solche offenen Gespräche, wie Rafa und ich sie geführt haben, hätten nicht stattgefunden. Marvin sei Themen wie "Liebe", "Beziehung" und "Coming out" aus dem Weg gegangen.
An Shara mailte ich:

Schön, daß euch die Fotos gefallen haben! Ja, Constri ist schön wie ein Bild, und ich fotografiere sie viel und gern, vor allem, seit sie sich wieder die Haare aufsteckt und Schleifen trägt etc. Das steht ihr besonders gut. Sie hat lange Zeit immer so übertrieben die Haare toupiert, das läßt sie jetzt wenigstens sein.
Dein schräges Stück (Tinsmith & Crossbow) habe ich mir angehört und finde es schön schrill; es ergab eine hinreißende Mischung mit dem albernen Fürstenroman, den ich da gerade gelesen habe (ab und zu brauche ich Literatur, die jede Art von Hirntätigkeit verhindert).
Constri hat es leider immer noch nicht geregelt gekriegt, die Stücke von Derek als mp3 ins Netz zu stellen. Na ja, es sei ihr verziehen, schließlich stillt sie andauernd ihre kleine Denise.
Bisat weiß gerade nicht so recht, was er will. Vorhin hat er ein Maunz-Konzert gegeben, ohne konkreten Hinweis, was das eigentlich aussagen sollte. Jetzt habe ich ihn auf meinen Bürostuhl gesetzt.


Am Donnerstag war ich in der "Spieluhr" und traf dort Zenza, Lysanne und Les. Es liefen unter anderem "1000 Sterne" von Praga Khan - ein Stück, das diese belgische Band als Hommage an die NDW auf Deutsch singt -, "Timekiller" von Project Pitchfork und "Honour" von VNV Nation. Les erzählte mir, daß Rafa am Vortag im "Zone" war. Berenice war nicht dabei. Rafa trug seine Lokomotivführermütze, die ich so süß finde. Les erfüllte ihm viele Wünsche, und er tanzte sogar. Les bat ihn, in der kommenden Nacht in die "Spieluhr" zu kommen.
"Mal sehen", soll er geantwortet haben.
Er kam nicht in die "Spieluhr".
Von nun an war ich durchgehend damit beschäftigt, mich aufzuregen. Da war ich einmal nicht im "Zone", und schon kam Rafa, der das "Zone" nur zweimal im Jahr besucht, und dann auch noch ohne seine Freundin. Ich konnte mich nicht beruhigen, und dabei blieb es.
"Bin ich denn verflucht?" dachte ich. "Will das Schicksal mich jetzt nur noch fertigmachen?"
Wahrscheinlich werde ich Rafa in diesem Jahr überhaupt nicht sehen. Les trifft ihn immer wieder, und ich komme immer nur dann und dahin, wenn und wo Rafa gerade nicht ist. Stattdessen sehe ich seine Freundin, die ich gar nicht sehen will.
"Vergiß Rafa endlich", beschwor mich Les. "Sonst mache ich dir eine Dauerwelle."
"Ich liebe Rafa und sonst niemanden."
Les droht gern mit einer Dauerwelle. Einmal hat er Taidi gebeten, mir auszurichten, ich solle die Dauerwellenflüssigkeit nicht vergessen, wenn ich wieder ins "Zone" käme.
Zenza erinnerte sich an jenen 08.08.2001, als ich auch ausnahmsweise nicht im "Zone" war und ausgerechnet an diesem Tag Rafa im "Zone" war, und dann noch ohne seine Freundin. Rafa hat Zenza angebettelt, daß sie mit ihm kickern sollte:
"Kickern ist geil, wir machen ein Team!"
Zenza ließ sich aber nicht zum Tischfußball überreden.
Rafa als Mann wirkt auf Zenza nicht besonders anziehend, Les hingegen findet sie sehr attraktiv. Sie erzählte mir, daß sie sich schon vor Jahren in Les verliebt hat. Er soll großen Gefallen an der Oberweite der jetzigen Freundin von Robin gefunden haben und mittlerweile immer offensichtlicher schwul sein. Zenza meinte, sie liebe Vittorio anders als Les. Wenn es Vittorio aber nicht geben würde, wäre Les sofort wieder auf Platz eins.
"Ist er nicht erotisch?" fragte sie und betrachtete Les mit seinem natürlich gelockten Pferdeschwanz, seinem schelmischen Vollmondgesicht und seinem langen geschlitzten Rock.
"Er sieht nicht 0815 aus", meinte ich. "Er hat Ausstrahlung. Er hat das gewisse Etwas."
Zenza und Lysanne trugen aufregende Lackgarderobe und tanzten miteinander. Lysannes Achtjährige war allein zu Haus, kannte aber Lysannes und Zenzas Handynummern, und Lysanne schaute regelmäßig nach, ob ein Anruf auf dem Display eines der Handies verzeichnet war.
Morgens kurz nach zwei Uhr schickte mir Cielle eine SMS:
"Ginet hat sich gerade von mir getrennt. Schon wieder vorbei, mein Glücklichsein. Wieso muß das so sein? Verdammt, wieso immer mit mir? Obwohl es nie an mir liegt? Was hab ich nur verbrochen? Ich kann bald nicht mehr! Echt nicht!"
Ich antwortete:
"Das frag ich mich, ob es sowas wie einen Fluch des Schicksals gibt, der einem immer alles versaut."
Constri hat kürzlich geträumt, Denise sei tot. Sie meint, dieser Alptraum sei wohl dazu da, ihr bewußt zu machen, daß alle Sorgen klein und unbedeutend sind angesichts der Tatsache, daß sie ein gesundes Kind hat.
"Ich soll mich freuen, daß Denise da ist", findet sie, "das ist doch das Wichtigste! Alles andere ist doch weniger wichtig."
Am Samstag war ich im "Read Only Memory" und traf dort Claudius. Er hatte Ginet vorhin im Fitneßstudio getroffen und von ihm erfahren, daß er sich von Cielle getrennt hat. Nach dem Grund wollte Claudius ihn nicht fragen, um in der öffentlichen Atmosphäre nicht indiskret zu werden.
Im "Read Only Memory" war wesentlich mehr los als noch vor einigen Monaten. Auch die Musik gefiel mir. Unter anderem liefen "Eiskalter Engel" von Mondsucht, "Hang him higher" von :wumpscut: und "Solitary" von VNV Nation.
Edaín tanzte fröhlich und genoß das Weggehen. Sie will erst einmal wieder ausgiebig am geselligen Leben teilnehmen, ehe sie darüber nachdenkt, ein zweites Kind zu haben. Kappa hingegen will, so glaubt sie, am liebsten noch weitere fünf Töchter.
Claudius staunte, wie schlank Edaín schon wieder ist, ohne etwas dafür getan zu haben. Sie trug ein hochgeschlossenes Lackshirt und eine enge schwarze Hose.
"Solche Kleider würden mir nicht stehen", dachte ich. "Sie passen nicht an den Hüften. Andererseits würde ihr mein Organzakleidchen auch nicht stehen. Solche Puppenkleidchen stehen wahrscheinlich fast nur mir."
Kappa freut sich über Mayas erste Gehversuche. Edaín freut sich, wenn Maya mit ihrem warmen Kinderstimmchen "Mama" sagt.
Maya soll von demselben Pastor getauft worden sein, der Kappa konfirmiert und Edaín und Kappa verheiratet hat.
Edaín fragte nach Inhalten meiner Geschichte "Im Netz". Sie wollte das Pseudonym wissen, unter dem ich mit Rafa chatte. Ich verriet es ihr; es ist kein strikt gehütetes Geheimnis.
Als ich darauf zu sprechen kam, daß Kappa seine frühere Verlobte Genna einige Male betrogen hat, erzählte Edaín, nach ihrem Kenntnisstand habe das in gewissem Rahmen auf Gegenseitigkeit beruht.
Edaín scheint sich nicht völlig sicher zu sein, ob Kappa mit Rafa ein Verhältnis hatte oder nicht. Ich meinte, Rafa erzähle viel, wenn der Tag lang sei, und davon treffe vieles nicht zu. Sicher sei ich mir nur darin, daß zwischen Rafa und Kappa ein freundschaftliches Verhältnis besteht.
Edaín meinte, daß das Leben als Musiker Rafas Wesen und Verhalten erheblich beeinflußt haben könnte.
"Er war schon vorher so", meinte ich. "Er ist deshalb ja auf die Bühne gegangen. Er hat hart dafür gearbeitet, um sich viel auf Bühnen aufhalten zu können. Er hat deswegen auch viele Rückschläge und Frustrationen auf sich genommen."
"Wir stehen alle auf irgendwelchen Bühnen", meinte Edaín in bezug auf Rafa, Kappa, sie selbst und mich.
Rafa steht auf Konzertbühnen und am DJ-Pult, Kappa steht manchmal auf Konzertbühnen und viel am DJ-Pult, Edaín steht am DJ-Pult.
"Und du hast die Tanzfläche als Bühne", setzte Edaín hinzu, "das ist eine noch größere Bühne."
"Wir sind eben lauter kleine Narzißten", meinte ich.
Davon wollte Edaín nun aber nichts hören. Ich erklärte ihr, daß nach meiner Sichtweise Narzißmus nichts weiter bedeutet als den Wunsch, selbst etwas wert zu sein. Nur wenn das Selbstwertgefühl erheblich vermindert ist, kann von etwas Krankhaftem gesprochen werden.
"Ich bin aber aus ganz anderen Gründen ans DJ-Pult gekommen", entgegnete Edaín und erzählte, wie Kappa ihr vor Jahren im "Maximum Volume" das Auflegen beigebracht hat.
Edaín leidet an Agoraphobie, Panik in großen Menschenmengen. Wenn sie mit Kappa ausging, zog sie sich gerne zu ihm hinters DJ-Pult zurück. Sie wollte dort aber nicht nur herumstehen. Ihr war das unangenehm, weil die Leute sie da so untätig sahen. Deshalb bat sie Kappa, ihr zu zeigen, wie man auflegt. In der "Halle" überließ er ihr kurze Zeit später für mehrere Stunden das DJ-Pult. Sie kannte die Musik kaum und suchte sich nach und nach die Titel zusammen, von denen sie meinte, daß man sie spielen könnte. Währenddessen mußte ein Bekannter die Schranke zum DJ-Balkon bewachen, damit sie nicht gestört wurde.
"Wenn du ein Kind hast, verlierst du alle Selbstwertprobleme", ist Edaín sicher. "Kappa will ich gefallen. Aber Maya liebt mich bedingungslos, egal wie ich gerade aussehe oder wie ich mich fühle."
Edaín erzählte, sie liebe Kappa auch bedingungslos, fühle sich auch von ihm geliebt. Ich machte mir bewußt, daß nicht einmal die engste Beziehung eine Garantie bedeutet. Verheiratete sind nie sicher vor der Furcht, ob sie immer noch geliebt und erwünscht sind.
Edaín vermutet, daß Rafa deshalb nicht mit mir zusammen sein will, weil ich zuviel an ihn denke und er das als einengend erlebt. Sie erzählte, wie sie Kappa an sich bindet, indem sie ihn losläßt:
"Kappa ist ein freiheitsliebender Mensch."
"Ja."
"Ich lasse ihn gehen, wohin er will. Von mir aus kann er sich auch mit anderen Frauen ins Bett legen. Und weil ich ihn loslasse, kommt er immer wieder zu mir. Wenn ich aber bitten würde, Kappa, bleib bei mir! - dann würde ihn das von mir wegziehen."
"Das stimmt, er würde sich dann nämlich eingeengt fühlen."
"Du mußt Rafa also wegstoßen, damit er zu dir kommen will."
"Das Prinzip verstehe ich. Ich versuche mir vorzustellen, wie ich das für meine Situation übersetzen kann."
"Du denkst doch viel an ihn."
"Ja, dauernd."
"In deiner Geschichte finde ich häufig die Zuversicht, daß er eines Tages zu dir zurückkommt."
"Das stimmt."
"Indirekt steht am Ende jedes Satzes deine Sehnsucht nach ihm."
"Das ist richtig."
"Und das merkt er, und das ist ihm zuviel."
"Das kann sein."
"Du müßtest ihn also wegstoßen."
"Wenn du Kappa gehen läßt, wohin er will, hörst du dennoch nicht auf, ihn zu lieben", wandte ich ein.
Edaín versuchte zu erklären, wie man jemanden lieben und trotzdem wegstoßen könnte. Sie empfahl mir, weniger an Rafa zu denken.
"Weniger an ihn zu denken ist unmöglich", entgegnete ich. "Ich kann höchstens auf eine andere Art an ihn denken, vielleicht mit mehr Zuversicht und Gelassenheit."
Ich erzählte, was für ein pessimistisches Weltbild Rafa in unserem Chat im Dezember gezeichnet hat.
Edaín ist überzeugt, daß ich Rafa nur allein durch meine Gedanken beeinflussen kann:
"Wir sind alle miteinander verbunden. Was du denkst, kann Rafa jetzt spüren."
"Deine Augen" von Rafa begann. Edaín lauschte und staunte:
"Siehst du! Ich hab's dir gesagt! Wenn das kein Beweis ist ..."
"Es gibt etwas zwischen Himmel und Erde, das stimmt."
Ich erzählte ihr von dem Traum, den ich 1993 hatte, in dem Rafa und ich nachts eng umschlungen durch die Straßen gingen, und über unseren Köpfen leuchtete ein türkises Schild: "Liebe". Sechs Wochen später waren Rafa und ich damals wirklich nachts eng umschlungen durch die Straßen gegangen. Er hatte für uns eine Bank ausgesucht, und als wir dort saßen, fiel ihm das türkis leuchtende Schild über unseren Köpfen auf: "Liebe".
"Nichts ist ein Zufall", meinte Edaín. "Und wenn du das in deiner Geschichte verwendest, dann kann ich lesen, was ich jetzt sage."
"Das ist es ja - die Geschichte lebt."
"Dann fahr' sofort nach Hause und schreib' das 20. Kapitel fertig."
"Das will ich, aber vorher muß ich in den 'Radiostern', da wartet Cyra auf mich."
Ich erzählte von den Industrial-Rhythmen, die mir das Gefühl geben, daß die Welt doch irgendwo heile ist, und die mich innerlich zur Ruhe kommen lassen.
"Also, wenn ich Winterkälte höre, empfinde ich alles Mögliche, nur nicht Ruhe", meinte Edaín.
"Das hat bei mir wohl auch einen besonderen Grund", erzählte ich. "Meine Mutter hat ihn gefunden, als wir kürzlich alte Kinderfotos angeguckt haben. Im Frühjahr 1966, als ich gerade geboren war, war unser Garten noch sehr verwildert, und gegenüber auf dem Friedhofshügel wurde die katholische Kirche gebaut. Jeden Tag hörte man den Baulärm. Wahrscheinlich verbinde ich deshalb Industrielärm und Maschinengeräusche mit Heimat und Geborgenheit."
Edaín empfahl mir, mich mit Klein Denise Tête à Tête ins Bett zu legen, das sei ein unvorstellbares Gefühl. Ich bestätigte, daß es etwas sehr Besonderes ist, die Nähe dieses kleinen Kindes zu fühlen.
"Es gibt noch mehr Schlüsselerlebnisse", fiel mir ein.
Ich erzählte, wie ich mit Rafa in der "Halle" allein auf der Pressetribüne war. Er kniete auf dem Boden und hielt mich in den Armen. Ich lag quer auf seinen Knien.
"Als ich seine Beine im Rücken gefühlt habe, bin ich in mich zusammengefallen und habe gedacht, hier bin ich und hier bleibe ich und hier gehe ich nie mehr weg."
"Auch ohne Baulärm", bemerkte Edaín.
"Stimmt, auch ohne Baulärm!" bestätigte ich.
Als ich in den "Radiostern" kam, lief viel Industrial, unter anderem "4C2E" von 5F_55, "May not" von Celluloïd Mata, "Ilusión hecha mentira" von Dulce Liquido, "Fuelled" von MS Gentur und "Poison Kiss" von Dive.
Cyra wußte bereits von der Trennung von Cielle und Ginet. Sie hatte mit Cielle telefoniert und den Eindruck gewonnen, daß Cielle nicht völlig hoffnungslos ist und sich abzulenken versteht. Cielle und Ginet wollten beide nicht in den "Radiostern", weil sie keine Erinnerungen hochkommen lassen wollten.
Ich erzählte Cyra von meinem letzten Chat mit Rafa und von dem Traum, in dem ich einer fremden Mörderin die Waffe aus der Hand genommen habe. Ich erzählte ihr auch, wie sehr ich mich aufrege, weil Rafa im "Zone" war, als ich ausnahmsweise mal nicht da war.
"Er tritt am 17. April im 'Zone' auf", berichtete ich. "Das Konzert will ich aber nicht sehen. Ich will Rafa sehen, privat, nicht auf der Bühne."
"Wenn er auftritt, ist er danach ja eh sofort weg", wußte Cyra. "Der hängt dann eh nur im Backstage 'rum."
"Das war echt eine Ausnahme, daß ich ihn nach seinem letzten Auftritt im 'Zone' noch erwischt habe. Ich bin ahnungslos diese Treppe hochgegangen, und auf einmal sehe ich ihn dicht neben mir, da habe ich ihn mir erstmal geschnappt und kurz gestreichelt und nach seiner Taille gefaßt, aber danach bin ich natürlich gleich weitergegangen, weil, er darf ja nicht mit mir reden."
Nach dem Kehraus verabschiedeten Cyra und ich uns auf dem Parkplatz. Sie ermahnte mich, vorsichtig zu fahren, weil es regnete. Wir stiegen in unsere Autos und machten uns auf dem Weg nach Hause, wie Tiere, die zu von der Natur festgelegten Zeiten in ihren Schlafstätten verschwinden.
Das Weggehen bis in die frühen Morgenstunden ist für Cyra ebenso selbstverständlich, alltäglich und durchorganisiert wie für mich. Wenn man uns mit Tieren vergleicht, kommen am ehesten die Nachtaktiven in Frage.
Georgiana schrieb in einer E-Mail über Rafa:

Sag mal, wie lange bist du schon in ihn verliebt?
Aber ihr hattet schon mal was miteinander, oder?
Solch eine aussichtlose Liebe muß ja schrecklich sein ...
Ich hoffe für dich, daß vielleicht doch irgendwann mal eine Möglichkeit besteht und du mit ihm glücklich werden kannst!!
Hast du denn wenigstens noch Kontakt zu ihm?
Ach ja, wo die Liebe hinfällt, da kann ich ein Lied von singen.
Bei mir ist das auch nie einfach gewesen!
Jetzt bin ich ja schon seit 3 Jahren mit Layla zusammen und das klappt wirklich toll!
Aber die sch... Gesellschaft macht einem doch immer wieder zu schaffen!
Da war es mit meinen Freunden einfacher!


Ich mailte an Georgiana:

Übrigens - der Mensch, der meine Liebe zu Rafa am besten nachvollziehen und verstehen kann, ist jemand, der fast dasselbe durchlebt, nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Es handelt sich um einen alten Kumpel von mir, Ted aus Ht., der schwul ist und seit über zehn Jahren seinen Freund Marvin liebt. Er selbst hatte sein Coming out vor etwa acht Jahren, Marvin hat sein Coming out immer noch nicht. Das Ganze ist ähnlich schwierig gelagert wie meine Beziehung mit Rafa.
Rafa und ich hatten schon das, was man als körperliche Nähe bezeichnen kann, auf jeden Fall und auch mehrfach. Um aber Sex im eigentlichen Sinne zu kriegen, hätte er sich viel mehr auf mich einlassen müssen und zu unserer Beziehung stehen müssen. Das nämlich hat er nie getan, egal wie intensiv sich unser emotionales Verhältnis entwickelt hat. Er hat mich letzten Endes immer wieder verleugnet.
Seit sechs Jahren ist Rafa nun schon mit seiner gegenwärtigen Freundin zusammen, und in dieser Zeit wuchs ihr Haß auf mich immer mehr, bis hin zu tätlichen Übergriffen. Dabei gibt es zwischen Rafa und mir seither keinen Kontakt, der diese Bezeichnung verdient. Allerhöchstens winkte er mir zu, mich in eine von ihm veranstaltete Polonaise einzureihen, oder er streifte wie zufällig mit seinem Körper an mir entlang, oder er versuchte, sich mit mir zu unterhalten, und ich schickte ihn weg mit der Aufforderung, sich erst von seiner Freundin zu trennen und dann wieder anzukommen. Wenn er mir über den Weg läuft, wird er von mir an der Schulter gekrault oder am Kragen gefaßt etc., mehr passiert zwischen uns nicht. Das Neueste ist meine Gelegenheit, ab und zu mit ihm zu chatten, wenn er sich in seinem Chatroom aufhält, was nicht öfter als einmal im Monat passiert. Ich verwende dann ein Pseudonym und weiß nicht, ob er mich schon erkannt hat.


Darien erzählte ich in einer E-Mail über Probleme mit meinem E-Mail-Programm. Er mailte, solche Probleme seien ihm vertraut, aber:

kleinere und grössere Verluste sind leider / Gott sei Dank die Realität, es ist wie mit dem Vergessen, es
schützt, auch wenn wir es verfluchen, vielleicht braucht der Mensch auch keine so umfangreiche Vergangenheit, sondern nur die Lehren, die er in dieser gezogen hat???


Am Mittwoch war ich mit Claudius, Corin und Terence im "Zone". Les spielte unter anderem "04/08" von Störfunk, außerdem "We are trash" von Derek und ein neues Stück von DAF, in dem sie ihren Wurzeln treu bleiben und gleichzeitig an aktuelle Ereignisse anknüpfen - "Der Sheriff". In subtiler Weise wird darin auf das Bush-Regime angespielt.
Dieses Mal war Berenice wieder im "Zone", ohne Rafa. Sie stand die meiste Zeit auf der Bühne, wo sie auch steht, wenn sie im "Zone" auftritt. Sie hatte Klemmen in den orangegelben Haaren und trug ein langes schwarzes Kleid mit doppelten Spaghettiträgern und Stiefeletten mit Pfennigabsätzen. Abwechselnd waren verschiedene Leute bei ihr, ein Junge mit Kurzhaarschnitt und das Mädchen mit den langen schwarzen Haaren, das beim letzten Mal auch mit ihr da war. Es soll im "Zone" Stammgast sein. Zwischendurch stand Berenice auch alleine. Eine Zeitlang war sie auf der Ecke zwischen dem DJ-Pult und der Bar, vor der ich mit meinen Leuten saß. Als ich mich dort mit Corins Freundin unterhielt, ging Berenice mit der Schwarzhaarigen an unserem Platz vorbei durch den schmalen Gang, wieder zurück zur Bühne. Ich guckte sie nicht an. Sie ließ mich in Ruhe.
Berenice tanzte nur zu einem Stück von Christian Death und zu "Love me to the end" von Deine Lakaien. Als sie gerade auf der Tanzfläche war, fragte ich Corin, wie er sie fand.
"Häßlich", sagte er sogleich.
"Was findest du an ihr denn häßlich?" wollte ich wissen. "Mit den Augen eines Mannes."
"Also ... erstens ist sie zu dürr, zweitens kann sie nicht tanzen, drittens hat sie ein Sch...-Profil und viertens mag ich keine roten Haare."
"Die Haare sind gefärbt. Die waren mal schwarz gefärbt und sind dann aufgehellt worden, da ist nichts Natürliches mehr dran. Was gefällt dir denn an ihrem Profil nicht?"
"Das ist einfach ein Profil, wie ich es nicht mag."
Corin kann auch Rafa nicht leiden:
"Rafa ist ein arrogantes A...loch. Der Einzige, der in der Band was taugt, ist Dolf, auch wenn man ihn kaum sieht, weil ..." - er beschrieb in der Luft eine Linie in Höhe eines Eßtisches. "Dolf ist nett."
Lillien hat am Telefon erzählt, in ihren Leben gebe es zur Zeit "nichts Interessantes". Es hörte sich an, als wenn sich kaum einer für das interessiert, was sie Tag für Tag beschäftigt. Sie lebt inzwischen seit mehreren Jahren mit ihrem Lebensgefährten Emile in dessen Haus. In dieser Patchwork-Familie leben zwei Kinder von Emile aus dessen geschiedener Ehe, außerdem Lilliens Tochter Ada. Lilliens Verhältnis zu Adas Vater ist entspannt und freundschaftlich, Ada besucht ihn alle zwei Wochen. Eines der Kinder von Emile ist nicht sein leibliches, sondern eines, das seine geschiedene Frau mit in die Ehe brachte. Es gibt noch ein weiteres Kind, das nach der Trennung von vornherein bei Emiles geschiedender Frau blieb. Diese Frau soll auch jetzt noch, Jahre nach der Scheidung, über ihren Anwalt Psychoterror betreiben.
Lillien und Emile wollen nicht heiraten, weil dann finanzielle Einbußen entstünden. Beide sind mit ihrer Steuerklasse II besser gestellt.
Vor einiger Zeit hat Lillien sich wieder einmal mit Revco unterhalten. Er ist weit weggezogen und soll mit seiner Freundin zusammenleben. Beruflich soll sich bei ihm rein gar nichts mehr getan haben; er soll nach wie vor ohne Beschäftigung sein.
Lillien ist mit ihrer Arbeit nur bedingt zufrieden. Es soll Personalengpässe geben. Im Mißverhältnis zum geforderten Sparkurs wird immer mehr Komfort für die Privatpatienten angeschafft, etwa sollen sie demnächst Internet-Anschluß bekommen. Für die Privatpatienten gibt es bereits einen eigenen Koch, und jeder bekommt täglich die Zeitung ans Bett.
In Kingston hängt auf der Privatstation ein zynischer Zettel im Schwesternzimmer, mit der Aufschrift:
"Kassenpatienten werden nicht reanimiert!"
So sehr Privatpatienten äußerlich verwöhnt werden, letztlich erhalten Kassenpatienten eine schnellere, durchgreifendere und pragmatischere Versorgung, und man ist ihnen gegenüber ehrlicher, weil keine Rücksicht auf das Ego des Chefs genommen werden muß. Man verhält sich ihnen gegenüber natürlicher und unbefangener. Dadurch sind im Grunde sie die Bevorzugten. Über "die Privaten" hingegen werden Sprüche gemacht:
"Diagnose 'privat' ... Herrgott, verschone uns ..."
Viele der "Privaten" tragen dieses Attribut sehr vor sich her und betonen es vor allem, wenn es um das Einfordern von Ansprüchen geht, bisweilen ohne Rücksicht auf den täglichen Arbeitsanfall. Es soll vorgekommen sein, daß eine Privatpatientin klingelte, um der Schwester mitzuteilen, daß der Tee drei Minuten gezogen habe und der Beutel herausgenommen werden müsse. Es sei hinzugefügt, daß die Patientin körperlich nicht nennenswert beeinträchtigt war.
Berenice scheint immer häufiger ohne Rafa unterwegs zu sein. In ihr Online-Gästebuch schrieb jemand:

Hallo Berenice!
Nun endlich bin ich mal dazu gekommen, den Flyer, den du mir im Volvox in die Hand gedrückt hast, rauszukramen und deine Seite zu besuchen. Ich find es gut, endlich mal wieder eine Heimseite mit Konzept und Inhalt zu sehen, die nicht einfach nur zum Selbstzweck geschaffen wurde.
Es war übrigens eine angenehme Überraschung, dir mal wieder über den Weg zu laufen.


Ein anderer Gast schrieb:

Hallo Soraya!
Habe dich gestern im Volvox kennengelernt, wo du mir Sekt schlürfend deine Weltnetz-Karte gereicht hast. War der nette Herr, der mit den eher angeschicksten Frohnaturen mit dir und deiner Freundin - der Wassertrinkerin - am Tisch stand. Hab mir deine Heimatseite angesehen und bin recht positiv angetan. Scheinst ja ne Menge Feuer / Interesse zu haben ...
Solltest du den Wunsch verspüren, mich näher kennenzulernen, dann schick mir doch mal eine E-Post. Würde mich wirklich darüber freuen. So, noch viel Spaß mit W.E, die ich wirklich musikalisch mag. Wenn mir auch die ersten Silberlinge besser gefallen haben als das neue Zeug ... Nischt für ungut, liebe Dame!


Am Samstag fand in der "Neuen Sachlichkeit" nach langer Zeit wieder eine Party für die Gothic- und Elektro-Szene statt. Es ist der Beginn einer Partyreihe, die nicht von Kappa organisiert wird, sondern von einem in der Szene bisher Unbekannten namens Theodore. Die DJ's sind Abraxas und Spheric.
Abraxas legt nach wie vor im "Lost Sounds" auf, doch nicht mehr mit Sasch. Sasch soll dort aufgehört haben mit der Begründung, der wahre "Gothic-Geist" sei bei dem heutigen Publikum nicht mehr zu finden. Sasch mag darüber verstimmt gewesen sein, daß die Gäste im "Lost Sounds" für den von ihm inzwischen bevorzugten zwanzig Jahre alten Gitarren-Gothic-Rock nur eingeschränkt zu begeistern waren. Die krachig-schnelle Industrial-Electro-Musik, die Sasch früher gespielt hat und um derentwillen ich ihn als DJ so sehr schätzte, legt er mittlerweile überhaupt nicht mehr auf.
Scilla erzählte in der "Neuen Sachlichkeit", Tamina sei Sasch, der ihr 2001 die Ehe versprach und sie kurz darauf von einem Tag zum anderen verließ, keineswegs treu gewesen. Sie sei in HH. von einem anderen Mann schwanger geworden und habe auf dessen Wunsch abgetrieben.
In der "Neuen Sachlichkeit" war es, wie zu erwarten, sehr voll. Die Musik fand ich recht gut; unter anderem liefen "Der Sheriff" von DAF und "Rain of blood" von Die Form. Die Location, eine ehemalige Fabrikhalle, war aufwendig dekoriert. Vor den hohen Fenstern hingen Simse voller rot leuchtender Grabkerzen, es gab zwei große Leinwände mit Diaprojektionen - kunstvolle Friedhofs-Dias und Industrieanlagen-Dias -, rote Rosenblätter und rote Kerzen auf allen Tischen und Theken und schwere eiserne Kerzenleuchter. Gestelle und Säulen waren dekoriert mit weißen und schwarzen Kunstspinnweben. Auf der Bühne standen drei Kunststoff-Grabsteine. Meterhohe Kreuze hingen links von der Bühne und hinter der Bar.
In der "Neuen Sachlichkeit" traf ich meinen langjährigen Bekannten Morris. Er ist Meerschweinchenzüchter und Stammgast auf meinen Parties. Ich kenne ihn, seit wir uns bei einem Konzert von Goethes Erben in HH. begegneten. Oswald Henke trug damals seine lyrisch-makabren Gesangsstücke in einer kleinen Underground-Location vor, umringt von brennenden Kerzen. Überall in der Location brannten Kerzen auf Tischleuchtern, was sehr romantisch und mystisch aussah und wahrscheinlich allen Brandschutzbestimmungen zuwiderlief. Die Atmosphäre wurde dadurch noch intensiver, daß die Zuhörer sich vor der Bühne auf dem Fußboden niederließen, um Oswalds Gesang besser lauschen zu können. Oswald trug ein weites weißes Hemd und einen langen Pferdeschwanz, das Publikum bevorzugte fließende Gewänder aus Samt und Spitze.
Eine solche mystisch-romantische Stimmung schien Theodore jetzt bei der Party in der "Neuen Sachlichkeit" entstehen oder auferstehen lassen zu wollen. Die phantasievolle Dekoration mußte viel Zeit und Arbeit gekostet haben.
Talis erzählte, daß Janice und er jetzt in getrennten Wohnungen leben, wenn auch nah beieinander. Diese Änderung der Verhältnisse sei notwendig gewesen, um die Beziehung zu retten. Von Janices Kurschatten erzählte Talis nichts.
Roman zeigte mir stolz die Melone, die er in einem Second Hand Shop gekauft hat.
"Auf meine alte hat sich jemand draufgesetzt", erklärte er. "Da hatte ich lange keine."
Nina hat zum Jahreswechsel mit Roman Schluß gemacht. Seither hat er eine Freundin, die halb so alt ist wie er - gerade zweiundzwanzig. Sie ist auch schon wieder dabei, sich von ihm zu trennen.
Jas betrank sich und war guter Dinge. Ein Junge sprach mich an, der auch schon das eine oder andere Bier hinter sich hatte:
"Ach, das wollt' ich dir nur sagen - ich kenn' dich vom Sehen drei Jahre - jedenfalls wollt' ich dir nur sagen, daß du einfach einmalig und unverwechselbar bist, von deinem Tanzstil und deinem Aussehen, da paßt einfach alles zusammen, das Kleid, die Zöpfe - die hast du ja meistens -, der Schmuck, alles ist aufeinander abgestimmt. Du bist die absolute Puppe, die Marionette. Einmal hast du doch so ein durchsichtiges Kleid aus Plastikfolie angehabt ..."
"Ja."
"Einmal, da habe ich dir zugeguckt, und sage ich so zu meinem Freund, guck' mal, das hat doch was. Und er: 'Ach, die Plastikpuppe!' Jedenfalls bist du absolut außergewöhnlich."
"Das stimmt. Ich falle immer auf, deshalb habe ich eines Tages daraus einen Kult gemacht. Das ist eine Flucht nach vorn."
Der Junge stellte sich als "Byron" vor. Die "Halle" kennt er kaum, er war nur zweimal da. In der "Neuen Sachlichkeit" hingegen war er schon öfter, bei Kappas Veranstaltungen.
An Shara mailte ich:

Bush kann ja nun endlich live sein großes Videospiel spielen, mit echten Toten. In einem Radiosketch hieß es, Bush werde nun den Irak einteilen in drei Gebiete, mit den Namen "Benzin", "Super" und "Bleifrei". Ob die Spritpreise nun in den Keller gehen? Da brennen ja wohl so ein paar Ölfelder.
Übrigens habe ich von zwei URLs gehört, die über Falschmeldungen berichten, die über den Irakkrieg verbreitet werden.


Shara mailte:

Oh je, was soll ich sagen, selten habe ich soviel Gelüge erlebt :-(
Naja, jetzt beißen sie sich die Zähne aus.


An Darien mailte ich:

Was das Vergessen angeht, so vergesse ich in der Tat sehr ungern. Ich glaube immer, vieles aufheben zu müssen. Es hat sich bisher auch wirklich bewährt, vieles aufzuheben, und man kann in meiner Wohnung sogar noch laufen. So arg zugestellt ist sie also gar nicht. Und ab und zu schmeiße ich eben doch auch mal was weg. Und was Erinnerungen betrifft, so nehmen sie auf CD-ROM nur wenig Platz weg. Freilich frage ich mich ernsthaft, was geschehen sollte, wenn ich jemals doch mit Rafa irgendwann wieder mehr Kontakt kriege. Alle Gespräche mit Rafa habe ich Wort für Wort aufgeschrieben, und so etwas kostet sehr viel Zeit. Heute bin ich froh, alles so genau dokumentiert zu haben, denn dadurch wird die Beziehung als solche immer wieder gegenwärtig und erfahrbar. Aber wenn ich mit Rafa Tag für Tag Kontakt hätte, könnte ich gar nicht alles aufschreiben. Nun gut, das wäre wohl auch nicht mehr erforderlich, denn unsere Gespräche hätten mehr und mehr alltägliche Inhalte. Bislang waren unsere Begegnungen mehr oder weniger Ausnahmesituationen.
Das Vergessen ist ein wichtiges Thema. Ich mache mir Vorwürfe, wenn ich was vergesse, aber man kann sich nie alles merken. Immer geht was verloren. Und dann gibt es solche Filme wie "Der tapfere kleine Toaster", die davon handeln, daß alte Haushaltsgeräte beseelt sind und nicht weggeworfen werden wollen. "Simplify your life" ist ein Machwerk, das scheinbar einfache Lösungen für sämtliche Probleme verspricht: "Wirf alles weg, und deine Probleme sind gelöst." Bei dieser Philosophie wird ausgeblendet, daß das Leben viel, viel komplexer ist, als so ein durchschnittlicher Bestseller-Psychobuch-Autor das glauben mag.
Wie dem auch sei, "Mit Schwund muß gerechnet werden", sagt ein Bekannter von mir, und man kann's eh nicht ändern, daß man nicht an alles denken und alles schaffen kann.


In Rafas Forum amüsiert man sich über ein Gebot bei Ebay. Jemand bietet dort eine Kopfbedeckung an, die vor bösen Mächten wie den Illuminaten schützen soll und eher aussieht wie ein Zeitungshut aus Alufolie. Das Gebilde wird als "Protektorkappe" bezeichnet. Rafa schreibt dazu:

Guten Tag!
Also ich finde, man sollte hier wirklich mitbieten und das Teil sein eigen nennen ...
... allein schon aus dem Grund, diesen Spaß mitzumachen. Alufolie oder eine Zeitung sind ja auch gut zu gebrauchen ; ).
... um an die Adresse von dem Typen zu kommen, der scheint ja gar nicht dumm zu sein. Ein neues Mitglied für den Hörerclub?!
Honey


Forummitglied "Blackrose" schrieb:

ich weiß nicht, ob man da unbedingt mitbieten sollte. wenn es für 2 euro rausgeht, okay, aber mehr wäre mir der spaß nicht wert. man treibt ja nur den preis unnütz hoch.
ich finde, das funkhaus sollte im namen von uns allen bieten und beim nächsten konzert eben diesen hut tragen. :-D


Forummitglied "PVC" schrieb:

Soso ... ca. 5900 Klicks auf diesen Artikel ...
Die Angst geht um und wir mittendrin?
Brauche ich einen solchen "Hut", um endlich durch die Berichterstattung über den Krieg der Imperialisten um's Öl zu steigen?
Denken und lenken liegen nah beieinander ...


Valerien schrieb:

Naja, soviele Klicks sind wohl den meist hier verkehrenden Leuten zu verdanken ... hoffentlich geht der Hut jetzt nicht in die Serienfertigung - bei so vielen potentiellen Interessenten :-)


Als Constri und ich mit Klein Denise spazierengingen, fragte mich Constri, was ich von Rikkas Freund Odu halte.
"Er ist ganz nett", meinte ich. "Die Beziehung ist nichts anderes als das, was sie vorher schon hatte. Sie sucht immer noch nach einem Daddy, der sich um sie kümmert. Eine besondere Leidenschaft kann ich nicht entdecken, aber Beziehungen können auch so funktionieren."
Beatrice erzählte mir beim Griechen, wie sie ihre Beinahe-Beziehung zu einem Verheirateten beendet hat. Im letzten Herbst lernte sie ihn - Timothy - in einem Kurs kennen, der zu ihrer Informatik-Umschulung gehört. Er umwarb sie mit verliebten E-Mails und streute ihr Rosen auf den Weg. Sie trafen sich regelmäßig im Aufenthaltsraum. Über seine Frau sagte Timothy, die Ehe sei nicht sehr glücklich. Die Ehefrau bewache ihn ständig; er dürfe nicht weggehen und auch nicht telefonieren. Kurz vor Weihnachten waren Beatrice und Timothy gemeinsam auf einem Betriebsfest, und von einem Augenblick zum anderen ließ Timothy sie fallen und tat, als kenne er sie nicht näher. Beatrice überlegte, was sie tun könne - ihn für ihr Forum und ihren E-Mail-Eingang sperren oder einen Schabernack mit ihm treiben. Von dem Letzteren riet ich ihr ab, um sich nicht auf sein Niveau zu begeben. Sie löste das Problem schließlich anders:
Timothy wollte Mitte Februar die Beinahe-Beziehung fortsetzen. Beatrice gab sich kühl und war nur zu einem kurzen Treffen im Hauptbahnhof bereit. Sie fragte Timothy:
"Was willst du?"
"Ich will mich wieder mit dir treffen."
"Das geht nicht, deine Frau läßt dich nicht 'raus."
"Es tut mir leid, daß ich so abweisend war. Ich wollte mich entschuldigen."
"Erstens - Entschuldigung angenommen. Zweitens - jetzt laß' mich in Frieden."
In der kommenden Zeit überschüttete Timothy Beatrice mit E-Mails. Da rief sie bei ihm zu Hause an, was er ihr stets untersagt hatte, und die Ehefrau nahm ab. Freundlich bat Beatrice, Timothy sprechen zu dürfen, und ebenso freundlich reichte die Ehefrau den Hörer weiter. Timothy sprach nicht in normaler Lautstärke, sondern eher so, als würde er an seinen Worten ersticken. Beatrice teilte ihm mit, falls er sie nicht in Ruhe ließe, werde sie das nächste Mal etwas länger mit seiner Ehefrau telefonieren. Da endlich gab er klein bei.
Was Alienne betrifft, so hat Beatrice kaum noch Kontakt zu ihr. Der Grund ist in erster Linie, daß sie Alienne nicht mehr vertraut, seit Alienne sie im Stich ließ, indem sie mit einer vorgeschobenen Begründung nicht zur Arbeit im Kiosk erschien und Beatrice dort nicht ablöste.
Auch für Lessa würde Beatrice ihre Hand nicht ins Feuer legen.
Wir unterhielten uns über Vergeltung. Ich erzählte, daß mir klar geworden ist, daß ich nichts zu vergelten brauche. Das hängt mit einem Satz in der Bibel zusammen, von dem meine Mutter mir erzählt hat:
"Mein ist die Rache, spricht der Herr."
Das bedeutet, daß es nicht des Menschen Aufgabe ist, Rache zu üben. Für mich bedeutet es, daß ich mich um die Vergeltung nicht zu kümmern brauche, eben weil es nicht meine Aufgabe ist. Vielmehr ist es meine Aufgabe, mich gegen Menschen, die sich an mir schuldig gemacht haben, abzugrenzen und Abstand zu ihnen zu halten, damit sie mein Leben nicht mehr stören können. Wenn ich einen Täter angreife, verbinde ich mein Schicksal mit ihm, anstatt es von ihm zu trennen. Mein Ziel ist aber, frei von dem Täter zu sein. Die Schuld will ich beim Täter lassen und mich so weit wie möglich abgrenzen.
Mir fiel hierzu ein weiterer Satz ein:
"Wer haßt, ist niemals glücklich."
Wer jemanden haßt, ist unglücklicher als der, der gehaßt wird. Wer haßt, trägt den Haß in sich, und der Haß verzehrt und macht unglücklich. Diese Beobachtung, die ich gemacht habe, hat auch dazu geführt, daß ich Haß als pathologisch einstufe. Ein Mensch, der mit sich im Einklang ist, kommt ohne Haß aus. Aggressionen dienen ihm nur zur Verteidigung, nur dem Schutz des eigenen und fremden Lebens, sonst haben sie für ihn keine Bedeutung. Deshalb nehme ich auch an, daß Haß gegen andere Lebewesen in Wahrheit ein verschobener Selbsthaß ist, wie er bei Menschen vorkommen kann, die nicht mit sich im Reinen sind.
Am Mittwoch war ich im "Zone" und traf dort Cal, Claire und Ivy. Berenice war schon wieder ohne Rafa im "Zone". Sie hatte ein langes schwarzes Trägerkleid an mit einem Fell- oder Federbesatz und saß meistens auf der Bühne auf einem Barhocker an einem Ölfaß, das als Tisch diente; einmal stand sie auch unterhalb der DJ-Pults vor der Tanzfläche. Sie hatte einige Leute bei sich. Tanzen sah ich sie nie.
Ende März fuhr ich nach S. Chandra war beruflich für mehrere Monate in Indien gewesen und kam jetzt nach Hause zurück. Lisa und ich holten ihn gemeinsam mit Ida und Amaryllis in S. vom Flughafen ab. Lisa denkt schon über ein drittes Kind nach. Alle hätten ihr davon abgeraten, wegen der finanziellen Enge der Familie. Ich riet ihr zu:
"Kinderwunsch ist ein Geschenk des Himmels, und das sollte man auch würdigen und auspacken. Jede gesunde Frau sollte ihrem Kinderwunsch folgen."
Während Ida ihrer Mutter Lisa recht ähnlich sieht, hat Amaryllis "mehr Indien" in ihrem Gesicht. Ich finde die beiden Kinder sehr hübsch und sagte das Lisa, was sie ein wenig verlegen machte. Für einen Besuch bei Verwandten zog Lisa ihren Töchtern pinkfarbene Sachen im Partnerlook an. Die Mädchen spielten auf Lisas rotorangefarbenen Teppichen, und ich machte Fotos.
Das Frühlingswetter und die Landschaft mit den blühenden Bäumen gab eine Kulisse für viele schöne Bilder. Auch oben auf dem Fernsehturm, wo wir uns ins Bistro setzten, haben wir uns gegenseitig fotografiert.
Friederike, eine Cousine meiner Großmutter, zeigte mir ein Album mit Fotos aus den zwanziger bis sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Bilder von Friederikes Hochzeit sind auch dabei. Sie war damals einundzwanzig Jahre alt. Nun ist sie schon seit über sechzig Jahren Witwe. Zwei Jahre nach der Hochzeit fiel ihr Mann in Peenemünde und ist dort begraben. Seinen Sohn lernte er nicht mehr kennen.
Friederike und ihre zwölf Jahre ältere Schwester Margarethe leben seit den vierziger Jahren zusammen in ihrem Vaterhaus. Friederikes Sohn haben sie gemeinsam großgezogen.
Friederike konnte viel über die Verwandtschaft erzählen. Friederikes Mutter hatte acht Geschwister. Einer der Brüder soll in Amerika auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen sein - man erzählte, er habe Gold gefunden und sei deshalb umgebracht worden; andere erzählten, er habe in einer Schießerei dazwischengehen wollen und sei dabei selbst erschossen worden. Als die Geschwister von seinem Tod erfuhren, verheimlichten sie es seiner Mutter für immer. Sie brachten es nicht über sich, es ihr zu sagen. Sie sollte glauben, ihr Sohn sei verschollen.
Das Häuschen von Friederike und Margarethe ist baufällig. In der oberen Wohnung lebt Lisa mit ihrer Familie, und das wird nicht auf Dauer sein, denn das Haus soll abgerissen werden, wenn Friederike und Margarethe gestorben oder ins Seniorenheim gezogen sind.
Das Wetter blieb schön, als ich nach EM. fuhr und Shara besuchte. Wir holten Victoire ab und aßen mit ihr in FR. zu Mittag, in einem Restaurant mit einem großen, sonnendurchstrahlten Erker. Shara erzählte von seinen Studiengängen; er studiert Islamistik, Anthropologie und Geschlechterforschung. Er betrachtet sich als Frau im Männerkörper, die lesbisch ist. Er sei mit dieser Situation durchaus einig. Ihm falle immer wieder auf, daß viele seiner Freunde weiblich sind. Mit Frauen verstehe er sich besonders gut.
Victoire schließt gerade ihr Biologiestudium ab. Sie hat ab Mai eine Doktorandenstelle in E. In ihrem Fachgebiet soll es fast nur befristete Stellen geben, zumindest im Bereich Forschung.
Shara meinte, was ich erzähle, wirke nicht langweilig. Er schlug vor, ich solle aus der Geschichte "Im Netz" ein Hörbuch machen. Ich entgegnete, ein solches Projekt sei sehr aufwendig und verschlinge viel Zeit. Und in der Zeit, die ich habe, würde ich es kaum schaffen, die Geschichte zu schreiben.
Wir waren im Münster von FR. und gingen auf einem historischen Friedhof spazieren. Dort stehen Grabkreuze aus Eisen, die haben ein Kästlein in der Mitte, das kann man aufklappen wie einen Schlüsselkasten. Innen sind diese Kästlein aber leer. Shara und Victoire meinten, früher seien Bilder der Verstorbenen darin gewesen.
Ein Grab ist bedeckt mit einem steinernen Bett, auf dem ruht ein steinernes Mädchen mit offenen Haaren. Das soll das Grab eines Mädchens sein, das am Hochzeitstag von einem abgewiesenen Verehrer umgebracht wurde. Weil ihn sein Verbrechen kurz danach reute, soll er seitdem alle Tage frische Blumen dem Mädchen auf das steinerne Kissen legen. Auch heute noch, über hundert Jahre später, liegen frische Blumen auf dem Kissen. Die Friedhofsgärtnerei führt die geheimnisvolle Tradition fort.
Am Abend besuchte ich Vivien und Alban in ihrer schönen, etwas außerhalb gelegenen Wohnung in FR. Die Gegend ist beschaulich. Sie zieht auch Leute mit sehr viel Geld an. Ein Chirurg soll dort wohnen, der viele Kunstfehler zu verantworten hat. Als "Überflieger" brachte er es schnell zu Ruhm und Reichtum, jedoch unter Mißachtung der in vielen Berufsjahren erworbenen Erfahrung seiner Mitarbeiter. Das Wohl seiner Patienten schien ihn wenig zu kümmern, das Wohl der Kollegen noch weniger. So kam es, daß er vielen Menschen erheblichen Schaden zufügte. Im Strafprozeß wurde er sehr geschont, so daß Fragen nach Beziehungen im Hintergrund gestellt wurden. Es wurde Revision eingelegt.
Mit Vivien und Alban ging ich in der Abendsonne im nahen Wald spazieren. Unser Weg führte zu einem kleinen Friedhof. Er war längst nicht so alt wie der, den ich vorhin gesehen hatte. Zwischen den Gräbern blühten Anemonen. Auf einem steinernen Mal stand ein Spruch von Thornton Wilder:
"Da ist ein Land der Lebenden, und da ist ein Land der Toten. Die Brücke zwischen ihnen ist die Liebe, das einzig Bleibende, der einzige Sinn."
Berenice scheint wieder ohne Rafa unterwegs gewesen zu sein, auch wieder im "Volvox". Jas schrieb in ihr Online-Gästebuch:

Hi Berenice, war echt toll im Volvox! Bin jetzt noch platt ... Gruss an die anderen! JAS


Am Mittwoch war ich im "Zone" und traf dort Scilla und Jeremy. Weder Rafa noch Berenice waren da. Les spielte meinen Wunsch "4C2E" von 5F_55, das sich zu einem Industrial-Clubhit entwickelt.
Am Donnerstag war ich in der "Spieluhr". Zenzas ehemaliger Mitbewohner Vernon, dem Zenza und Lysanne ein schwarzes Spinnennetz auf die kurzgeschorene Frisur gefärbt haben, erzählte mir von den verschiedenen Drogen, die er zu sich nimmt. Wie Zenza verwendet er Amphetamine nur bei Festivals, da das sonst 'rausgeworfenes Geld sei.
"Wenn du mehr Geld hättest?" erkundigte ich mich. "Würdest du dann häufiger Ecstasy nehmen?"
"Nein! ... aber wenn ich's recht überlege ... hm ... könnte vielleicht doch sein ..."
Er fragte mich, welche psychiatrische Diagnose ich ihm geben würde. Ich meinte, er könnte vielleicht ein kleines Suchtproblem haben. Das wies er energisch von sich.
Vernon ist Vorarbeiter in einem glasverarbeitenden Betrieb. Dort ist er seit dreizehn Jahren beschäftigt. Ich meinte, es sei viel wert, ein gesichertes Arbeitsverhältnis zu haben; das eben sei es, was mir fehlt.
Es gab wieder einige Klassiker in der "Spieluhr" zu hören, darunter "Heat" von Soft Cell, "Being boiled" von Human League, "Are friends electric" von Gary Numan, "The last film" von Kissing the Pink und "Los niños del parque" von Liaisons Dangereuses.
Im Nachtdienst bekam eine meiner Kolleginnen einen anonymen Anruf von einem Herrn, der sie aufforderte, das Krankenhaus bis zum 31.04. (sic!) besenrein zu übergeben. Das habe die Sonderkommission der preußischen Regierung in Niedersachsen angeordnet, der er angehöre. Leider funktioniert die Fangschaltung an der Pforte immer noch nicht ...
Als ich Shara diese Geschichte mailte, schrieb er:

War das nicht am 1. April? Solche Scherze sind doch beliebt (obwohl ich sie nie verstehe ...)


Eine Patientin in Kingston war überzeugt, zu Hause noch ohne Hilfe von außen zurechtzukommen. Sie war von der Polizei angehalten worden mit fast drei Promille im Blut. Der Sozialpsychiatrische Dienst schrieb in seinem Bericht, daheim bei ihr und ihrem Mann sei das Mobiliar recht angegriffen, "der Schreibtisch steht auf Halbmast". Der Ehemann der Patientin erklärte, bei Auseinandersetzungen gehe durchaus das eine oder andere zu Bruch, aber der Tischler sei schon bestellt.
Ein Mädchen namens Arlene hat ein Liebesgedicht in Rafas Online-Gästebuch geschrieben:

***für Honey***
Faszination
........ Strenge Kühle legt sich über das Feuer. Intelligenz verscheucht die Sehnsucht. Arroganz zeigt doch das wahre Gesicht. Entspanntes Lächeln zeigt den Schmerz. Verborgene Augen offenbaren sich in jedem Wort. Harte Sätze verleugnen die Leidenschaft. Freude für uns, Leiden für ihn. Ein beständiges Flüstern läßt deine Seele erkennen. Macht traurig. Macht süchtig!


Das Mädchen scheint Rafa vor allem von seinen Auftritten zu kennen. "Verborgene Augen" spielt wahrscheinlich auf Rafas Sonnenbrille an. Ich frage mich, wie das Mädchen über Rafa denken würde, wenn sie wüßte, auf welche Art Rafa sich als Schürzenjäger betätigt und wie er mit Menschen und Beziehungen umgeht. Die vielen Verehrerinnen, mit denen Rafa einen Wirrwarr von Liaisons führt, haben fast durchweg am Ende ein und dieselbe Meinung:
"Rafa ist ein arrogantes A...loch."
Berenice berichtet auf ihrer Homepage über glückliche Stunden mit "Honey" bei einer C64-Party:

Letztes Jahr im Frühling wurde ich von jemandem angerufen, der sich als Data vorstellte und mich zu einer C64er-Party einlud. Als Überraschung für Honey geplant, fuhren wir dieser Einladung folgend mit Johnson und Knight zu viert Richtung Ostdeutschland.
Natürlich war die Überraschung perfekt, und wir verlebten mit einigen Bekannten, aber auch mit vielen neu kennengelernten, sehr netten jungen Menschen ein phantastisches Pfingstwochenende! Nicht zuletzt, weil das Wetter größtenteils wunderbar war und wir im Freien unsere Mahlzeiten zu uns nahmen ...
Wie auf jeder Computerparty sammelte ich auch hier sehr viele Unterschriften für den Deutschen Tierschutzbund - was in meinen Augen die Anwesenden noch sympathischer erscheinen ließ!
Nach einigen netten Anfragen bezüglich unseres Erscheinens und Versprechungen von Data, daß es diesmal auch Frühstück für Vegetarier geben wird, waren wir (Honey und ich) in diesem Jahr wieder Besucher dieser Party, die in einer alten "Villa" vom 30. April bis 4. Mai stattfand, wobei wir allerdings schon am Morgen des 3. Mai in Richtung M. aufbrechen mußten. Dennoch hat sich dieser kleine Abstecher mal wieder sehr gelohnt ...
2 Tage lang wurde geredet, gespielt und programmiert - denn nur zu schnell vergingen die Stunden! Die Vorführung und Bewertung der 4 Competition-Beiträge wurden auf Freitag gelegt, so daß wir auch dies noch mitbekommen konnten. Wohlverdient nahm Pythagoras die Glückwünsche für den 1. Platz entgegen - wobei er von mir viele, viele Bonuspunkte bekommt, da er seine Arbeit seiner Frau Cissy mit einem sehr romantischen Satz gewidmet hat. Seufz!
Im Anschluß hieran stellten wir von W.E unser neues Video vor, das auf der Maxi "Nur tote Frauen sind schön" enthalten ist. Und damit endete auch schon der für uns letzte Tag auf der Party ...


Nach dieser Schilderung herrschte eitel Sonnenschein, auch zwischen Berenice und Rafa. Seltsamerweise schreibt Rafa auf seiner eigenen Homepage nichts über seine Beziehung mit Berenice.
Am Samstag gab ich ein Damenkränzchen, dieses Mal mit Denise als neuem Mitglied. Sie trug den türkisfarbenen Strampelsack, den meine Mutter ihr gestrickt hat. Sie kam mit dem Trubel gut zurecht. Alle drei anwesenden Kinder waren Mädchen. Durch den Zufall, daß die meisten Kinder in unserem engeren Bekanntenkreis Mädchen sind, blieb es auch weiterhin ein reines Damenkränzchen. Elaine spielte mit der fünf Jahre jüngeren Raya so angeregt, als gebe es den Altersunterschied nicht. Geschäftig sah ich Elaine im Bad verschwinden, und die dreijährige Raya trottete ebenso geschäftig hinter ihr her, eine winzige Espresso-Tasse in der Hand haltend, die mit Saft gefüllt war.
"Jetzt gehen die schon zu zweit aufs Klo", kicherte ich, "wie erwachsene Mädchen. Vielleicht bauen die sich da drin einen Joint."
Merle schaute nach und stellte fest, daß die beiden mit einer Klorolle herumwarfen.
Layana schien sich in unserer Gesellschaft wohlzufühlen, trotzdem sie die meisten nicht kannte. Ich gab Fotos herum und zeigte auch die Bilder von Maldas Beerdigung. Layana fand die Erinnerungen so düster, daß sie lieber kein Foto davon haben möchte.
Am Sonntag meldete sich überraschend Siddra zu einem Besuch an, und was noch überraschender war, sie erschien in Begleitung ihres "Braunbären" Sator. Sator war nett und schüchtern, wie er es in den letzten Jahren immer gewesen ist, seit er sich von Ramins arroganter Haltung abgekehrt hat. Sator und Derek versanken in ausführliche Gespräche über Musik, als hätten sie lange danach gehungert. Ich sagte zu Sator und Siddra, die Beziehung zwischen ihnen sei in meinen Augen das Erfreulichste, was sie beide in ihrem Leben jemals an Beziehungen gehabt hätten. Sie haben sich allerdings nach einigen Trennungen bisher nicht wieder füreinander entschieden.
Auch Siddra denkt noch wehmütig an Malda und möchte lieber keine Fotos von der Beerdigung haben. Sie hat mir letztes Jahr schon die Zeitungsausschnitte überlassen, auf denen das Schreckensbild der herabgestürzten Körper zu sehen ist.
Constri, Denise, Siddra, Sator und ich gingen im Stadtwald spazieren, wo die Anemonen blühten. Die Sonne schien, und ich machte Fotos. Über Ramin wußte Sator, daß er nie eine Berufsausbildung zuendegebracht hat und daß er immer noch mit seiner Freundin Roxana zusammen ist - seit sechzehn Jahren -, ohne sie jemals zu heiraten oder Kinder mit ihr zu haben. Ramin soll keine feste Arbeit haben und kaum Freunde. Sein musikalisches Projekt "Shine" soll nach einem einzigen Album, dessen Veröffentlichung bereits etliche Jahre zurückliegt, gleich wieder eingeschlafen sein. Im Internet soll manch einer lebhaftes Interesse an "Shine" bekunden, ohne etwas Neues über dieses Projekt erfahren zu können.
"Der hat doch überhaupt kein Ziel im Leben", meinte ich. "Der lebt isoliert vor sich hin. Das hat er nun davon, daß er auf alle anderen herabguckt."
Norman mailte, ihm sei ein Meisterwerk kreativer Schöpfung gelungen, das "Spider-Kompendium", das von einem seiner Bekannten handelt. In diesem Kompendium sind Gedichte und Zitate von Spider zu lesen, es gibt ein Bild von ihm zu sehen, und seine Lebensphilosophie wird beschrieben. Norman schildert Spider als jugendlich-romantischen Gothic, der auch nach Erreichen des dreißigsten Lebensjahres ein teenagerhaftes Welt- und Selbstverständnis behielt. Spider soll alle Klischees des "gothischen" Lebens- und Kleidungsstils in naiver, hingebungsvoller Weise verinnerlicht haben. Ein Zitat von Spider:

Als wärs der letzte Tag der Welt,
als wenn Bombe morgen fällt.
Als wärs die letzte Flasche Bier,
als wären wir morgen nicht mehr hier.


Ein anderes:

Ich bin schon tot, bin nur zu faul zum Umfallen.


... und ...

Der Tod kommt zweimal im Leben.


Norman kommentierte:

Irgendwie tut mir der Kerl eigentlich leid ... aber lustig ist es ja doch ;-)


Am Samstag war ich im "Read Only Memory". Taylor begrüßte mich, etwas weniger betrunken als sonst. Er ist seit Jahren beim Arbeitsamt beschäftigt und braucht sich keine Zukunftssorgen zu machen, dafür stört ihn die Monotonie seiner Tätigkeit.
Edaín trug ein schmales, hochgeschlossenes Etuikleid aus Hongkong, klassisch chinesisch in Schwarz mit rotgrundigen Applikationen und Knopfschlaufen. Sie erzählte, daß sie schon seit Jahren chinesische Gaderobe bevorzugt. Mit Kappa, Maya und Kappas Großmutter war sie vor wenigen Tagen im Urlaub in Ägypten, ein ruhiger Badeurlaub am Pool. Bei einem früheren Urlaub in Ägypten war sie mit Kappa im Tal der Könige. Die Buskarawane wurde von Militärs begleitet, wegen der Gefahr von Anschlägen.
Am Mittwoch war ich mit Claudius und Revil im "Zone". Claires Mitbewohnerin Ivy war mit ihrem Freund da, Miron, der von Dereks Stück "White force" begeistert ist. Er bat mich, ihm "White force" auf CD zu besorgen. Miron ist DJ und legt im Ruhrgebiet Industrial auf.
Am Donnerstag war ich nicht im "Zone", wo Rafa auftrat, weil es keine Party um das Konzert herum gab, auf der ich die Möglichkeit gehabt hätte, Rafa aus der Nähe zu begegnen. Außerdem hatte ich auf aktuellen Fotos im Internet gesehen, daß Berenice immer noch in der Band ist. Ich fuhr mit Taidi und Claudius ins "Restricted Area", wo Steril auftraten, eine klassische Electro-Formation. Nach dem Konzert legte Cyra auf.
Am Karfreitag machte ich mit Constri, Denise, Merle und Elaine einen Ausflug. Elaine nahm ein Handtäschchen mit, in dem sich einige 5-Cent-Stücke, ein Etui mit Lidschatten und zwei Stofftiere befanden, außerdem die Maus Mausi und der Hase Rudi Ratlos. Als Elaine sich nachschminken wollte, reichte sie Merle den Hasen und sagte geschäftig:
"Bitte, hältst du das mal?"
Ebenso geschäftig hielt Merle den Hasen.
Wir schoben den Kinderwagen einen Waldweg entlang und fotografierten uns gegenseitig auf einem Stapel Betonröhren. Elaine erkletterte einen Hochstand und prüfte vorher jede einzelne Stufe auf ihre Haltbarkeit; das hat sie wahrscheinlich auf einer Hortfahrt gelernt.
Am Auto holte Elaine eine Fünf-Cent-Münze aus ihrem Portemonnaie, reichte mir die und erklärte auf meine Nachfrage:
"Für Sprit."
Elaine und ich schaukelten auf dem nahegelegenen Spielplatz. Merle und Constri, die Denise trug, ließen sich bei der Wippe nieder.
Wir kehrten in einem romantische Café ein, wie Constri und ich uns das als Kinder schon so oft gewünscht und so selten bekommen haben.
Abends fuhr ich nach Ht., wo Blanca ihren 30. Geburtstag feierte.
Ted bekommt von seinen Mitarbeitern immer wieder den Rat, sich bei Marvin zu melden; Marvin fürchte sich bestimmt zu sehr, um sich seinerseits zu melden. Ich fragte Ted, was aus seiner Sicht dagegen spräche, den Kontakt wieder aufzunehmen.
"Vom Kopf her nichts", antwortete er. "Ich habe nur eben Angst, daß er mich zurückweisen könnte."
"Das ist dann sein Pech und nicht deine Schuld", meinte ich. "Wenn es nur Angst ist, die dich hindert, und nicht deine Überlegungen, dann geht es doch nur darum, die Angst zu ignorieren."
Ted sagte über "Im Netz", seit er diese Geschichte kenne, sei er sicher, daß ich mit Rafa schon wesentlich weiter gekommen bin, als er mit Marvin je war. Ich hätte Rafa schon viel mehr gesagt und viel mehr Nähe zu ihm erreicht, als es ihm, Ted, mit Marvin in all den Jahren gelungen sei.
Ted staunt über die Ähnlichkeit von meinem und seinem Erleben und Verhalten in unseren Beziehungen; ebenso sicher, wie ich mir in Rafa sei, sei er sich in Marvin. Auch er habe mit der Vorstellung abgeschlossen, in einer Beziehung mit jemand anderem dieselbe Tiefe zu erreichen wie mit dem Mann, den er liebt.
"Ich habe nicht die Begabung, alles aufzuschreiben, was ich mit Marvin durchlebe", meinte Ted. "Aber in dem, was du schreibst, finde ich das genau wieder."
In den letzten Jahren ist Marvins Vater öfters zu Ted in die Firma gekommen. Die beiden haben sich unterhalten, ohne jedoch über Marvin zu sprechen. Als Ted vor einigen Wochen endlich doch einmal nachfragte, wie es Marvin gehe, nahm der Vater dieses Thema gerne auf und berichtete, daß Marvin nach seiner nunmehr abgeschlossenen Ausbildung zum Mechatroniker auf Montage nach China geschickt werde. Inzwischen ist Marvin nach Ht. zurückgekehrt. Der Vater berichtete dies, als er wieder zu Ted in die Firma kam. Er setzte hinzu, es gehe Marvin gut, er habe sich nicht mit SARS infiziert. Genau das hatten nämlich Ted und Marvins Vater befürchtet, als in den Nachrichten Meldungen über einen möglichen SARS-Fall in Ht. gebracht wurden.
Ted übernahm auf Blancas Party das DJ-Pult. Blanca, ihr Freund und ihre Mutter waren die Einzigen, die während der Party die hinterm Pult befindliche Küche betraten, und einem von den dreien entfiel es, daß der Herd angestellt war. So kam es, daß Blancas Geschenke, die in einer Plastik-Kiste auf dem Herd lagen, fast alle verschwelten. Wenigstens für mich war es einfach, Blanca ihr Geschenk zu ersetzen, weil es sich nur um eine selbstgebrannte CD handelte. Ich brannte auf die Ersatz-CD noch extra eine Rarität, "04/08" von Störfunk. Ted erzählte mir später am Telefon, viele Szenegänger im Ruhrgebiet hätten schon vergebens nach diesem Titel gesucht. Les hatte ihn mir verschafft mit der Maßgabe, ihn nicht weiterzugeben, da dieses Stück "eigentlich gar nicht existiert". Das hatte ich vorübergehend vergessen, und letztlich sage ich mir, was gut ist, soll man ruhig verbreiten.
Morgens schlief ich auf Teds Sofa, und gleich nach meiner Rückkehr nach H. besuchte ich am frühen Samstagnachmittag Henk im Frisiersalon und bekam von ihm eine Tasse Cappuccino. Ich erzählte ihm, daß wir Ostern in die Kirche gehen und daß wir schon nach einem Taufkleid für Denise geschaut haben. Henk erzählte, daß er sein eigenes Taufkleid noch hat. Über den Kirchgang sagte er:
"Die Kirche ist doch nur was für alte Leute, die Angst vor dem Tod haben, weil sie im Leben so viel falsch gemacht haben."
Am Ostersonntag war ich abends in der "Spieluhr" und konnte mir auf der Leinwand zu "Mad World" von Tears for Fears das Video anschauen. Als ich kurz vor drei Uhr in die "Lagerhalle" in HI. kam, wurde es dort endlich leerer, so daß man Platz hatte zum Tanzen. Ich hörte, bislang hätte ich nichts verpaßt, es sei eh zu voll gewesen und die Musik zu lau. Nicht Cyber, sondern Steve N. stand am DJ-Pult und legte eine Mischung aus den Stücken auf, die ich mir schon damals in der "Halle" überhört habe. Später kam ein anderer DJ an die Reihe, und gemeinsam mit Cyra "rettete" er den Abend. Highlights waren "Cowgirl" von Underworld und "Re-Align" von Stromkern.
Tarek erzählte mir wieder einmal, er wolle sich nun endgültig von seiner Freundin Vanadis trennen. Ich bezweifelte das. Ich habe den Eindruck, daß er zu der launischen, labilen Vanadis ein abhängiges Verhältnis hat.
Vanadis war anwesend; mit auftoupierten rotgefärbten Haaren, Bierflasche und Zigarette schlurte sie über die Tanzfläche und guckte giftig. Sie ist groß und schlank, und ich hätte sie durchaus ansehnlich gefunden, wenn nicht der grämliche, harte, übellaunige Ausdruck in ihrem Gesicht und in ihren Bewegungen gewesen wäre.
"Die ist nur aggressiv, wenn sie was getrunken hat", erklärte Tarek.
"Die ist immer aggressiv, auch wenn sie nichts getrunken hat", widersprach ich.
"Na, wenn sie schlechte Laune hat ..."
"Die hat immer schlechte Laune", war ich sicher.
Am Ostermontag haben Constri, Denise und ich Merle und Elaine besucht. Als Elaine ihr Fahrrad im Flur anlehnte, raunte sie Constri und mir zu:
"Jetzt sagt meine Mama gleich:
'Mußt du das immer hier so 'rumstehen lassen?'"
Als Merle das Fahrrad im Flur entdeckte, sagte sie:
"Elaine! Mußt du das immer hier so 'rumstehen lassen?"
"Das meinte ich eben", sagte Elaine lächelnd zu Constri und mir.
Dann folgte sie aber der Mutter.
Nachmittags gingen wir auf einem alten Friedhof spazieren. Merle suchte auf den Familiengrabstätten nach bekannten Namen aus dem Stadtviertel. Wenn sie jemanden suchte, der "Hoyer" hieß, und sie fand das Grab einer Familie Hoyermann, meinte sie, das sei schon mal nicht schlecht.
Am Mittwoch war ich im "Zone". Als ich Claire erzählte, daß ich mich im "Zone" amüsieren will, auch wenn ich Rafa nicht begegne, meinte sie, einen solchen Rat könne sie gerade selber gebrauchen. Sie hat das Gefühl, im Leben nicht richtig voranzukommen.
"Auch den dunklen Weg gehen, ohne zu wissen, wohin er führt", nannte ich einen Leitsatz. "Anhalten birgt die Gefahr."
"Das müßte ich mal zu mir sagen", meinte Claire.
Ihr Verhältnis zu Cal beschrieb Claire als freundschaftlich und entspannt.
Derek hat in letzter Zeit wieder öfter angedroht, sich umzubringen. Auf diese Gedanken kommt er, wenn er um seine Existenz fürchtet. Ich empfahl Constri, derartige Anwandlungen zu begrenzen, indem sie ihm mitteilt, daß sie in einem solchen Fall die Verantwortung abgeben muß, etwa an die Polizei oder den Notarzt. Das hat einen gewissen Eindruck auf Derek gemacht. Er beichtete Constri, daß er nicht nur einen, sondern schon drei Selbstmordversuche hinter sich hat, freilich vor seiner Zeit mit Constri.
Dereks sechzehnjährige Halbschwester Delia schneidet sich in die Arme und klagt über ein gestörtes Eßverhalten. Auf einer Klassenfahrt fielen einer Lehrerin diese Symptome auf, und sie verlangte von Delia, daß sie zu einer Therapeutin geht. Delia tut dies auch und bekommt dafür einige Schulstunden frei, damit die Mutter nichts erfährt. Die Mutter ist es, mit der Delia Schwierigkeiten hat.
"Sie gibt zu wenig Wärme", vermutete ich. "Sie ist zu sehr bei sich und merkt zu wenig von dem, was in ihren Kindern vorgeht."
Am Samstag war ich mit Cielle und Derek bei "Stahlwerk". Cielle erzählte, daß sie sich innerlich von Ginet lösen will. Allzu leicht fühle sie sich selbst an allem schuld, für alles verantwortlich und nicht attraktiv genug. Weshalb immer sie dieses Pech haben müsse?
"Cyra hat auch nicht immer Glück mit den Männern", überlegte ich. "Bisher ging es ihr nicht unbedingt besser als dir. Aber wenn sie enttäuscht wird, stellt sie nie sich selbst oder ihr Schicksal infrage. Sie ist gekränkt, sie ist wütend, aber sie zweifelt nie an sich selbst. Das ist der Unterschied zwischen euch. Cyra hat von Anfang an gelernt, daß sie etwas wert ist, so wie sie eben ist. Das Selbstwertgefühl entwickelt sich in den ersten Lebensjahren, und es entsteht dadurch, daß man wertgeschätzt wird. Cyra hat diese Erfahrung gemacht. Deine Kindheit war wesentlich schwieriger und belasteter."
Die Stücke von Derek kamen, wie immer, sehr gut an. Auf dem großen Wunschzettel beim DJ-Pult wurden diese Stücke auch lebhaft verlangt; einer hatte sogar geschrieben:
"Missratener Sohn - alles!"
Darien war mit Dera bei "Stahlwerk", die inwischen im siebten Monat ist. Sie wissen noch nicht, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Auf beiden Seiten haben sie Verwandtenbesuche hinter sich. Es tat Darien gut, nicht allein den Kontakt zu seiner Familie wieder aufzunehmen, sondern Dera und Cicely mitnehmen zu können.
"Alle waren nett", erzählten beide. "Aber man merkte auch, wie sie um die Menge an Zeit konkurrierten, die man ihnen widmete. Das große Thema war natürlich das Baby ..."
"Das kenne ich, daß die Familie froh ist, wenn über die Konflikte der Vergangenheit eine frisch gebügelte Kaffeedecke gelegt werden kann", erzählte ich.
Als Darien Deras Verwandten vorgestellt wurde, fühlte er sich taxiert:
"Kennst du die Blut-und-Boden-Mentalität? Weil sie ein Kind von mir bekommt und deshalb eine Blutsverwandtschaft zwischen mir und ihrer Familie besteht, werde ich akzeptiert."
Sofie ist arbeitslos, die Talkshow-Firma muß sich verkleinern. SAT.1 meldete weniger Bedarf an. Irvin hat immer noch keine Stelle gefunden.
Donar und Sasso waren dieses Mal nicht bei "Stahlwerk". Ich fragte Donar in einer E-Mail, ob er beim nächsten Mal wieder dabei sein werde. Ich erzählte auch von Kingston:

Eine Kollegin hat in der Kantine erzählt, zu uns nach Kingston mußte mal einer, der hat zu Hause einen Wahnsinns-Film abgezogen. Dem Sozialpsychiatrischen Dienst hat er erzählt, sein Problem sei nur, daß seine Frau ihre Tabletten nicht richtig nehmen will. Die Frau war aber schon tot. Da kam der Sozialpsychiatrische Dienst ihn besuchen, und er sagte, seine Frau gucke grade fern. Da hatte er das Bild seiner Frau auf den Fernsehsessel gestellt. Und da, wo der Mund war, hatte er einen Schlitz ins Bild geschnitten, durch den er die Tabletten geschoben hat. Als der Sozialpsychiatrische Dienst nochmal vorbeikam, sagte er, seine Frau habe gerade Besuch! Er hatte Stühle um einen Tisch gruppiert, und auf einem saß das Bild seiner Frau, auf den anderen Zeitschriften mit Bildern anderer Frauen. Dann rief er ein Taxi, gab dem Fahrer die ganzen Zeitschriften und zwanzig Mark oder Euro oder so und sagte zu ihm:
"Die Damen wollen zum Bahnhof!"
Das war wohl der Moment, wo sie ihn endlich mitgenommen haben.
Ach ja, das erinnert mich an die Kursleiterin eines Gesprächstherapie-Kurses, die fanatisch daran glaubt, daß man einfach mit jedem eine verständnisvolle Gesprächstherapie machen könne, ob das ein Neandertaler ist, ein Alzheimer im Endstadium oder Stalin. Ich denke, sie könnte es auch mal mit einem Gorilla versuchen oder mit einem Gummibaum. Die fühlen sich bestimmt ganz toll verstanden.
Wehe aber dem, der anzweifelt, daß bei Schmökel, Hannibal the Cannibal, Maria Mandel oder Josef Mengele eine ganz empathische, verständnisvolle Gesprächstherapie Sinn gehabt hätte ... das verträgt die Kursleiterin gar nicht. Dann nämlich fängt sie an, den Kursteilnehmern stereotyp wie eine hängengebliebene CD die immergleichen Phrasen um die Ohren zu schmettern: daß ihr diese Therapiemethode in Fleisch und Blut übergegangen sei, daß die Erfahrung ihr gezeigt habe, daß man mit dieser therapeutischen Haltung einfach jedem Menschen hilfreich entgegentreten könne, daß ihr jeder erzählen könne, er zweifle daran, ohne daß er je gegen ihre Überzeugung ankäme, und daß es doch nur darum gehe, daß es allen gut geht und daß sich alle lieben. Zum Glück gibt es da noch einen zweiten Kursleiter, der sie im Notfall an die Leine nimmt, woraufhin sie dann erstmal kuscht.


Donar mailte:

Was meine Auffassung / Erfahrung bestätigt, wer sich intensiv mit Psychologie / Pädagogik beschäftigt, hat zunächst für sich selbst einiges aufzuarbeiten.


Donar zollte der Gothic- und Electro-Szene viel Lob, blieb aber bei seiner pessimistischen Haltung:

Die schwarze Szene war schließlich einmal eine Art Selbsthilfegruppe für Menschen mit psychischen Störungen. Viele konnten sich hier selbst erkennen / ein Stück therapieren. Das ist leider schon lange Vergangenheit.


In meinen Augen trifft das noch immer zu. Ich mailte:

Die Szene ist noch heute ein Forum, wo man tiefgehende Gespräche mitten im Discolärm führen kann und Rat und Hilfe finden und geben kann. Das sage ich aus nächster, eigener Erfahrung. Die Szene ist ein stützendes soziales System. Das heißt nicht, daß man zu allen Leuten gleich nahe Freundschaften unterhält, das ginge auch zahlenmäßig gar nicht. Es paßt auch nicht jeder zu jedem, und man fühlt sich auch nicht überall gleich wohl. Es geht darum, mit Offenheit und Optimismus den Menschen gegenüberzutreten.


Donar mochte sich auf Optimismus nicht einlassen:

10 Jahre lang funktionierte diese große Familie auch hier in HH. 99 % der "Langgedienten" haben sich inzwischen ausgeklinkt, sich ins Privatleben zurückgezogen. Das neuaufgefüllte Publikum hier ist langweilig, unspontan und kommunikationsträge / -unwillig.


Weil Donar in seinen E-Mails noch immer gegen Ivo Fechnter wettert, schrieb ich:

Warum willst du Ivo Fechtner immer noch zusammenbürsten? Warum willst du ihm so viel Aufmerksamkeit und Zuwendung schenken? Das hat der doch eigentlich gar nicht verdient, daß du dich so um ihn kümmerst ... oder? Kann nämlich sein, daß der das ganz schmeichelhaft findet, daß du dich ihm so widmest, dann fühlt der sich am Ende noch erst recht wichtig.
Ich glaube, Ignorieren und Vergessen sind stärkere Waffen, als man vielleicht annehmen möchte.


Donar mailte:

Das ist leicht gesagt. Es ist eine Frage der Ehre.


Ich mailte:

Ehre ist ein arg strapazierter Begriff. Unter "Ehre" versteht man in manchen Kulturkreisen, daß ein Vater seine eigene Tochter umbringen muß, wenn irgendein Nachbar ihr unterstellt, voreheliche Kontakte zu pflegen. Unter "Ehre" versteht man auch in manchen Kulturkreisen, daß man Nebenbuhler umbringen muß, anstatt sich mit ihnen in irgendeiner Form zu einigen oder sich von ihnen abzugrenzen. "Ehre" heißt auch bisweilen, daß man sich für irgendeinen Bush oder Hitler im Kriege umbringen lassen muß, nur weil der die Laune hat, irgendwelche Länder erobern zu wollen:
"Süß und ehrenvoll ist's, fürs Vaterland zu sterben."
Auf so eine "Ehre" kann ich verzichten!
Was Kränkungen anbelangt, so glaubt manch einer, der sich gekränkt fühlt, er muß jetzt alle Kränkungen in gleicher Form wieder zurückgeben. Daß er sich damit auf das Niveau des Kränkenden begibt, macht er sich nicht bewußt.
"Haust du mir eine, hau ich dir eine."
Solche Konstellationen löse ich anders: ich hole mir Leute, die mich schützen und verteidigen und dem Schläger vermitteln, daß er's gar nicht zu versuchen braucht und daß er sich nur selber lächerlich macht. In extremen Fällen gibt's dann durchaus auch eine Strafanzeige. Ich mache mir an irgendwelchen Idioten doch nicht die Hände schmutzig! Die Tat soll beim Täter bleiben.
Es gibt einen Spruch:
"Mein ist die Rache, spricht der Herr."
Was das bedeutet?
Es heißt, daß wir es nicht nötig haben, Rache zu üben. Wir brauchen es nicht zu tun. Wir können uns stattdessen um uns selbst kümmern, um unser Wohlergehen. Aggressionen sind nur zur Verteidigung da. Wer denn die Rache übt an denen, die sich schuldig gemacht haben? Das dürfen wir höheren Gewalten überlassen - und brauchen uns nicht weiter darum zu kümmern. Die Rache ist nicht die Aufgabe der Menschen.


Donar mailte:

Christliche Gesinnung?
Ich sehe das (in Grenzen) anders.
"Ehre" bedeutet für mich, sich nicht alles gefallen zu lassen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit natürlich.
Bei jeder Revanche gibt es eine unsichtbare Grenze, die nicht überschritten werden sollte. Bis hierher ist der Opponent noch ohne eigene Verluste zu schädigen.
Das einzige Mittel gegen eine öffentliche Persönlichkeit wie Ivo Fechtner ist, ihm kein Publikum und keine Bühne zu geben. Er muß totgeschwiegen und vergessen werden. Jede Art von Kommunikation wertete ihn nur auf. Für mich ist er tot und begraben.


Donar bezweifelte, daß es Frauen gibt, die Ivo Fechtner attraktiv finden. Ich mailte ihm, daß ein Mädchen namens Ghislaine von Byzanz mir vor zwei Jahren erzählt hat, daß es sich in Ivo Fechtner verguckt hat. Donar mailte:

Das ist, meines Wissens, noch seine akutelle Freundin. Die übertrifft alles, was der Begriff "fett" hergibt. Noch nie habe ich eine dickere Frau gesehen. Ein Mann allein kann die nicht tragen!
Naiv ist die noch dazu, das ist nicht zu ertragen! Die realisiert überhaupt nicht, mit wem sie da zusammen ist! Dass Antifa und Polizei Ivo Fechtners ständige Begleiter sind!


Am Abend vor Beatrices Geburtstag gingen Beatrice und ich essen und stießen um Mitternacht im "Nachtbarhaus" mit Kirschsaft auf ihren Geburtstag an.
Beatrice erzählte, daß ihr Noch-Ehemann Miles sich telefonisch bei ihr meldete und mitteilte, nun reiche es ihm, er werde die Scheidung verlangen. Daß Miles' Weltsicht verdreht ist, hat Beatrice schon vor fünf Jahren bemerkt. Es war einer der Gründe, weshalb Beatrice sich vor vier Jahren von ihm trennte, zu Andras zurückkehrte und die Scheidung einreichte. Miles war mit der Scheidung lange nicht einverstanden. Seine jetzige Kehrtwende und sein Glauben, Beatrice damit eins auszuwischen, kamen ihr nur entgegen. Sie ließ ihn in dem Glauben und spielte Entsetzen, flehte ihn sogar an, es sich noch einmal zu überlegen. Miles berichtete, der Postbote habe die Formulare zerrissen, die er für den Scheidungsantrag brauche. Er klebe sie aber wieder zusammen.
"Jaa, der Postbote", nickte Beatrice. "Der Postbote war's."
Beatrice erzählte von Lessas Leben als Prostituierte im Jahre 1997. Sie könne nicht nachvollziehen, wie man sich zu so etwas hergeben könne. Lessa hingegen habe diese Art der Arbeit nicht gestört. Auf andere Arbeit hatte Lessa, wie ich selbst mitbekommen habe, keine Lust. Sie bezeichnete die Prostitution als "leicht verdientes Geld". In einem Tattoo-Laden, wo sich auch Prostituierte des Domina-Bordells "Eliette" piercen ließen, empfahl man Lessa, doch mal bei Eliette vorbeizuschauen. Eine Frau als Chefin sei sicherlich angenehmer als ein Zuhälter. Lessa ließ sich das nicht zweimal sagen und sprach bei Eliette vor. Die nahm sie als Sklavin in ihre Dienste. Eliette und ihre Kollegin Verona sind als Dominas tätig, während die Zofen und Sklavinnen unterschiedliche Arten von Beischlaf anbieten.
Diejenigen Kunden, die keine Stammprostituierte haben, werden in eine Kammer geführt, wo ihnen je nach ihren Vorlieben bestimmte Frauen gezeigt werden, unter denen sie sich eine aussuchen dürfen. Anschließend müssen sie duschen. Sehr unappetitliche Kunden werden gleich wieder weggeschickt. Die schwergewichtige Violet soll damals für alle unappetitlichen Sexualpraktiken zuständig gewesen sein, wie Analsex, Anpinkeln und Ähnliches.
Als Aimée von Lessas neuem Job hörte, wünschte sie sich, auch bei "Eliette" aufgenommen zu werden. Eliette wollte sie aber nicht einstellen. Da kam Aimée fast jeden Tag zum Kaffeetrinken vorbei und bat und bat und wollte auch einmal in die Kammer, wo die Kunden sich ihre Prostituierten aussuchten. Schließlich gab Eliette nach:
"Rasier' dir eine Glatze, dann kannst du hier anfangen. Eine Frau mit Glatze haben wir noch nicht."
Also rasierte Aimée sich eine Glatze.
Lessa versuchte eines Tages, auch Beatrice für das Bordell anzuwerben. Die lehnte entrüstet ab.
Wie lange Lessa und Aimée als Prostituierte gearbeitet haben, weiß ich nicht. Sofern mir bekannt ist, hat Aimée kurz vor der Geburt ihres Sohnes damit aufgehört.
Violet soll inzwischen in B. in einer WG leben. Von Laura weiß Beatrice, daß sie ins Ruhrgebiet gezogen ist.
"Das ist ein ganz schlimmer Mensch", sagte Beatrice über Laura.
Ab und zu besucht Beatrice das Internet-Forum der schwarzen Szene in H. und hat dort auch schon einige Bekanntschaften geschlossen. Eines der Mädchen hat sich für das "Lost Sounds" mit einem Forummitglied verabredet, in dem Beatrice Ivo Fechtner erkannte. Beatrice warnte das Mädchen. Es mußte im "Lost Sounds" feststellen, daß es tatsächlich Ivo Fechtner war, der sich an dem verabredeten Platz aufhielt. Sie verzichtete darauf, ihn anzusprechen.
Übrigens hatte Ivo Fechtner sich in dem Forum drei Jahre jünger gemacht.
Ich frage mich, ob Ghislaine mitbekommen hat, daß ihr Freund Ivo sich nach neuen Liebschaften umsieht.
Ende April war ich bei Henk zu Besuch. Der aidskranke, drogensüchtige Edwin aus B. war bei ihm, den ich von einem früheren Besuch bei Henk kenne. Er scheint für Henk an die Stelle seines verstorbenen Bruders Marek zu treten, der ebenfalls aidskrank und drogensüchtig war. Und ebenso wie Marek ist Edwin schmächtig, still und höflich.
Henk hatte meinen Besuch vergessen und sich nicht darauf vorbereitet. Er machte Frühjahrsputz, unterbrach sich aber, als ich kam, und wärmte mir ein Spargelgericht auf. Zu Edwin sagte er:
"Was ich an Hetty mag, ist, daß man sich auf sie verlassen kann. Im Gegensatz zu mir, der einfach ihren Besuch vergessen hat."
Henk meinte, ich gehe jedem auf die Nerven. Aber ich sei eine Persönlichkeit und würde etwas Besseres verdienen als Rafa, mit dem es sowieso nichts werde.
Mir fällt dazu ein, daß Rafa wahrscheinlich der einzige Mann auf Erden ist, dem ich nicht auf die Nerven gehe.
Henk erzählte, er habe nach wie vor Depressionen, glaube jedoch, ohne Antidepressivum auszukommen.
"An sich in das in Ordnung", meinte ich. "Wenn nur nicht die Gefahr wäre, daß du dich umbringst."
"Ach, he, das war vor zehn Jahren", beruhigte mich Henk. "Heute würde ich sowas nicht mehr tun!"
"Auch das mit dem Trinken ... Von mir aus könntest du die Schnäpse kippen, wie es dir einfällt. Wenn es nur nicht so schädlich wäre!"
Anfang Mai war ich auf Siros Geburtstagsfeier. Er hatte etwa fünfzig Gäste, von denen ich viele kannte. Laetitia erzählte von ihren Schwierigkeiten, sich abzugrenzen, und Leuten, die ihr nicht gut tun würden. Wenn jemand erzählt, bestimmte Leute würden ihm nicht gut tun, ist das erfahrungsgemäß ein Hinweis darauf, daß diese Leute so charakterschwach sind, daß sie nicht in der Lage sind, aus eigenem Willen und eigener Kraft ungeliebte oder grenzüberschreitende Beziehungen abzuwehren oder zu beenden. Besonders häufig kommt diese Schwäche bei der emotional-instabilen Persönlichkeit vor.
Auf mich wirkt es sehr ichbezogen, wenn jemand über andere sagt, sie würden ihm "nicht gut tun". Er schreibt damit die Verantwortung für die mißglückte Führung der Beziehung ausschließlich den anderen zu. Würde er stattdessen sagen, es falle ihm schwer, mit diesen Leuten umzugehen, würde er auch seine eigene Verantwortung für die Art und den Verlauf der Beziehung berücksichtigen.
Vor allem bei abhängig strukturierten Persönlichkeiten ist mir aufgefallen, daß sie die Menschen, mit denen sie in Beziehung treten, häufig als Objekte betrachten, Objekte zum "Davon-abhängig-Werden", etwa indem sie sagen:
"Der macht mich abhängig. Der hält mich in Abhängigkeit."
Würden sie stattdessen sagen:
"Ich habe mich zu ihm in eine abhängige Beziehung begeben."
- dann würden sie ihm auch zugestehen, als Subjekt noch die Bereitschaft zu haben, unterschiedliche Formen von Beziehungen zu führen. Sie würden auch selbst die Bereitschaft und die Fähigkeit andeuten, die Sichtweise des anderen wahrzunehmen.
Wird der andere als Objekt gesehen, so wird er nicht als Persönlichkeit in seiner Individualität wahrgenommen, sondern nur als Funktionelement. Er wird nicht differenziert mit seinen Facetten betrachtet, sondern auf funktionale Eigenschaften reduziert.
Daß sich aus einem so reduzierten Beziehungsmuster eine emotional tiefgehende, verläßliche und belastbare Bindung ergeben kann, halte ich für unwahrscheinlich.
Auf der Homepage eines Fans von Rafa habe ich ein Interview gefunden. Rafa berichtet darin:
"Anfangs hätten wir nie gedacht, daß das Ganze sich auch nur ein Jahr über hält bzw. mit Erfolg gekrönt wird."
Die zehn Jahre, die die Band nun besteht, ist aus Rafas Sicht "vielleicht nur ein Teil eines Anfangs, in dem wir unsere Waffen wählen. Denn es gibt noch viel zu tun, und wahrscheinlich fangen wir jetzt erst an."
Die Ausdrucksweise erinnert an Kriegsvorbereitungen. Wogegen und wie im Einzelnen dieser Krieg geführt werden soll, bleibt unklar.
Die Zahl seiner bisherigen Konzerte schätzt Rafa auf sechshundert. Das würde bedeuten, daß er in jeder Woche der vergangenen zehn Jahre mindestens ein Konzert gegeben hat, und das ist sicher nicht der Fall.
Über "Frl. Venus" sagt Rafa:
"Nachdem Kitty ihr zweijähriges Praktikum mit Bravour abgeschlossen hat, ist somit ihre Arbeit bei dem Sender getan. Sie widmet sich jetzt neuen Aufgaben in anderen künstlerischen Projekten. Fräulein Venus, Biologie-Studentin der Universität BI., fängt nun gerade mit ihrem Praktikum bei W.E an, und die Zukunft wird zeigen, inwieweit ihr Zutun den Sender erweitert."
Auf die Frage, wer die schöne Frau auf dem Titelbild seiner MCD "Nur tote Frauen sind schön" ist, antwortet Rafa:
"Leider eine tote Frau."
"Warum sind nur tote Frauen schön?" fragt der Interviewer.
"Dieser Leitspruch hat für uns zweierlei Bedeutung", antwortet Rafa. "Geht es doch einerseits um eine Liebesgeschichte, in der der Tod als ultimatives Ende nicht akzeptiert wird, sondern die Geliebte ganz profan ausgegraben und zu neuem Leben erweckt wird. Andererseits bekommt man, wenn man Frauen wie Audrey Hepburn, Zarah Leander, Grace Kelly ... in die Augen sieht und sich danach mit gegenwärtigen weiblichen Subjekten befaßt, manchmal den Eindruck, daß nur tote Frauen schön sind."
Über das Video zu "1000 weiße Lilien", in dem eine Verstorbene ausgeraben wird, erzählt Rafa:
"Es geht um die Geschichte des französischen Wissenschaftlers Dr. Martinot, welcher seine geliebte Ehefrau nach ihrem Tode wieder zum Leben erweckte."
Rafas 1996 entstandenes Stück "Monique Martinot" handelt von einem Forscher, der seine verstorbene Ehefrau einfriert; dies soll sich wirklich zugetragen haben. "1000 weiße Lilien" bildet eine Fortsetzung der Geschichte, freilich aus dem Reich der Phantasie.
Zu Rafas Stück "Susy hat Angst" fragt der Interviewer:
"Wer ist Susy und warum hat sie Angst?"
Rafa antwortet:
"Susanne Schneider ist eine hübsche Biologie-Studentin und wohnt im Kleinen Garten Nummer 5. Angst hat sie vor einem ihr vis-à-vis wohnenden, nicht lebenswerten Psychopathen, welcher ihr mit obszönem Telephonterror und anderen sexuellen Belästigungen das Leben nicht gerade leicht macht."
Das erinnert mich an den Liebeswahn des Sockenschuß. Die Geschichte um den Sockenschuß scheint bei Rafa einen tiefen Eindruck hinterlassen zu haben. Wenn Rafa und ich uns unterhalten, macht er den Sockenschuß häufig zum Thema.
Anfang Mai gab es bei Sarolyn ein thailändisches Abendessen. Bertine erzählte, daß sie Hakon heiraten will. Sie wartet noch auf einen Heiratsantrag, der ihr romantisch genug ist, mit Kniefall und roten Rosen. Bislang hat Hakon sie nur beiläufig um ihre Hand gebeten.
Clarice erzählte von Leanders Heiratsantrag. Als sie anfingen, über das Heiraten zu sprechen, meinte Leander, Clarice müsse entscheiden, ob sie die Hochzeit oder eine Toblerone haben wollte. Clarice versicherte ihm, daß sie erst wieder eine Toblerone essen werde, wenn sie beide verheiratet seien. Während eines Urlaubs saß Clarice in den Dünen, und Leander brachte ihr eine Toblerone. Da weinte sie und klagte, nun wisse sie, daß er sie nicht heiraten wolle. Er versicherte ihr, daß es gerade umgekehrt sei; die Toblerone sei sein Heiratsantrag.
Als Constri von Derek im April vergangenen Jahres den Heiratsantrag bekam, war das Thema schon lange in der Schwebe, aber noch nicht angesprochen worden. Constri stand gerade in der Küche und schälte Kartoffeln. Derek ging vom Flur in sein Zimmer und sagte:
"Wir müssen unbedingt bald heiraten."
"Ja", bestätigte Constri.
Derek ging nun immer zwischen seinem Zimmer und der Küche hin und her und zählte die Vorteile einer Eheschließung auf, unter anderem die steuerlichen Vergünstigungen. Constri nickte zu allem. Dann konnte es beiden mit dem Heiraten nicht schnell genug gehen, weil jeder befürchtete, der Partner könne es sich wieder anders überlegen. Auch wollten sie deshalb ohne Gäste und ohne Aufhebens heiraten, um nicht den Partner durch den großen Rummel zu verschrecken. Weil Derek aber seine Familie davon in Kenntins setzte, wurden schließlich - zu aller Freude - immerhin die engsten Verwandten eingeladen.
Clarice erzählte von Kitty und Vico:
"Verglichen mit dem, was Vico auf der Tanzfläche inszeniert, ist Hetty ein Waisenmädchen. Der läßt Kitty an seinem Knie knabbern ... und wenn der einen Minirock anhat, macht er immer ein Event daraus. Leander hat auch manchmal einen Rock an, aber dann hat er den eben an, und das war's. Vico muß sich dann aber ganz furchtbar in Szene setzen."
In einem Traum erlebte ich Folgendes:

In der Fabrikhalle, wo sich früher die "Halle", "Halle 1" und das "RoseHip" befanden, gab es Zwischenböden und Trennwände. Die Fabrikhalle wirkte dadurch weniger weitläufig und insgesamt dunkler. Um 17.30 sollte im Obergeschoß ein Konzert von Rafa stattfinden. Mitten in der Halle führte eine großzügige Treppe vom Südeingang her dort hinauf. Links ging es im Erdgeschoß in einen Supermarkt und weiter vorn in eine Lounge, wo sich die einzigen Toiletten in dem riesigen Gebäude befanden. Sie waren außerordentlich verschmutzt und auf verschiedene Arten schadhaft und unzureichend, dennoch hatte sich zwischen den verstaubten Kachelwänden die zu erwartende Schlange gebildet. Rechts von der Treppe ging es zu einer Art Kiosk hinüber und zum Kartenhäuschen, das sich neben der Eingangssperre befand. Erst standen Scharen von Leuten an, schließlich hatten alle ihre Karte. Einige kauften im Supermarkt ein, andere aßen etwas in der Lounge. Ich hatte erfahren, daß das Backstage sich links und hoch oben im Gebäude befand. Ich ging draußen ein Stück um die Halle herum und sah auf der Westseite durch eine Wand aus Glasfenstern schemenhaft eine Gestalt, die Berenice im rosa Bühnenkostüm hätte sein können.
Drinnen richteten sich die Leute aufs Warten ein. Es wurde 18.00, und nichts war zu hören, nicht einmal eine Hintergrundmusik, wie sie meistens vor und nach Konzerten gespielt wird.

In diesem Traum hatte Rafa sich vollständig hinter seinen Mauern verborgen, auch hinter Berenice. Sogar die Fans hatten das Nachsehen und mußten warten.
Rafa zeigt sich seit zweieinhalb Monaten nicht mehr in seinem Chatroom und kündigt auch keinen neuen Chat an. Seit Januar steht im Inhaltsverzeichnis des Fanclubbereichs:

Nächster Direktkontakt mit dem Funkhaus : So. 23.02.2003 ab 22:33 Uhr

In der Kantine erzählte Den, wie Gerwyn, der sich ohne seine Freundin in Rom befindet, die Damenwelt umwirbt. Als ich nachfragte, ob Gerwyn seine Eroberungen auch mit ins Bett nimmt, erwiderte Den, darüber breite er das Mäntelchen des Schweigens.
"Aha", dachte ich.
Meines Wissens gilt unter Männern die Grundregel, sich bei Frauengeschichten gegenseitig zu decken, jenseits von Treueversprechen und moralischen Prinzipien.
Auch wenn man nie sicher sein kann, vermute ich, daß Den seiner Frau treu ist, mit der er übrigens den großen Wurf gemacht zu haben scheint. Ich gehe auch nicht davon aus, daß seine Frau es sich bieten lassen würde, wenn er fremdgeht.
"Die Männer haben das Hirn im Schwanz", sagen die Schwestern der Station, wo ich arbeite.
Auf meine Frage, was Männer sich denken, wenn sie fremdgehen, antworteten Rod und Wim:
"Die denken gar nicht."
Im "Read Only Memory" lieferte mir Kappa einen Nachtrag zum Ende des "Nachtlicht" und erzählte, was aus dem gekreuzigten Skelett geworden ist, das er dort aufgehängt hatte. Zunächst war es mit ins "Exil" übergesiedelt, doch nachdem auch das "Exil" ein rasches Ende fand, vermutete Kappa, daß dieses Skelett damit zu tun hatte. Er versetzte es. Er weiß, wo es sich befindet, will es aber nicht auslösen, aus Angst vor einem Fluch, der darauf lasten könnte.
"Alle raten mir, hol' es zurück", schloß er seinen Bericht, "aber ich befürchte, es bringt nur Unglück."
Xentrix und Enya heiraten genau ein Jahr nach Constri und Derek - am "Illuminatentag", dem 23.05.2003. Xentrix glaubt nicht, daß dieses Datum Unglück bringt. Den Heiratsantrag habe er seiner Freundin Enya im letzten Jahr auf dem Sommerfestival in HI. gemacht. Er habe sich von hinten über sie gebeugt und ihr ins Ohr geflüstert:
"Willst du mich heiraten?"
Enya wünscht sich Kinder, und ich denke, die wird es bald geben.
Weil ich schon um viertel vor zwei aufbrach, um zum "Radiostern" zu fahren, seufzte Edaín, das sei schade, sie hätte sich gern noch mit mir unterhalten. Ich schlug ihr vor, daß wir uns zum Kaffee treffen könnten. Edaín wirkte begeistert und erleichtert, als hätte sie schon selbst an eine solche Verabredung gedacht. Wir wollten mailen. Ich habe ihr einige Tage später eine E-Mail geschickt, die sie jedoch nicht beantwortete. Das stützt meine Vermutung, daß sie nicht so ohne Weiteres ihre Grenzen überspringen kann. Beim Ausgehen wendet sie sich den Leuten zu und läßt sich auf Gespräche ein, doch private Begegnungen scheint sie zu meiden.
Mit Lilith und Magenta kam ich gegen halb drei in den "Radiostern" und fand eine Musik vor wie einen roten Teppich.
Magenta erzählte, daß sie sich in den für seine Untreue berüchtigten Janssen verguckt hat. Ich empfahl ihr, ihn näher kennenzulernen; das sei gewiß Abschreckung genug.
Lilith erzählte, daß sie vor acht Jahren für wenige Wochen mit Ginet zusammen war. Sie trennte sich von ihm, "weil ich dachte, ich sei nicht gut genug für ihn". Nun möchte sie aber doch wieder mit ihm zusammenkommen. Cyra winkte müde ab:
"Ach nee ...! Nicht mit dem."
Ich erzählte Lilith, wie Cielle sich von Ginet weggestoßen gefühlt hat und daß sie Ginet als ziemlich feige erlebt.
Cyra schwärmte von Dirk I.:
"Der hat Augen! Wenn du da einmal 'reingeguckt hast, bist du verloren ...!"
"Ja, das stimmt, die Augen strahlen wie die Sterne am Himmel", bestätigte ich. "Der wird nun fünfundvierzig Jahre alt und wirkt immer noch so jugendlich und sexy ..."
"Vor allem, der wird immer attraktiver! Der wird immer noch attraktiver!"
"Und er weiß auch, daß er sexy ist ... wenn er da so auf der Bühne 'rumhüpft mit seinem bauchfreien T-Shirt ..."
"Oh ja, das weiß der, daß der attraktiv ist!"
Jemand, den ich attraktiv finde, ist noch lange nicht jemand, mit dem ich zusammen sein will. So ähnlich geht es auch Cyra.
Constri, Denise und ich waren am Montag bei Gesa, um ihren Geburtstag zu feiern. Gesa erzählte, daß sie ihre Nichte nur gelegentlich sieht und daß sie schon wieder ohne Arbeit ist, was sie jedoch nicht verzweifeln läßt. Die Katze von Vivence ist bei Gesa zu Besuch, weil Vivence im Urlaub ist. Vivence soll wieder einen Freund haben, aber wohl keine Kinder wollen.
Als ich beim Aufbrechen mit Denise unten im Treppenhaus wartete, während Constri das Auto holte, kam ein Trinker herunter, ganz geschäftig, mit einer Flasche Gorbatschow in der Hand. Das Haus ist gepflegt renoviert, sauber und bürgerlich, hat aber sehr kleine Appartements, so daß auch Arbeitslose und Lehrlinge es sich leisten können, dort zu wohnen.
Mehrere Jugendliche gingen hinauf, und einer von ihnen summte die Melodie von:
"Was wollen wir trinken, sieben Tage lang ..."
Als sie wieder herunterkamen, hielt jeder in seiner Hand einen Sechserträger, bis auf den letzten, der sich aus einer Erdgeschoßwohnung, wo ihm ein Mädchen öffnete, auch noch einen Sechserträger holte. Draußen setzten sie sich im strömenden Regen an den Straßenrand und begossen den Montagabend.
Am Dienstag rief Ted an und erzählte unter Tränen, daß sein Freund Frederik ihm berichtet hatte, Marvin sei an einem Hirntumor erkrankt und werde am kommenden Tag in die Universitätsklinik in E. verlegt. Ich empfahl Ted, Marvin dort zu besuchen. Ted wandte ein, er fürchte sich:
"Und wenn Marvin mich nicht sehen will?"
"Dann sagst du zu ihm:
'Aber ich will dich sehen.'
Das ist doch genug?"
Ich meinte, es gehe um die Frage, was Ted wichtiger sei: die Angst vor Ablehnung oder sein Wunsch, Marvin nicht im Stich zu lassen.
"Frederik hat gesagt, ich soll nicht hingehen", erzählte Ted. "Und Agnes hat gesagt, ich soll hingehen."
"Und ich sage dir auch, du sollst hingehen. Was weiß Frederik denn schon von eurer Beziehung?"
Ich fügte hinzu, es gehe schließlich auch darum, Klarheit zu bekommen, um was für einen Tumor es sich handelt, denn davon hänge entscheidend die Prognose ab, und vielleicht könne er so das Gespenst "Hirntumor" in eine Wirklichkeit verwandeln, mit der man umgehen kann.
Am Mittwoch habe ich Märchenfilme geguckt und einige Seiten eines Groschenromans gelesen, das hatte gleich Folgen:

In einem Traum waren Rafa und ich die Hauptfiguren in einem märchenhaften Szenario, welches unweigerlich zum glücklichen Ende führte.


Eine solche Entwicklung halte ich für ebenso unwahrscheinlich wie die Happy Ends in Groschenromanen.
Inzwischen hat Rafa das Erscheinungsdatum für seine MCD festlegen können auf den 19. Mai. Er hat wieder einen Chat angekündigt - am 25. Mai -, den er auch "Nicht-Fans" zugänglich macht, ähnlich wie letztes Jahr im August. Es gibt eine ausführliche Werbeseite für die MCD, mit einem neuen Bandfoto, wo Berenice und "Frl. Venus" im Hintergrund zu sehen sind. Rafa stellt diese beiden Damen auf einer Fotomontage in eine Reihe mit Persönlichkeiten wie Prinzessin Diana oder Grace Kelly. Bemerkenswerterweise findet sich in dieser "Hall of Fame" auch Sophie Scholl. Ich nehme an, meine Predigt über die historische und moralische Bedeutung der Mitglieder der Weißen Rose, die ich Rafa 1996 gehalten habe, ist daran nicht ganz unschuldig. Immerhin hat Rafa, kurz nachdem ich ihm diese Predigt hielt, Lara eine Predigt mit ganz ähnlichem Wortlaut gehalten.
Was Rafas Beziehung mit Berenice angeht, so demonstriert Rafa auch weiterhin eine Harmonie ohne Risse. Die Front wirkt glatt und geschlossen.
Für mich bleibt rätselhaft, weshalb Berenice im März mehrere Wochen hintereinander ohne Rafa unterwegs war ... und er auch ohne sie gesehen wurde.
In dem Werbetext für Rafas neue MCD steht ein Zitat von Dolf:
"Wenn jemand dazu die Füße still halten kann, muß er wirklich bescheuert sein."
Dazu fällt mir eine Antwort ein:
"Ja, dann bin ich wohl bescheuert."
Konsequent warnt ein rotes Schild auf dem Cover:
"Erwerb erst ab 180 I.Q."
Rafa und Dolf scheinen davon auszugehen, daß Rafas Musik nur dummen Leuten nicht gefallen kann. Ich frage mich, ob Rafa sich wirklich nicht vorstellen kann, daß es möglich ist, seine Musik auch dann furchtbar zu finden, wenn man einen I.Q. über 180 hat. Was Rafa wahrscheinlich nicht weiß, ist der Umstand, daß es bislang kein Testverfahren gibt, das im I.Q.-Bereich oberhalb von 130 zuverlässig differenziert. Wie soll nun einer herausfinden, ob sein I.Q. wirklich oberhalb von 180 liegt? Und sollen diejenigen Fans, deren I.Q. mit einiger Sicherheit unter 130 liegt, darauf verzichten, die MCD zu kaufen?
Rafa hat, was seinen beruflichen Werdegang betrifft, nicht viel mehr als seinen I.Q. zu bieten. Er geht seit neun Jahren nicht mehr arbeiten und hat auch keine Umschulung gemacht. Umso mehr scheint es ihm ein Bedürfnis zu sein, den I.Q. herauszustellen.
Im "Zone" erzählte mir Claire von ihren Sorgen wegen ihrer Mitbewohnerin Ivy. Ein Jahr lang habe sie sich sehr gut mit ihr verstanden. Als Ivy ihren Freund Miron kennengelernt habe, sei es zu einem Bruch gekommen. Claire sei zunächst an Miron interessiert gewesen, dieser jedoch habe sich für Ivy entschieden. Claire nimmt es Ivy übel, daß Ivy die Beziehung mit Miron begonnen hat, ohne mit Claire vorher das auf diese Weise entstandene Konfliktfeld zu klären. Inzwischen hat Claire den Eindruck gewonnen, daß Miron sehr auf sich selbst bezogen ist und daß sie nicht mit ihm hätte glücklich werden können. Sie trauert ihm nicht hinterher. Was Claire jedoch verletzt, ist die Entwertung durch Ivy. Seit Ivy mit Miron zusammen sei, habe sie Claire links liegengelassen, und Ivy habe auch viele Absprachen und Verabredungen mit Claire nicht mehr eingehalten
"In jeder Beziehung übernimmt man Verantwortung", meinte ich, "auch in jeder noch so flüchtigen Bekanntschaft. Und Ivy hat ihre Verantwortung für die Freundschaft mit dir vernachlässigt."
Ivy soll sich in das Schema einfügen, das Miron ihr vorgibt. Sie soll ihren Lebensrhythmus fast nur noch nach dem seinigen ausrichten, wie es wohl auch seine vorherigen Freundinnen getan haben.
"Aber was mache ich jetzt für mich daraus?" fragte Claire. "Ich will nicht schon wieder umziehen müssen. Ich will mich aber auch nicht aufregen müssen. Und außerdem ... ich weiß, daß man für eine Beziehung immer Verantwortung trägt, aber Ivy ist sich dessen doch gar nicht bewußt. Am Ende kann sie doch gar nichts für ihr Verhalten, weil sie es nicht begreift."
Wahrscheinlich läßt sich ein Umzug nicht vermeiden, wenn Claire sich nicht doch aufregen will.
Les erzählte mir, daß Rafa weder am vergangenen Mittwoch im "Zone" noch am vergangenen Donnerstag in der "Spieluhr" war.
Am Freitag besuchte ich Henk, der am Abend zuvor seinen Geburtstag mit einem Gruppenbesäufnis gefeiert hatte. An diesem Gelage hatte ich nicht teilnehmen wollen und war deshalb erst jetzt bei ihm. Außer mir waren ein Alkoholiker namens "Sumpfdrohne" und seine Ehefrau dort, die sich von Henk für die Hochzeit einer Nichte die Haare schneiden ließen. Der Alkoholiker redete viel über Schnaps und Bier, und passend zum Thema fragte ich Henk, ob er nach jenem Ausflug in seiner Kindheit, von dem ich Fotos kenne, später nochmal nach Helgoland gekommen ist. Er ist noch zweimal hingefahren, jeweils nur für eine "Fuseltour". Ich meinte, daß man von der Insel wesentlich mehr hat, wenn man dort übernachtet und sich außerhalb der "Fuselströme" bewegt. Ich frage mich, ob ich auch mal mit Henk dorthin fahren sollte. Allerdings befürchte ich, daß er den Ausflug dann auch wieder zum "Tanken" verwendet.
Auf seinem Couchtisch hatte Henk ein Häufchen "Gras" liegen und sagte beiläufig zu mir, das seien Küchenkräuter, damit sollte ich mal was kochen. Henks trockener Humor begeistert mich immer wieder.
In Kingston hatten wir eine Patientin mit einem besonders lebhaften Wahn. Sie berichtete, sie sei in Wirklichkeit Prinzessin Travemunde von Österreich. Sie stamme von einem anderen Planeten und sei schon vor ihrer Geburt auf die Erde gekommen. Erst sei sie in Uschi Glas gewesen, danach in einer Stute, und geboren sei sie in Ungarn. Mit einer Skizze zeigte sie, wie im Meer Inseln entstehen: die Sterne, die vom Himmel fallen, bilden auf dem Meeresgrund einen immer größeren Haufen, der schließlich über die Wasseroberfläche hinausragt.
In einem besonders anstrengenden Dienst hatte ich mit einer Patientin zu tun, die ein Handtuch angezündet und sich daraufgelegt hatte. Rechtzeitig wurde diese Fehlhandlung entdeckt, so daß weder die Patientin noch die umliegenden Gegenstände allzu ernsthaft beschädigt wurden. Die Patientin wurde vor dem Stationszimmer im Flurbett fixiert und aß zwei ihrer Ringe. Beim Röntgen war zu erkennen, daß sich die Ringe bereits im Magen befanden und damit keine Gefahr mehr darstellten. In der Speiseröhre hätten sie zu Verletzungen führen können.
Eine Patientin, die in Kingston Stammgast ist, weil kaum ein Heim mit ihr fertig werden kann, hat einen sehr schlecht einstellbaren Diabetes und sorgt dafür, daß sich daran auch nichts ändert. Sie vergiftet sich gerne mit Insulin. Auch schluckt sie gerne Batterien, teilt das sogleich mit und läßt sich die Batterien im nahegelegenen Kreiskrankenhaus endoskopisch entfernen. Es wird vermutet, daß sie sich damit die Zeit vertreiben will. Als sie wieder einmal Batterien geschluckt hatte und mit der begleitenden Krankenschwester im Taxi saß, um zum Kreiskrankenhaus zu fahren, erkundigte sich der Taxifahrer, der sie schon kannte, ob sie denn wieder etwas verschluckt habe?
"Walkmanbatterien", gab sie Antwort.
"Ach, das ist doch noch gar nichts!" meinte der Taxifahrer. "Eine Autobatterie müssen Sie mal schlucken! Das wäre mal war Richtiges!"
Ein Patient wurde stark alkoholisiert im Nachtdienst aufgenommen, nachdem die Polizei ihn auf einer Hauptverkehrsstraße gefunden hatte. Er lag dort und versuchte, mit den Füßen den Verkehr zu regeln. Als ich ihn im Aufnahmegespräch fragte, weshalb er mit den Füßen den Verkehr regeln wollte, erwiderte er, er sei so betrunken, daß er nicht mehr sicher stehen könne, das Liegen sei bequemer gewesen. Er habe eine enge Beziehung zur A2. Er habe dort lange im Straßenbau gearbeitet und vermisse die Autobahn. Man habe ihn auf einen langweiligen Schreibtischposten versetzt, weil man etwas gegen ihn habe. Er wolle aber wieder hinaus und die Laster an sich vorbeizischen hören.
Mein Verdacht, daß es sich hier nicht nur um eine Alkoholvergiftung, sondern auch um eine Psychose handeln könnte, erhärtete sich in den nächsten Tagen. Der Patient bemängelte, daß man vom Klinikgebäude aus nicht die A2 sehen könne; er habe Sehnsucht nach der A2. Er gestand, sich nach Ende seiner Tätigkeit im Straßenbau ein Stück Straße in Form von Teer mit nach Hause genommen zu haben, um sich immer an die A2 zu erinnern.
Einen Patienten sah ich im Dienst auf der Station für chronisch abgebaute Alkoholiker. Er ging stelzbeinig, und ich bemerkte, er habe doch eine ziemliche Gangunsicherheit, als Folge der Kleinhirnschädigung durch Alkohol. Der Patient verneinte; sein Gang liege nur an seinen neuen Turnschuhen. Ich bat ihn, die Turnschuhe auszuziehen. Ohne sie ging er immer noch stelzbeinig. Als ich ihn darauf hinwies, wußte er auch dafür eine Erklärung:
"Laufen Sie mal den ganzen Tag mit solchen neuen Turnschuhen 'rum!"
Ein Patient mit manischer Schizophrenie kam mundharmonikaspielend zur Aufnahme und erklärte, das beruhige immer so schön. Er sei EU-Rentner und CB-Funker. Als er sich einige Tage später wieder entlassen ließ, meinte er, es gehe ihm gut, er habe sich im Aufenthaltsraum befriedigt, mit der Potenz gehe alles klar.
Constri und Derek machten an ihrem ersten Hochzeitstag einen Ausflug mit Denise. Nach einem Spaziergang am Seeufer im schönen Frühlingswetter kehrten sie bei einem Griechen ein, wo der Hund neben dem Tisch liegen durfte. So ein romantischer Ausflug war für Constri viel schöner, als Gold und Perlen es gewesen wären.
Am Sonntag waren Saara, Constri und Denise zum Frühstück bei mir. Denise bekam das Taufkleid anprobiert, das ihre Großtante Elisabeth ihr geschickt hat. Elisabeth hat das spitzenbesetzte weiße Kleidchen und das dazugehörige Mützchen auf einem Flohmarkt entdeckt. Es ist eigentlich ein Puppenkleid, doch es paßt Denise. Ich machte viele Fotos. Denises Augen sind so klar und blau wie eine Computergrafik. Sie guckt aber nur selten ruhig in eine Richtung, so daß es schwierig ist, die Augen auf einem Foto zu bannen.
Denise sagt schon "Harögl", "Haründe" und "Hallo", ohne diese Wörter jedoch mit einer Bedeutung belegen zu können.
Saara erzählte, wie Claudius zu seinen Wachstumsschäden kam. Als Claudius im Säuglingsalter war, erlitt seine Familie einen Autounfall, bei dem Claudius' Eltern ums Leben kamen und er selbst schwere Verletzungen erlitt. Durch die Knochenbrüche wurde sein Wachstum erheblich gestört. Claudius kam ins Heim, wurde im Alter von einem Jahr adoptiert und aus Kolumbien nach Deutschland geholt. In einer liebevollen Familie entwickelte er eine starke Persönlichkeit und viel Selbstbewußtsein. Nie mangelte es ihm an Freunden, trotz seiner körperlichen Beeinträchtigungen. An Depressionen mangelt es ihm freilich auch nicht, doch er will sich davon nicht hinwegreißen lassen.
In einer Szenezeitschrift gibt es eine Umfrage an verschiedene Musiker zum Thema "Wie lange brennt Musik?". Rafa schreibt:

Künstler hatten noch nie Geld.
Wenn sie welches über ihre Inspirations-Investitionen hinaus haben, aktiviert sich auch sofort die Zelle in ihren Gehirnen, welche jede Kreativität zerstört.
Doch Kunst an sich hat schon immer Geld gekostet, ist ihr Preis doch schon fast zum Indikator ihrer Qualität geworden. Von einem Dachshaarpinsel über einen Brennofen für Tonskulpturen bis hin zu einem Synthesizer oder einem Mikrophon ... dies alles kostet Geld!
Also hißt die Totenkopfflagge, wenn ihr bald nur noch Vodafone-Musik und Dieter Bohlen hören wollt!
Wehret den Anfängen!


Was empfiehlt Rafa nun zur Rettung der Kunst? Sollen die Künstler Geld haben, um sich ihre Kunst leisten zu können? Sollen sie arm bleiben, nur noch für ihre Kunst leben und ansonsten trocken Brot essen?
Ich glaube, Rafa würde die Künstler, die mit ihrer Arbeit gutes Geld verdienen, nicht so entwerten, wenn er selbst mehr verdienen würde.
Am Sonntagabend erschien Rafa tatsächlich in seinem Chatroom, brachte jedoch Berenice ("Soraya") mit. Diese hatte die Aufgabe, T-Shirts für das Fanclubtreffen ("HCT") am kommenden Samstag zu bügeln. Gleichzeitig bediente sie die Fans im Chat, so daß Rafa sich über weite Strecken hinter eine Mauer aus leichtem Geplauder zurückziehen konnte. Er brauchte nichts zu sagen und erfreute seine Fans dennoch mit seiner Anwesenheit. Berenices Kommilitonin - "Frl. Venus" - war ebenfalls da. Sie meldete sich nur selten zu Wort. Dolf fehlte im Chat, wie sonst auch.
Erst als Berenice fort war und der Chatroom leerer wurde, war es möglich, Rafa in ein tiefergehendes Gespräch zu führen. Einige Chatter beteiligten sich an diesem Gespräch und brachten Anregungen. Da es so lange dauerte, bis Rafa durch die Ausdünnung seiner "Schutzmauer" erreichbarer wurde, dehnte sich der gesamte Chat auf etwa dreieinviertel Stunden. Dieses Mal war es nicht ein Besuch bei Rafa, den ein Fan begehrte, sondern ein Besuch von Rafa und seinen Bandmitgliedern. Rafa ging auf diesen Wunsch nur flüchtig ein.
Da Rafa mich am Ende des Chats zu duzen begann, steht zu vermuten, daß ihm erst jetzt langsam dämmert, wen er in "sara-h" vor sich haben könnte. Daß ich ihn und seine Geschichte schon viele Jahre kenne, werde ich ihm nun wohl vermittelt haben. Wahrscheinlich hat er sein Gedächtnis nach allen Bekannten durchsucht, die die Ereignisse um das "Gothic Art"-Label im Jahr 1993 mitbekommen haben könnten.
Rafa chattete unter dem Namen "Funkhaus", später als "w-e". Als ich den Chatroom betrat, begrüßte er mich:

⟨Funkhaus⟩ guten abend frau sara-h!
⟨sara-h⟩ hi
*** Stranger joined the channel.
⟨Valerien⟩ Guten Abend!
⟨Valerien⟩ Stranger!!! Hi Stranger!!!
*** Angeldust joined the channel.
⟨Funkhaus⟩ ohhhh best greetings to stockholm!!!! guten abend herr stranger!!!!
⟨Valerien⟩ Stockhooooooooooooollmmm!!
⟨Funkhaus⟩ yeah! ; )
⟨Angeldust⟩ halloooo
⟨Wave⟩ huhu angel-schatz
⟨Funkhaus⟩ guten abend angeldust!


Die Chatter lobten Rafas neue MCD, der ein Video zu dem Stück "1000 weiße Lilien" beigefügt ist, und erkundigten sich, ob Videos von W.E bei einem Musiksender laufen werden. Rafa schloß das nicht aus.

⟨Funkhaus⟩ naja, es ist aber nicht unbedingt unser lebensziel, bei viva gesendet zu werden
⟨soraya⟩ ;)
⟨Bitstream⟩ wenn schon, dann bei onyx, die haben ja ein "schwarzes" format namens "schattenreich"
⟨Bitstream⟩ die würden das vielleicht spielen


Wave klagte:

⟨Wave⟩ @Funkhaus: der C64 geht net ... könnma den irgendwie reklamieren bei euch?!
⟨Wave⟩ weil mir liegt viel daran


Aus Rafas Forum wußte ich, daß Wave den C64 Rafa abgekauft hat, daß der Rechner jedoch defekt ist.

⟨Funkhaus⟩ kommen sie zum HCT ? @wave
⟨Wave⟩ Leider nicht
⟨Wave⟩ Habe keine Zeit :-(
⟨Doom⟩ @Wave: gibt es eine Chance, zu erfahren, in welcher Gegend Du wohnst, vielleicht lässt sich eine Reparatur organisieren.
⟨Funkhaus⟩ wir kümmern uns darum, sobald hier etwas mehr ruhe eingekehrt ist @wave


Stranger erzählte:

⟨Stranger⟩ Ich will ja aber das nächste Wochenende umziehen ...
⟨Stranger⟩ die Wohnung sieht aus, wie wenn Al Qaida hier gewesen ist :-)
⟨Funkhaus⟩ welche wohnung ? @stranger
⟨Wave⟩ ---⟩ Wohnt in der Nähe von DD. ICH LADE HIERMIT DEN SENDER EIN, IN MEIN HAUS EINZUKEHREN UND EINE EXKLUSIVE STADTTOUR ZU ERFAHREN!!!


Mit dem "Sender" meinte Wave die Band W.E, Rafas "Radiosender".

⟨Divina⟩ DD. ist echt schön
⟨Funkhaus⟩ danke, wir kommen darauf zurück
⟨Wave⟩ :-D
⟨Angeldust⟩ da würd ich mich freuen
⟨Stranger⟩ Die neue Wohnung liegt ganz in der Nähe der alten, aber netteres Haus ...
⟨Funkhaus⟩ 23 besucher hier!!!!
⟨Wave⟩ @soraya Natürlich seid ihr hier recht herzlich eingeladen zu uns! Wir sind extra 255 km gefahren, um euch live zu sehen


Die Chatter unterhielten sich auf schwedisch, englisch und deutsch über Konzerte von W.E und Musik im Stil der achtziger Jahre, wie die der Band Das Modul.

⟨soraya⟩ langsam wird es richtig gemütlich hier
⟨Funkhaus⟩ soraya bügelt gerade die t-shirts für das HCT@doom
⟨Doom⟩ Schön, dann bekomme ich ja sogar ein gebügeltes T-Shirt :)
* Divina ist gerade rauchen
⟨Wave⟩ LIEBES FUNKHAUS, WIR LADEN EUCH EIN FÜR EIN GANZES WOCHENENDE IN DD. MIT VERPFLEGUNG! (Übernachtung kostenlos in einem privaten Haus!)
⟨Funkhaus⟩ *lächel* ok! @wave
⟨Wave⟩ das ist kein scherz, liebes funkhaus!


Weiter ging es mit organisatorischen Fragen zum Fanclubtreffen und zu Festivals. Neu hinzukommende Chatter wurden begrüßt.

⟨Funkhaus⟩ ich geb erstmal ab an soraya ...
⟨Tron⟩ jetzt fehlt ja nur noch dolf :)
⟨Wave⟩ Soraya und Frl. Venus sehen in dem Video faszinierend aus. Das Video ist ein Meisterwerk der Technik!
⟨soraya⟩ Jetzt werden wir rot ...
⟨Doom⟩ @Soraya: Nicht zu rot werden, sieht im Video nicht gut aus :)


Das neue Bandmitglied "Frl. Venus" wurde von Valerien mit "Lucy" angesprochen, augenscheinlich ihr richtiger Name.

⟨Doom⟩ @Funkhaus: denkst du bitte mit dran, dass Dolf noch auf meinem C64 unterschreiben muss? Der ist mir in S. irgendwie entwischt :)
⟨Doom⟩ Ich bring den dann zum HCT mit.
⟨soraya⟩ Wird wohl klappen @Doom


Die Chatter unterhielten sich weiter über das Fanclubtreffen. Stranger verabschiedete sich.

⟨soraya⟩ Sieht jemand ein Einhorn?
⟨Random⟩ ja
⟨Divina⟩ nur eins?
⟨Doom⟩ @Soraya: Wo soll da eins sein?
⟨Malinchen⟩ ich habe heute in der früh weisse kaninchen gesehen
⟨Random⟩ im tv ... diesem komischen film
⟨Tron⟩ der ist nicht komisch, der ist schön :)
⟨Bitstream⟩ nein
⟨soraya⟩ Wer es jetzt sieht, weiss, was ich meine ...
⟨Bitstream⟩ der is gruselig
⟨Tron⟩ der Soundtrack ist von America *g*
⟨Malinchen⟩ das letzte einhorn
⟨Malinchen⟩ so heisst das :)
⟨Funkhaus⟩ last unicorn
⟨Angeldust⟩ ui, den kenn ich auch
⟨Random⟩ schön = komisch
⟨Malinchen⟩ nee, süss
⟨Frl_Venus⟩ ich finde den film gut
* Malinchen hat den vor ewigkeiten mal gesehen


Wave erkundigte sich nach einem Konzerttermin von W.E in DD.:

⟨Wave⟩ @W.E: Stimmen die Gerüchte dieses Jahr (DD.)?!
⟨Angeldust⟩ ?!
⟨soraya⟩ Steht noch nichts fest
⟨Angeldust⟩ würde mich auch interessieren
⟨Bitstream⟩ *sich den film jedes jahr mit eltern angucken muss*
*** Random left the IRC network (:Connection reset by peer).
⟨Wave⟩ *ganzdollzusorayagrins* IHR HABT DOCH SCHLAFMÖGLICHKEIT BEI MIR
⟨Angeldust⟩ lol
⟨Wave⟩ :-D
⟨Blackrose⟩ jetzt geht's los :-)
⟨Valerien⟩ @Wave: mach dich hier nicht unglücklich!!!
⟨Wire⟩ W.E, wann seid ihr mal wieder mit Eurer Sendung im Norden unterwegs?
⟨Bitstream⟩ *versucht sich das lachen zu verkneifen*
⟨Angeldust⟩ ICH WÜRD MICH AUCH FREUEN, WENN W.E NACH DD. KOMMEN WÜRD
⟨soraya⟩ Vielen Dank. @Wave


Die Chatter unterhielten sich über ihre Wünsche, wo W.E auftreten sollte. Schließlich meldete sich unvermittelt Rafa zu Wort:

⟨Funkhaus⟩ wenn du länger nichts sagst, wirst du automatisch rausgeworfen
⟨Funkhaus⟩ schreib mal bitte


Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und stellte eine Frage zu dem Cover von Rafas CD "Nur tote Frauen sind schön":

⟨sara-h⟩ weshalb steht denn auf der platte "erwerb erst ab 180 iq"?
⟨Divina⟩ nun ... *das wörtlich nehm* ;)
⟨Doom⟩ Ich denke mal, dümmere Leute begreifen den Text nicht.
⟨Valerien⟩ @sara-h: Damit haben Sie sich soeben geoutet! (Scherz!) :-)
⟨Wire⟩ @W.E Eine der genialsten Sendungen war die Weihnachtsshow in H., wo ihr Weihnachtsmänner geschmissen habt und Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt performt habt.
⟨sara-h⟩ wie ist dein iq?
⟨Valerien⟩ @sara-h: meiner? zwischen 120 und 300 irgendwo? weiss nicht genau ...
⟨soraya⟩ 180 iq - muss man hierfür schon haben ;)
⟨sara-h⟩ hast du den iq gemessen?
⟨Divina⟩ gemessen? da macht man nen test für, der sehr generell ist
⟨sara-h⟩ welchen? den hawie?


"HAWIE" ist der "Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene". Er gilt als einer der zuverlässigsten.

⟨Blackrose⟩ nee, man misst mit nem iq-meter :-)
⟨Funkhaus⟩ das mit den 180 iq ist wohl eher die ausgeburt des w.e-humors
⟨Funkhaus⟩ oder selektion?
⟨Funkhaus⟩ : ]
⟨sara-h⟩ ist nämlich so, daß über 130 iq keine zuverlässige bestimmung möglich ist
⟨Valerien⟩ @sara-h: aha, deswegen konnte mir keiner was genaues sagen ...
⟨sara-h⟩ wieviel haben gefühle mit verstand zu tun?
⟨Tron⟩ sind einander entgegengesetzt
⟨Doom⟩ Wenn Du deine Gefühle verstehst, dann hat der Verstand auch Gefühl. :-)
⟨sara-h⟩ abgesehen davon, daß du sicher viel iq hast!
⟨Tron⟩ sara-h? tippst du auf nem Mac?
⟨sara-h⟩ ja! g4
⟨Wire⟩ Ich wollte auch noch mal herzlich zum 10. gratulieren. Macht bloss weiter so :-)
⟨Tron⟩ weil deine umlaute nicht stimmen
⟨soraya⟩ Danke sehr!
⟨Tron⟩ weil die hier alle DOS haben bestimmt *g*
⟨sara-h⟩ richtig


Tron tauschte sich mit Malinchen über technische Details des C64 aus.

⟨soraya⟩ @tron: kennst du das 64er spiel blitz? honey versucht gerade, meinen rekord zu schlagen ...;(
⟨Wire⟩ Es geht nix über SummerGames und einen getunten Competition Pro Joystick ;-)


Die Chatter unterhielten sich über ihre Lieblingsspiele für den C64 und über die historischen Rechner, die sie außer dem C64 verwenden, darunter der Atari und der VC20.

* Malinchen vermisst auch ihren alten amiga
⟨Wave⟩ @Funkhaus Nehmen Sie das an mit der kostenlosen Unterkunft?


Rafa ging auf die Frage nicht ein, ebensowenig Berenice. Während Rafa sich längere Zeit nicht zu Wort meldete, plauderte Berenice mit den anderen über Computerspiele und historische Rechner. Sie beantwortete außerdem Chatterin Tristanias Fragen zu Kosmetik ohne Tierversuche. Tristania bedankte sich für die Auskunft und lobte Berenices Homepage. Icon verabschiedete sich, um zu Bett zu gehen.

⟨Wire⟩ Wieviele Commodore's hat das Funkhaus eigentlich????
⟨Wave⟩ 20 :-D
⟨soraya⟩ Ca. 20 bis 30 ...
⟨Blackrose⟩ bestimmt 23 :-)
⟨Bitstream⟩ ∼30 glaub ich gehört zu haben
⟨Wave⟩ 19, weil einen habe ich
⟨soraya⟩ davon 5 in ständiger benutzung
⟨Wire⟩ glaub ich auch :)
⟨Wire⟩ Habt ihr die zusammengeschaltet??
⟨Vian⟩ Geht das?
⟨Malinchen⟩ bau mal ne netzwerkkarte ein, hehe
⟨soraya⟩ Nein.
⟨Angeldust⟩ 19?
⟨Vian⟩ aber würde doch gehen, oder ?
*** Icon is now known as Icon|weg.
⟨Doom⟩ Das Projekt der Vernetzung läuft. Aber noch ist es nicht fertig. Mal sehen, die nächste Messe kommt bestimmt :)
⟨Wire⟩ Gibts da ein spezielles C=64 TCP/IP ? ;-)
⟨Malinchen⟩ kannst es ja mal mit einem alten telefonkabel versuchen lol
⟨Wire⟩ Eine Wand voll mit 64'ern, die eine Rechnerfarm bilden :-)
⟨Malinchen⟩ ui ... und bald bekommen sie junge ;)


Die Chatter unterhielten sich über Vernetzungsmöglichkeiten.

⟨Wire⟩ Benutzt das Funkhaus auch "moderne" Gerätschaften z.B. ab BJ 2000 für die Produktion der Sendungen ? *reininteressehalber*


Bevor Rafa antworten konnte, begannen andere Chatter ein Gespräch über Bier und Wein.

⟨Frl_Venus⟩ wein ist immer gut, die frage ist, eher rot oder weiss
⟨Malinchen⟩ :) ok dann bring ich meinen lieblingswein mit
⟨Funkhaus⟩ wein? *würg* ; )


Die leichte Plauderei ging weiter. Dann erkundigte sich Wave:

⟨Wave⟩ @Frl. Venus, was macht eigentlich dein Biologie-Studium?


Lucy antwortete nicht. Schließlich fragte Wave in das Geplauder:

⟨Wave⟩ @ Frl. Venus Wie gefällts dir beim Sender?


Mit "Sender" meinte Wave die Band W.E, die von Rafa als Radiosender bezeichnet wird. Als Lucy auch auf diese Frage nicht antwortete, erzählte Wave, wieviel Platz er zu Hause habe, um W.E zu beherbergen. Wire warb für seine eigenen Unterkunftsmöglichkeiten:

⟨Wire⟩ Wir haben einen ganze Veranstaltungshalle samt Koordinator, wenn das Funkhaus sich nach HI. begeben möchte :-)
⟨Valerien⟩ Ich entvölkere SON., wenn das Funkhaus das will ...
* Divina zieht auf nen anderen Planeten, wenn das Funkhaus es so will ;)
⟨Malinchen⟩ :)
⟨Valerien⟩ @Divina: auf geht's! :-))
⟨Angeldust⟩ wir haben in unserer stadt gerade ein fest ... das erklärt, warum wave etwas daneben ist ;)
⟨Bitstream⟩ etwas?!?


Die Schwedin Tristania erkundigte sich auf englisch, wer ihr dabei helfen konnte, die deutsche Sprache zu erlernen. Valerien empfahl die Methode "Learning by doing". Unterdessen versuchte Wave weiter, W.E zu sich nach Hause einzuladen:

⟨Wave⟩ @Soraya wenn ihr dieses Jahr kostenlos in DD. residieren wollt, dann meldet euch bei mir ;-D
⟨Doom⟩ @Wave: du lässt nicht locker, oder? :-)
⟨soraya⟩ Du lässt nicht locker, oder?
⟨Wave⟩ nö ;)))
⟨Wave⟩ Ich bin so ein treuer hörer
⟨Bitstream⟩ du bist ein freak!!!
⟨Wave⟩ ich bin kein freak
⟨Byte⟩ ich würde es gar groupie nennen ;)


Angeldust war Waves Verhalten peinlich:

⟨Angeldust⟩ mensch, hör auf mit schleimen ... so wird keiner kommen
⟨Wave⟩ nur der c64 geht net
⟨Wire⟩ Jeder, der 1 x W.E hört, ist Gefangener des W.E-Universums ;-)
⟨Wizard⟩ @wire: ganz genau


Das kann ich von mir nun nicht sagen.

⟨Doom⟩ @Wave: ich schau mal, dass ich nach dem HCT einen Tag einplane und bei Dir vorbeikomme und Deinen C64 zusammenklebe.
⟨Byte⟩ wie fandet ihr den "Susy hat Angst"-Song???
⟨Doom⟩ N. bis DD. ist nicht so weit.
⟨Wizard⟩ wird susy am ende vergewaltigt?
⟨Bitstream⟩ @Wizard so wie's sich anhört, ja
⟨soraya⟩ gut möglich @wizard
⟨Wave⟩ Willst du echt 200 km fahren?
⟨Doom⟩ Ich bin schon weiter gefahren :-)
⟨Wave⟩ Na dann :D


Die Chatter plauderten über dies und das und fragten sich, ob Dolf wohl jemals im Chatroom erscheinen werde. Lucy verabschiedete sich, ebenso Angeldust. Berenice erzählte, der Jupitermond Calisto sei ihr Geburtsstern.

⟨Byte⟩ dass du von einem anderen stern kommst, dacht ich mir schon früher, das passt ja zu honey, denn er ist auch nicht von dieser Welt :)


Ich finde, daß Berenice keineswegs zu Rafa paßt, sagte im Chat aber nichts dazu.

⟨Wave⟩ @Funkhaus Email ?
⟨Soraya⟩ @wave: ich weiss zwar nicht genau, wovon eigentlich die rede ist bzgl. dd. (da ich anfangs noch bügeln war) - aber ich gehe davon aus, wenn wir in dd. oder sonstwo spielen, werden wir eine unterkunft erhalten.
⟨Doom⟩ @Soraya: Wave hat letztes Jahr einen C64 von Honey bekommen, der leider nicht geht. Nebenbei ging es auch um die Unterkunft in DD.
⟨Wire⟩ ist eigentlich noch das Funkhaus am Puls der Zeit, oder codet ihr schon an der neuesten Sendung :-) ? ⟨Wave⟩ @Soraya und dem Sender ...---⟩ weiter so
⟨Funkhaus⟩ wir sind noch da ...


Da Rafa sich endlich wieder rührte, meldete auch ich mich wieder:

⟨sara-h⟩ was macht lebendige frauen haesslich?
⟨Doom⟩ Die Lebendigkeit?
⟨sara-h⟩ weshalb?
⟨Wire⟩ dann bin ich beruhigt :-)
⟨Soraya⟩ anscheinend ihr zustand ;)
⟨Divina⟩ ja, gute frage: da versucht man sich jahrelang einzureden, man wäre schön, und dann das :)
⟨Soraya⟩ lach
* Divina ist deprimiert
⟨Doom⟩ der vorteil ist: der zustand der schönheit lässt sich leicht selbst herstellen, oder so ...
⟨Byte⟩ naja, tote frauen haben den vorteil, nie älter zu werden
⟨Wave⟩ @Funkhaus geht das nun klar?! Wenn nicht, is auch ok. wir haben unser haus weit weg von der Menschheit ... :-D
⟨sara-h⟩ was macht die lebendigkeit haesslich?
⟨Soraya⟩ @byte: klasse!
⟨Byte⟩ wie hätte man sich an marilyn erinnert, wäre sie älter als 36 geworden?
⟨Soraya⟩ @byte: so ist das!
⟨sara-h⟩ ein mensch, der sein leben zuendegelebt hat und nicht vorher weggerissen wurde
⟨Soraya⟩ Alle Helden sterben früh!
⟨sara-h⟩ oder nie
⟨Byte⟩ james dean hat mal gesagt "lebe schnell und sterbe früh"
* Divina geht dann mal sterben ;)
⟨sara-h⟩ ich sage, lebe langsam und sterbe spaet

Valerien wies auf eine Rezension über Rafas neue MCD in einem Online-Musikmagazin hin:

⟨Valerien⟩ @all: lest mal die Auswertung der Innenseite der Inlaykarte! Ich habe mich bei dem Satz mit Liz Taylor bald eingemacht ...! :-))

In der Rezension ist zu lesen:

Mit dem Titel "Nur tote Frauen sind schön" meinen W.E wohl nur, dass alle schönen Frauen tot sind, da im Innencover viele bereits tote Frauen abgebildet sind (Lady Diana, Audrey Hepburn, Romy Schneider, Marlene Dietrich). Was um Gottes Willen hat aber Liz Taylor in dieser Liste zu suchen? Sie ist zwar angeschlagen, aber sie lebt noch.


⟨Valerien⟩ @all: mein Kommentar zu der Sache: wer weiss, wie lange die Frau es noch macht? Morgen kann das alles schon anders aussehen ... :-))
⟨sara-h⟩ wenn man frueh stirbt, was hat man selbst davon?
⟨Doom⟩ Man ist länger tot?
⟨Valerien⟩ @sara-h: Ruhe vor etlichem ...
⟨sara-h⟩ wie merkt man die ruhe, wenn man tot ist?
⟨Wave⟩ Ich werde jetzt mal losmachen
⟨Doom⟩ Ich weiss es nicht, ich war noch nie tot. Soll aber ganz angenehm sein ...
⟨Divina⟩ das wirst du dann erfahren, wenn es so weit ist
⟨Valerien⟩ @sara-h again: Sarkasmus beiseite. Das kann man sowieso nicht beeinflussen. Also sollte man jede Sekunde geniessen - und nicht nachtrauern!
⟨Soraya⟩ Gute Nacht Wave!
⟨sara-h⟩ also sich nicht mit 36 umbringen, damit man schoen bleibt
⟨Wave⟩ Dir auch, Soraya ... Valerien, ich meld mich dann bei dir .... SORRY, DASS ICH NET ZUM HCT KOMMEN KANN
⟨sara-h⟩ was ist eigentlich an verwesten leichen so schoen?
⟨Divina⟩ oO (... puhhhhhhhhh)
⟨Bitstream⟩ hat sara-h nie den film nekromantik gesehen?
⟨sara-h⟩ von gehoert
⟨sara-h⟩ voll widerlich


Der Splatterfilm "Nekromantik" handelt von Sex mit einem Toten.

⟨Valerien⟩ @sara-h: mein bester Kumpel war nicht unbedingt schön, aber mit 33 Jahren gehen zu müssen, hat ihn weder schöner noch mich glücklicher gemacht!
⟨Soraya⟩ @sara-h: gar nichts!
⟨Bitstream⟩ der film is klasse
⟨Wave⟩ Sorry, aber 1000 Weisse Lilien erinnert mich an Metropolis und Nosferatu
⟨Valerien⟩ @Wave: Jo, gute Nacht!
⟨sara-h⟩ gibts nicht noch was wichtigeres als schoenheit?
⟨Divina⟩ sicher: Fantasie!
⟨sara-h⟩ zb
⟨Doom⟩ Doch natürlich: Intelligenz
⟨Valerien⟩ @sara-h: EBEN! Schönheit?! Freundschaft ist viel wichtiger ...
⟨sara-h⟩ genau
⟨Wave⟩ Gute Nacht, liebe Hörer und Hörerinnen!
⟨Valerien⟩ Gute Nacht!
⟨Wave⟩ ;-))
⟨Divina⟩ bye
*** Wave left the IRC network (:Quit: Leaving).
⟨Bitstream⟩ was war das denn für ein freak?
⟨Valerien⟩ was ist denn nun? gebt mal ein Thema vor ... sonst wird's hier leer ...
⟨Bitstream⟩ hehe
⟨Bitstream⟩ ich bin jetzt gleich eh mal für ein paar minuten weg von der tastatur
⟨Bitstream⟩ zimmergenossen von freundin anrufen
⟨Bitstream⟩ :/
⟨Valerien⟩ auch rauchen?
*** Terminatron joined the channel.
⟨Bitstream⟩ nein, ich rauch eh vorm pc
⟨Valerien⟩ jetzt wirds turbulent! Guten Abend!
*** Soraya left the IRC network (:Ping timeout).
⟨Terminatron⟩ Guten Abend
⟨Doom⟩ Kann es sein, dass Soraya technische Probleme hat?
⟨Funkhaus⟩ nö
⟨Doom⟩ Weil sie immer wieder aussteigt und neu einloggt. Fällt mir nur so auf.
⟨Funkhaus⟩ Ja, jetzt reicht es mir auch wirklich. Gute Nacht an alle - bis zum HCT! Soraya


Während des Chats verschwand und erschien Berenice mehrfach. Sie verabschiedete sich nun über Rafas Chatzugang, also über den Rechner, den er gerade verwendete.

⟨sara-h⟩ goodnight
⟨Divina⟩ bye soraya
⟨Valerien⟩ Gute Nacht! Wir mailen ...
⟨Terminatron⟩ ade
⟨Doom⟩ denke ich auch. @Funkhaus, man sieht sich nächste Woche.
⟨Doom⟩ Gute Nacht.
⟨Terminatron⟩ Gratulation zur neuen Sendung! Ist wirklich toll ...


Als "Sendung" bezeichnet Rafa die von ihm veröffentlichten Tonträger, weil er seine Band als Radiosender betrachtet. Viele Fans übernehmen seinen Jargon.

*** Doom left the IRC network (:Quit: Leaving).
⟨Valerien⟩ Yo, ich mach' mich auch vom Acker. Greetinx an alle und wenn Fragen: morgen mailen oder ab übermorgen telefonieren ... Gute Nacht!
⟨Funkhaus⟩ Vielen Dank! @terminatron
⟨sara-h⟩ rafa, was findest denn du an lebendigen frauen haesslich?
⟨Divina⟩ welches lied gefällt denn dem funkhaus am besten?
*** Valerien left the IRC network (:Quit: Leaving).
⟨Bitstream⟩ @Divina welches deiner kinder hast du am liebsten?
⟨Bitstream⟩ :P
⟨Bitstream⟩ genauso eine frage
⟨Funkhaus⟩ von der neuen sendung: susy hat angst
⟨Divina⟩ gar keines, weil ich keine habe ;)
⟨Funkhaus⟩ aber wie gesagt: ich bin der grösste und erste W.E-fan ; ) ich finde alle gut, sonst würden sie nicht gesendet


Die Chatter unterhielten sich über ihre Lieblingslieder von W.E.

* Bitstream gefällt am besten: metal dust (die begegnung)
⟨Bitstream⟩ auch wenn das lied auf sodomistische züge hindeutet
⟨Byte⟩ öhhh was hat sex mit tieren damit zu tun?
⟨Funkhaus⟩ das ist zoophilie
⟨Bitstream⟩ naja sex mit ausserirdischen fällt für mich unter sodomie, auch wenns die falsche vokabel sein mag
⟨Funkhaus⟩ sex mit extraterrestrischen ist wohl eine wirkliche erfahrung
⟨Terminatron⟩ eher "Die unheimliche Verkehrung"
⟨Terminatron⟩ der 3. Art
* Byte träumt nicht unbedingt davon, sex mit hummerartigen weiblichen aliens zu haben ;)


Terminatron erkundigt sich, ob Rafas Stück "Hundert Mann und ein Befehl" schon live gespielt wurde.

⟨Funkhaus⟩ bisher noch nie
⟨Terminatron⟩ ... evtl. am wgt?


"WGT" ist die gängige Abkürzung für das alljährliche Pfingstfestival in L.

* Terminatron bettelt
⟨Funkhaus⟩ hm ... mal schauen
⟨Terminatron⟩ Das wäre schick ...
⟨Funkhaus⟩ das ist eigentlich kein gutes "live" stück *find*
* Wizard bettelt auch
⟨Terminatron⟩ honey@marschtrommel ;-)
⟨Funkhaus⟩ : )
⟨sara-h⟩ ... und? was findest du an lebendigen frauen haesslich?
⟨Terminatron⟩ die stimmbänder?!
⟨Divina⟩ ... und dabei die Brille verlieren wie in HF. im Zone
⟨Funkhaus⟩ aber für "nachtprogramm" wird es wohl auf jeden fall reichen
⟨Wizard⟩ 100 mann kommt doch aus den 60ern, oder?
⟨Funkhaus⟩ wenn tote frauen schön sind, heisst das ja nicht, dass lebendige hässlich sind
⟨sara-h⟩ ach so
⟨Funkhaus⟩ das eine schliesst das andere ja nicht aus
⟨sara-h⟩ du meintest doch, nur tote frauen sind schoen
⟨Funkhaus⟩ das meint auf jeden fall dr. martinot
⟨Terminatron⟩ ;-)
⟨sara-h⟩ ach so, nur der
⟨sara-h⟩ wen findest du denn attraktiver, frauen oder leichen?
⟨Terminatron⟩ wenn nachtprogramm am wgt kommt, dann bin ich grenzenlos zufrieden!
⟨Funkhaus⟩ *lach* meine pers. meinung würde wohl hier nicht so ganz passen, gerade ihnen nicht ; )
⟨sara-h⟩ aaach???
⟨sara-h⟩ neugierig
⟨Wizard⟩ was ist nachtprogramm?
⟨Funkhaus⟩ nachtprogramm ist pflicht! (stück der neuen sendung @w.)
⟨Divina⟩ gibt es mehr davon?
⟨sara-h⟩ ich werd schon wieder zynisch
⟨Terminatron⟩ nachtprogramm ist die "ewige, schöne leiche" von W.E
⟨Funkhaus⟩ ?
⟨sara-h⟩ gibts auch menschen, die dadurch attraktiv werden, dass in ihrem innern viel tot ist?
⟨sara-h⟩ oder nie lebte?
⟨Terminatron⟩ wie sieht eigentlich die "trennung" zwischen w.e und feindsender aus?!

Rafa hatte bis etwa 1991 das musikalische Projekt "Honigmond", danach das Projekt "Feindsender" - auch "Feindsender 64,3" genannt -, und dieses wurde im Frühjahr 1993 auf Druck eines Labels in "W.E" umbenannt. Rafas Künstlername "Honey" dürfte nicht zu allerletzt mit dem Projektnamen "Honigmond" im Zusammenhang stehen. Das Stück "Nachtprogramm" ist Jahre nach der Umbenennung in "W.E" entstanden, dennoch hat Rafa es dem Projekt "Feindsender" zugeschrieben.

⟨Wizard⟩ was ich nicht ganz verstehe, ist die Trennung zwischen W.E und Feindsender? Ich dachte, Feindsender wäre vor W.E, aber Nachtprogramm ist von 1999?
⟨Funkhaus⟩ man hat ja erst gelebt, wenn man tot ist
⟨sara-h⟩ man ist also tot, wenn man lebt?
⟨Funkhaus⟩ wenn man gelebt hat, ja
⟨Wizard⟩ gleicher gedanke @terminatron
⟨sara-h⟩ also wenn man lebendig ist, ist man lebendig
⟨Funkhaus⟩ feindsender ist sozusagen der vater von allem
⟨Bitstream⟩ *g*
⟨Bitstream⟩ dann muss honigmond wohl der grossvater sein
⟨Funkhaus⟩ aber das thema feinsender 64,3 würde hier den rahmen sprengen
⟨Funkhaus⟩ honigmond ist nur ein versuch ... der 1. versuch
⟨Wizard⟩ aber warum gibt es noch Feindsender, obwohl Feindsender durch W.E ersetzt wurde?
⟨Bitstream⟩ kenn ich leider nur ein stück von ... welches mir aber absolut nicht gefällt
⟨Funkhaus⟩ nicht ersetzt!!! das läuft vielleicht etwas parallel
⟨Funkhaus⟩ arbeit adelt ist z.b. auch von feindsender
⟨Wizard⟩ ah ja
⟨sara-h⟩ feindsender gefaellt mir vom namen her wesentlich besser
⟨Funkhaus⟩ aber wie gesagt, das ganze ist nicht leicht zu erklären bzw. zu verstehen
⟨sara-h⟩ das label wollte nicht, dass dein bandname rechts klingt
⟨sara-h⟩ dabei klingt feindsender nicht rechts
⟨Funkhaus⟩ spv war das vollkommen egal ...
⟨sara-h⟩ ach?
⟨Funkhaus⟩ gothic arts fand den namen nicht so gut, weil dann gleich bka, bdm ... am zug gewesen wären


Mit "BKA" wird das Bundeskriminalamt abgekürzt. Was Rafa mit "BDM" meinte, war mir nicht klar - sicher nicht den "Bund deutscher Mädel". Vielleicht meinte er eigentlich "BND", den Bundesnachrichtendienst.
Das Label "Gothic Arts" gibt es nicht mehr, das Label "spv" hingegen ist eine feste Größe im Independent-Bereich und verlegt Rafas Tonträger. "Gothic Arts" wollte von Rafa 1993 einen Beitrag für einen Sampler haben. Gart vermittelte die Zusammenarbeit.

⟨Wizard⟩ das mit feindsender würde mich interessieren, müsstet ihr mal auf eurer internetz-seite erklären oder so
⟨sara-h⟩ ach damals, mit gart das
⟨Terminatron⟩ was ist denn bka, bdm?
⟨Funkhaus⟩ genau, woher kennst du denn das ?
⟨sara-h⟩ von damals
⟨Funkhaus⟩ 1993 war doch das ganze mit störkraft, böhse onkelz, endstufe ... usw. - feindsender klang wohl denen auch in die richtung
⟨sara-h⟩ eben genau
⟨Wizard⟩ es gibt auch leute, die störkraft und kraftwerk verwechseln
⟨sara-h⟩ leider
⟨Terminatron⟩ hehe
⟨sara-h⟩ und die glauben, feindflug sei rechts, dabei isses das gegenteil
⟨sara-h⟩ die haben eine mcd gegen die todesstrafe
⟨sara-h⟩ "sterbehilfe" von feindflug ist gegen die todesstrafe
⟨Terminatron⟩ was hat rechts mit todesstrafe zu tun?
⟨sara-h⟩ die rechten finden doch todesstrafe gut
⟨sara-h⟩ meistens
⟨Divina⟩ was hat rechts mit links zu tun und warum gibt es überhaupt rechts und links
* Divina ist rauchen
⟨sara-h⟩ historische gruende
⟨sara-h⟩ liegt am weimarer parlament
⟨sara-h⟩ da sass die spd links
⟨Terminatron⟩ aha ... gute allgemeinbildung
⟨sara-h⟩ na s reicht
⟨sara-h⟩ so etwa
⟨Terminatron⟩ hehe, da fällt mir jener ein, der w.e wegen "deutsche jugend" als rechts eingestuft hat ... und hat mich dann beschimpft! ;-)
⟨sara-h⟩ wisst ihr eigentlich, wieviele pro jahr am rauchen sterben in d?
⟨sara-h⟩ ach stimmt! 1994
⟨sara-h⟩ sowas gehoert
⟨Funkhaus⟩ da kamen auch ein paar cds zerbrochen zu spv zurück
⟨sara-h⟩ huch
⟨sara-h⟩ fanatismus
⟨sara-h⟩ schrecklich
⟨Terminatron⟩ meine güte ... wie rassistisch ;-) diese grobheit!
⟨Byte⟩ ich versteh nicht, was an deutsche jugend so schlimm sein soll. so isses doch nun mal
⟨Wizard⟩ das beste video bisher von w.e
⟨Terminatron⟩ das video ist wirklich gelungen ... kommt das mal im tv?
⟨sara-h⟩ an dem stueck is nichts schlimmes
⟨Divina⟩ hoffentlich nicht
⟨Byte⟩ es im tv zu zeigen, wäre wohl wie perlen vor die säue zu werfen
⟨Divina⟩ dann würde es nämlich jeder sehen und das exklusive wäre dahin
⟨sara-h⟩ onyx macht eine recht gute sendung
⟨Byte⟩ vielleicht zwischen tatu und brosis?

Die Bands "tAtU" und "BroSis" stehen sinnbildlich für "Pop aus der Retorte", "zusammengecastete" Bands, banale Unterhaltungsmusik, rein kommerzielle Projekte.
Der TV-Sender Onyx bringt anspruchsvolle Spartenprogramme, abseits kommerzieller Muster.

⟨sara-h⟩ onyx bringt classix
⟨Byte⟩ toll
⟨sara-h⟩ ohne tatu
⟨Funkhaus⟩ ein paar kleine OK's werden das wohl zeigen, Onyx wohl auch
⟨Byte⟩ w.e ist aber kein oldie
⟨sara-h⟩ passt aber
⟨Wizard⟩ ok's?
⟨Byte⟩ trotzdem kein oldie
⟨sara-h⟩ sag ich auch nich
⟨sara-h⟩ ok heisst offene kanaele?
⟨Funkhaus⟩ ja
⟨sara-h⟩ bring mal schneemann auf einen regulaeren tontraeger
⟨Terminatron⟩ ist doch draussen?
⟨Funkhaus⟩ *lach* das ist wohl wirklich ein "oldie"
⟨sara-h⟩ und eins der besten
⟨Divina⟩ jaaaaa ... Schneemann ist so schön
⟨Byte⟩ neee! Ganz ins Weiss ist besser :)))))))))))))))
⟨Divina⟩ *ist er tot?*

In dem Stück "Schneemann", das Rafa 1993 für mich gemacht hat, sagt eine Computerstimme:
"Ist er tot? - Neiin. - Ist er tot? - Neiin."
Man kann den Text als Nonsens im Stile des Dada betrachten.
"Schneemann" gefällt mir sehr, aber noch mehr berührt mich Rafas Version von "Ganz in Weiß", die ebenfalls 1993 entstanden ist.

⟨sara-h⟩ ganz in weiss mag ich am liebsten
⟨Byte⟩ Roy Black in Böse ;)
⟨Byte⟩ könnten sie eigentlich, wenn sie wollten, so böse noch singen, wenn sie es wollten?
⟨Byte⟩ also mehr sprechgesang
⟨Terminatron⟩ mir gefällt "Die neuen Geraete" - ⟩ da hört man einen schweizer! ;-)
⟨sara-h⟩ und schneemann kam nur zum teil auf ein tape und nie auf eine regulaere cd
⟨Funkhaus⟩ "die neuen geräte" ist nochmal aufgenommen worden für die clubedition
⟨Funkhaus⟩ der gesang ist nicht alt (2 jahre)
⟨Terminatron⟩ aha ...
⟨Divina⟩ welche clubeditition?
⟨Wizard⟩ die neuen geräte? da hab ich noch nie was von gehört?
⟨Funkhaus⟩ auf der clubedition ist auch schneemann drauf
⟨sara-h⟩ aber nur da
⟨Funkhaus⟩ ja
⟨sara-h⟩ kriegen nicht so viele mit

Terminatron nennt eine andere Rarität von Rafa:

⟨Terminatron⟩ "kaffeeautomat"
⟨Byte⟩ "Fritöse" ist besser :)
⟨Funkhaus⟩ *lach*
⟨sara-h⟩ danach such ich noch
⟨Funkhaus⟩ lieber nicht ; )
⟨sara-h⟩ doch
⟨Byte⟩ die meisten wissen, glaub ich, gar nicht, dass es ein umbra-et-imago-cover ist
⟨Divina⟩ ihr schämt euch doch nicht dafür, oder?
⟨Byte⟩ ohne das zu wissen, wirkt das lied natürlich völlig anders
⟨Funkhaus⟩ das ist eigentlich weder W.E noch sonst irgendwas, eher ein kleiner witz für die damalige h./nachtlicht tanzfläche

Rafa nahm mit "Friteuse" das Stück "Gothic Erotic" von Umbra et Imago auf die Schippe. In "Gothic Erotic" gefällt sich Mozart, der Sänger von Umbra et Imago, im lasziven Aussprechen unaussprechlicher Vokabeln. Rafa ersetzt in seiner Version des Stücks - "Friteuse" - den demonstrativ lüsternen Text durch einen alltäglichen; es geht darum, daß er Hunger hat und aus einer Friteuse essen will.

⟨sara-h⟩ war das dat nicht mal voruebergehend unauffindbar?
⟨Funkhaus⟩ wurde in 1 std. gemacht
⟨Byte⟩ wie dixiklo, was? ;)
⟨sara-h⟩ hast du das auch?
⟨Funkhaus⟩ dixiklo ist nicht von uns
⟨sara-h⟩ ach so
⟨sara-h⟩ hast das dat also wiedergefunden mit 'friteuse'?
⟨Byte⟩ von KB - ich weis :)
⟨sara-h⟩ KB? wer ist das?
⟨Byte⟩ ein begnadeter Coder aus HB., von dem ist Dixiklo (im Original "Bitterkeit")
⟨sara-h⟩ ich such dixiklo
⟨sara-h⟩ aber nicht das echte, sondern das lied
⟨sara-h⟩ dixiklos sind widerlich


Terminatron nannte eine URL, unter der die Verballhornung von "Bitterkeit" von L'âme immortelle - "Dixiklo" - zu finden war.

*Byte* willste haben?
⟨sara-h⟩ aach!!
⟨sara-h⟩ ja.
⟨sara-h⟩ und wo krieg ich 'friteuse'
⟨Funkhaus⟩ hoffentlich nirgendwo
⟨Byte⟩ *megagrins*
⟨sara-h⟩ versteckst es immer noch in der schublade
⟨Wizard⟩ also, ich hab es
⟨Byte⟩ ich geh dann mal langsam ... in diesem Sinne POKE 54296,0
⟨Divina⟩ bye Byte
⟨sara-h⟩ und friteuse?
* Byte its now save to turn off the matrix
*** Byte left the IRC network (:Quit: ).
⟨Terminatron⟩ auch ... friteuse auch ;-))))
⟨sara-h⟩ ach auch unter der url?
⟨Terminatron⟩ auch da
⟨sara-h⟩ mal sehen, obs stimmt
⟨sara-h⟩ guck ich mal nach spaeter
⟨Terminatron⟩ ich habe noch nie gelogen
⟨sara-h⟩ ok
⟨sara-h⟩ wisst ihr eigentlich, wieviele pro jahr am rauchen sterben in d?
⟨sara-h⟩ faellt mir so ein
⟨Terminatron⟩ man stirbt an krebs und so ... aber sicher nicht am rauchen
⟨sara-h⟩ na das ist die folge
⟨Terminatron⟩ nö ... das verstärkt einfach, löst aus und verkürzt das leben wie auch die langeweile
⟨sara-h⟩ ach, das leben ist langweilig???
⟨Divina⟩ nö
⟨Divina⟩ ist es nicht
⟨Terminatron⟩ nicht direkt
⟨sara-h⟩ weshalb rauchen so viele leute dann?
⟨Divina⟩ aus gewohnheit ....
⟨sara-h⟩ ... und sterben frueher aus gewohnheit ... wenn man sich das vor augen fuehrt ...
* Terminatron ist am rauchen
⟨sara-h⟩ wieviele pro tag?
⟨Divina⟩ kommt auch darauf an, WAS man raucht ;)
⟨sara-h⟩ ach so
⟨Funkhaus⟩ huch private photos von mir im netz *find*
⟨sara-h⟩ wo????
⟨Funkhaus⟩ ; )
⟨sara-h⟩ ich habe keine reingestellt
⟨sara-h⟩ ehrlich
⟨Funkhaus⟩ na gut, sind zensiert von mir ; )


Rafa nannte die URL, unter der die Fotos zu finden waren.

⟨sara-h⟩ guck ich nachher nach
⟨sara-h⟩ endlich mal wieder dich ohne diese brille?????
⟨sara-h⟩ ohne dieses sakko???
⟨Funkhaus⟩ natürlich mit!
⟨sara-h⟩ ohhh je
⟨sara-h⟩ seufz
⟨sara-h⟩ schade
⟨sara-h⟩ dieses ewige sakko
⟨sara-h⟩ seufz
⟨sara-h⟩ mal was andres??? frisches???
⟨Divina⟩ ich bekomms nicht auf *heul*
⟨Wizard⟩ die bierflasche auf dem bild zeugt von vernunft
⟨Bitstream⟩ nein!
⟨Bitstream⟩ is kein diebels
⟨Bitstream⟩ :P
⟨Funkhaus⟩ das ist, glaube ich, noch nicht mal meine ; )
⟨sara-h⟩ bierflasche und vernunft?
⟨sara-h⟩ ach so
⟨sara-h⟩ nicht deine bierflasche
⟨sara-h⟩ wieviel rauchst du eigentlich taeglich?
⟨Funkhaus⟩ viel
⟨sara-h⟩ wieviel???
⟨Funkhaus⟩ zu viel
⟨sara-h⟩ 20?
⟨Bitstream⟩ was sind das eigentlich für anschlüsse oben auf dem SX?
⟨Bitstream⟩ gasanschluss?
⟨sara-h⟩ 40?
⟨sara-h⟩ 60?
⟨Funkhaus⟩ kein gas ; )
⟨Bitstream⟩ bei r1 isses auch kein wunder
⟨sara-h⟩ das bronchial-ca metastasiert haeufig ins gehirn, ehe es erkannt wird
* Divina bekommt es immer noch nicht auf und jagt derweilen Vampire
⟨Bitstream⟩ sieht aber fast so aus :P
⟨sara-h⟩ und fast alle, die das kriegen, sind raucher
⟨sara-h⟩ ein grausames ende
⟨Funkhaus⟩ was willst du damit sagen ? @s.
⟨sara-h⟩ sorgen mach
⟨Terminatron⟩ Ich wünsche den Damen und Herren angenehme und rauchfreie Träume!
⟨Bitstream⟩ n8
⟨sara-h⟩ thanx
* Terminatron sieht Euch mit der 23-Flagge am WGT!
⟨Funkhaus⟩ oh, hier einer meiner c64s


Rafa nannte eine weitere URL, unter der Fotos zu finden waren. Auch Wizard nannte eine. Über Rafas Aussehen auf diesen Bildern sagte er:

⟨Wizard⟩ ganz lässig gekleidet
⟨Bitstream⟩ *g*
⟨sara-h⟩ laessig ist gut.
⟨sara-h⟩ wuenschst du dir denn, lange zu leben?
⟨Terminatron⟩ Gute Nacht!
⟨sara-h⟩ nite
⟨Divina⟩ Hat jemand DER NEUE PROMETHEUS gelesen?
⟨Terminatron⟩ wer von Euch kommt ans WGT?
⟨Funkhaus⟩ gute nacht *wünsch*
⟨sara-h⟩ wuenschst du dir denn, lange zu leben?
⟨Wizard⟩ ich bin beim wgt
⟨Bitstream⟩ @Divina nein, aber den film gesehen
⟨Divina⟩ ähm? da gibt es nen Film zu?
⟨Funkhaus⟩ so lange, bis mission erfüllt
⟨sara-h⟩ und dann keine lust mehr?
⟨Bitstream⟩ @Divina, ja ... nen billig produzierten splatter
⟨Funkhaus⟩ nein, dann keine lust mehr
⟨sara-h⟩ und wenn der krebs dich umbringt, bevor mission erfuellt?
⟨Bitstream⟩ game over
⟨Icon|weg⟩ continue? ;)
⟨Funkhaus⟩ mission stärker als krebs
⟨Funkhaus⟩ insert coin
⟨sara-h⟩ und wenn nicht????
⟨Wizard⟩ ich werde mich auch mal verabschieden. War sehr nett, sich mit euch zu unterhalten. Bis zum WGT!
⟨Icon|weg⟩ Ich hasse es, nicht einschlafen zu können.
⟨sara-h⟩ wenns nicht geht?
⟨sara-h⟩ weil du rauchst?
*** Icon|weg is now known as Icon.
⟨Funkhaus⟩ dann löst sich das uni. auf
⟨Icon⟩ also bleib ich mal noch eine halbe Stunde hier.
⟨Icon⟩ :)
⟨sara-h⟩ ach wenn du gehen musst, loest sich das universum auf?
⟨Funkhaus⟩ nein, wenn mission nicht stärker als krebs
⟨Divina⟩ also: Schicksal?
⟨sara-h⟩ wenn deine mission also den krebs nicht besiegt?
*** Wizard left the channel (#w-e).
⟨sara-h⟩ was ist, wenn du selbst was dran tun kannst? indem du nicht rauchst?
⟨sara-h⟩ was sagt gott dazu? gibts den?
⟨Funkhaus⟩ wo ist das ziel ?
⟨Icon⟩ O.o
⟨sara-h⟩ was hast du denn fuer eines?
⟨sara-h⟩ fuer dich selbst?
⟨Funkhaus⟩ sind das nicht alles fragen, die du DIR stellst?
⟨sara-h⟩ hab ich, hab ich
⟨sara-h⟩ und jetzt dir
⟨Funkhaus⟩ und?
⟨Bitstream⟩ vor allem ... bis man von r1 minima krebs kriegt, ist man eh schon 300 x vor den laster gelaufen
⟨Bitstream⟩ :P
⟨sara-h⟩ was ist denn deines? mein ziel ist, die familie zu haben, die ich mir wuensche
⟨sara-h⟩ anderen zu geben
⟨sara-h⟩ was geschenkt zu haben
⟨Funkhaus⟩ aber es sind alles rhetorische fragen, beantworte sie selbst!
⟨sara-h⟩ ach so ... warum rauchst du denn eigentlich?
⟨Bitstream⟩ sucht, wenn ich für mich sprechen darf
⟨Funkhaus⟩ für solche ziele fliesst wohl zu viel strom durch meine adern
*** Atomium joined the channel.
⟨sara-h⟩ und der kann nur durch zigaretten betaeubt werden?
⟨Funkhaus⟩ es ist ein gutes mandala!
⟨sara-h⟩ zigaretten sind ein gutes mandala?
⟨Bitstream⟩ oh oh ... es ist mitternacht *spontan extrem nervös werd*
⟨Atomium⟩ beernem
⟨Atomium⟩ bij brugge
⟨Atomium⟩ en gij?
⟨Divina⟩ das endprodukt ist ja wohl hier das wichtigste. wie der zustand der maschine ist, wohl fast egal ;)
⟨Atomium⟩ je lee
⟨Atomium⟩ je meent hem
⟨Funkhaus⟩ hello mr. atomium !
⟨Atomium⟩ hello
⟨sara-h⟩ was ist mit den menschen, die man hinterlaesst, weil man nicht genug fuer seine gesundheit gesorgt hat?
⟨Divina⟩ die müssen leben für sich allein
⟨Atomium⟩ nee, van waar is hij?
⟨sara-h⟩ ist man also nicht verantwortlich
⟨sara-h⟩ nicht selbst?
⟨Funkhaus⟩ du denkst zu familiär, was ist mit deinem leben, wenn du die ganze zeit dir um deine gesundheit sorgen machst?
*** Terminatron left the IRC network (:Quit: Leaving).
⟨sara-h⟩ na ja, ich denk viel an andere
⟨Atomium⟩ zeg da wel
⟨sara-h⟩ und auch an mich
⟨sara-h⟩ und an den wert des lebens
⟨Atomium⟩ ben jij lid?
⟨sara-h⟩ das leben haben wir geschenkt bekommen
⟨Atomium⟩ en gebeurt er hier veel?
⟨sara-h⟩ sollen es schuetzen
⟨sara-h⟩ oder nicht?
⟨Funkhaus⟩ try it in english @atomium
⟨Divina⟩ und der Tod gehört nun mal dazu
⟨Divina⟩ auf welche weise auch immer
⟨Atomium⟩ ok
⟨sara-h⟩ ich denk man sollt mit dem leben schonend umgehen
⟨sara-h⟩ ist ein geschenk
⟨Funkhaus⟩ da muss wohl jeder selbst seine massstäbe setzen
⟨sara-h⟩ stimmt
⟨Divina⟩ ja ja ... die raucher unter sich ...
⟨sara-h⟩ jeder muss selbst entscheiden, wie er mit dem umgeht, was ihm gegeben wurde
⟨sara-h⟩ das ist wahr
⟨Funkhaus⟩ so, langsam werde ich auch das warme, weiche aufsuchen ...
⟨sara-h⟩ nite
⟨sara-h⟩ und rauch weniger
⟨sara-h⟩ nee gar nicht mehr
⟨sara-h⟩ bin direkt
⟨sara-h⟩ ich halt nie den mund
⟨Atomium⟩ yep
* Funkhaus wünscht allen noch eine musische, inspirierende, gute nacht! bis bald!
⟨sara-h⟩ soon
⟨sara-h⟩ hope
⟨Atomium⟩ ok
*** Funkhaus left the IRC network (:Quit: ⟨O⟩ "Eine Welt verändert sich!" ²³).

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